Gespielin der Cyborgs. Grace Goodwin
Читать онлайн книгу.dauerhaften Signalhemmer, der ihn frei von Hive-Kontrolle halten sollte. Aber es war experimentell. Und selbst mit den verfügbaren Signalhemmern weigerten sich die meisten Koalitions-Planeten, den Bann darauf aufzuheben, dass verseuchte Krieger sich ihrer Zivilbevölkerung wieder anschließen durften.
Verseuchte Krieger waren ein zu großes Risiko. Dem widersprach ich nicht. Ich musste mich täglich mit ihnen herumschlagen. Verdammt, ich war einer von ihnen. Darauf zu hoffen, dass jene auf Prillon Prime mich und Tyran als normal akzeptieren würden, war zu viel, selbst für mich.
Primus Nial gab sein Bestes, aber am Ende beschlossen die meisten der Prillon-Krieger auf der Kolonie, einschließlich mir und Tyran, zu bleiben. Wir alle hatten dafür gekämpft, unser Volk zu beschützen. In unserem Zustand nach Hause zu gehen, selbst mit der experimentellen Technologie, die der I.C. anbot, würde unsere Familien in Gefahr bringen und unser Opfer, und die Tode so vieler Freunde und Mitstreiter, wertlos machen. Keiner von uns wollte den Hive zu ihnen führen, ihnen in den Rücken fallen und die Kontrolle verlieren.
Also blieben wir in einem Gefängnis, das wir selbst gestalteten.
Und hofften auf Besserung, darauf, dass wieder ein wenig Leben in unseren Alltag einkehren konnte.
Auf eine Gefährtin.
„Das hier fühlt sich an wie ein Todesurteil.“ Kampflord Rezz knurrte, und ich sah die Anfänge seiner Verwandlung zum Biest in seinem Gesicht, wo die Knochen zu schmelzen und länger zu werden schienen, bevor sich alles wieder normalisierte. „Sie hätten mich in dieser Höhle verrecken lassen sollen.“
„Es tut mir leid.“ Ich deutete zu den Kriegern, die an den Wänden entlang bereitstanden. „Uns allen ging es genauso, als wir hier eintrafen.“ Der Raum war groß genug, dass noch mindestens fünfzig Kämpfer in voller Rüstung Platz gehabt hätten. Mit nur elf fühlte es sich an wie eine leere Höhle, in der unsere Isolation verhallte. „Aber es wird mit der Zeit einfacher. Und die Kolonie empfängt inzwischen Gefährtinnen aus dem Interstellaren Bräute-Programm. Sobald Sie sich alle eingelebt haben, können Sie sich für eine Zuordnung testen lassen.“
„Nein.“ Der Atlane erhob sich und seine Schultern wurden größer, als er mich anfauchte.
„Beruhige dein Biest, Rezz.“ Der Prillon-Krieger Captain Marz, der teilnahmslos auf dem Nachbarsstuhl gesessen hatte, war etwa so groß wie ich und hatte ebenfalls goldenes Haar, goldene Haut und Augen. Ein blasser Farbton, der mit den kälteren Regionen unserer Heimatwelt Prillon Prime in Verbindung stand. Zumindest, bis der Hive ihn in die Finger bekommen hatte. Nun war sein linkes Auge ein seltsames, schimmerndes Silber, und die Hive-Technologie, die in seine Haut eingepflanzt war, verwandelte auch seine Hautfarbe in blasses Silber. Die Färbung verlief um sein betroffenes Auge herum, über seine Schläfe und verschwand unter seinem Haar. Es war, wie in einen Spiegel zu blicken, und es war ein wenig nervenaufreibend. Ich hatte seine Akte offen vor mir liegen und wusste, dass er unter seiner Uniform noch mehr davon trug, mehr Narben des Hive. So wie wir alle. Auch Narben, die nicht körperlich sichtbar waren. Und deswegen waren wir hier.
Rezz verdrehte den Kopf, knackte lautstark die Gelenke entlang seiner Wirbelsäule und setzte sich wieder. Aus dem Augenwinkel sah ich zu, wie Tyran sich erneut gegen die Wand lehnte, und wir alle atmeten erleichtert auf. Diese verdammten Atlanen und ihre Biester waren unberechenbare Typen. An der Front wären wir ohne sie verloren, aber sie gehörten nicht wirklich nach Drinnen, wo sie brav sitzen und politische Unterhaltungen führen sollten. Nicht, wenn ihre Biester knapp davor standen, die Kontrolle zu verlieren, ob vor Wut oder Paarungsfieber. Bei Rezz vermutete ich beides.
„Captain Marz. Ich habe Sie alle vier dazu eingeteilt, zusammen in Abschnitt 9 zu arbeiten. Primus Nial hat uns aufgetragen, die Befestigungen um alle Kolonie-Basen herum zu verstärken und Erweiterungen vorzubereiten.“ Ich konzentrierte mich auf den prillonischen Captain. Ich hatte dies schon zuvor gesehen. Wusste genau, was diesen Kriegern widerfahren war. Sie kannten einander vielleicht nicht vor der Gefangennahme, aber irgendwo in den Höllenqualen war Captain Marz derjenige gewesen, der das Kommando übernommen und sie beisammen gehalten hatte. Sie bei Sinnen gehalten. Und nun brauchten der Kampflord und der andere Prillone mir gegenüber, Leutnant Perro, Marz als Stütze. Er war ihr Gruppenanführer geworden. Was gut war. Diese Kerle brauchten jeden Freund, den sie finden konnten. Freude, und das Gefühl eines Lebensinhaltes. „Wir brauchen mehr Männer, die dort beim Aufbau und der Verstärkung der Mauern helfen.“
Captain Marz nickte, und wir beide ignorierten Kampflord Rezz, der sich langsam wieder unter Kontrolle brachte.
Der Jäger Kjel beobachtete und wartete ab, wie das Raubtier, das er war. Er hatte noch kein Wort gesagt, aber ich hatte keinen Zweifel daran, dass er die genaue Position jeder einzelnen Sicherheitskraft im Raum kannte, inklusive welche Waffen sie trugen und wie aufmerksam sie diese Besprechung verfolgten. Er war nicht Teil von Captain Marz‘ Truppe, aber das musste ich ändern. Selbst ein einzelner Jäger musste irgendwo dazugehören, brauchte einen Grund, morgens aufzustehen. Und er war der einzige Everianer auf Basis 3. Soweit ich wusste, war er der einzige Jäger, der je die Hive-Gefangenschaft überlebt hatte.
Der andere Prillon-Krieger, Leutnant Perro, der sich bislang still verhalten hatte, verschränkte die Arme vor der Brust. Seine Arme waren frei von Hive-Implantaten, die sanfte braune Haut ungetrübt. Ich hatte mir auch seine Akte angesehen. Seine Implantate befanden sich hauptsächlich am Nacken und an der Wirbelsäule, ein paar weitere im Hirngewebe. Sollte der Hive je hierher durchbrechen, würde ihm wohl das Hirn aus den Ohren tropfen. Aber jetzt waren seine Augen erst mal klar und scharf, von kupferner Farbe, die zu seinem Haar passte. „Was genau sollen wir nun die nächsten sechzig oder siebzig Jahre lang anstellen? Mauern bauen? Ich bin Pilot, und zwar ein verdammt guter.“
Ja, das war er. Und ungehorsam und ein wenig wild. Was wahrscheinlich zu seiner Gefangennahme geführt hatte...und letztlich zu seinen Qualen auf den Operationstischen der Hive-Integrationseinheiten.
„Ich bin mir über die Qualifikationen von Ihnen allen bewusst. Jeder Neuankömmling verbringt einige Zeit damit, zu bauen. Es hilft dabei, Stress abzubauen, und gewährt Ihnen Zeit, die anderen kennenzulernen. Dies ist kein Ort, an dem man es alleine schafft. Während Ihrer Eingewöhnungsphase werden Sie registriert und auch für andere Aufgaben in Betracht gezogen.
Wir betreiben Schiffe zu den anderen Basen, und für die brauchen wir auch Piloten. Aber der meiste Transfer von Gütern und Personal findet über die Transport-Pads statt. Wenn die Ärzte sie für den Flug freigeben, könnten Sie der Luftpatrouille zugewiesen werden, die die äußere Atmosphäre des Planeten überwacht. Aber da Sie hier neu sind, brauchen Sie Zeit, sich einzugewöhnen. Zeit, zu heilen. Sie mögen dem vielleicht nicht zustimmen, aber fürs Erste haben Sie leider keine Wahl. Keiner von Ihnen wird für Kernaufgaben eingeteilt werden, bis Sie einige Wochen hier verbracht haben.“
Oder noch länger. Besonders, wenn die anderen Krieger sie nicht mochten oder ihnen nicht trauten. Aber das sagte ich nicht dazu. Um ihnen ein wenig dieser verdammten Hoffnung zu geben, fügte ich hinzu: „Danach stehen alle Überlegungen offen.“
Captain Marz nickte. „In Ordnung. Ich nehme auch an, dass uns allen Quartiere im gleichen Bereich zugeordnet wurden.“
Den Göttern sei Dank, war das hier beinahe vorüber und Marz würde von hier an übernehmen. Ich sah es in seinen Augen das Bedürfnis dafür zu sorgen, dass seine Männer geschützt und gut versorgt waren. Zumindest einer von ihnen verstand die Veränderungen, die sie nun akzeptieren mussten. Wenn einer sich die Mühe machen wollte, dann konnte er die anderen besser überzeugen, als ich das je konnte.
Ich mochte Marz sofort und machte mir eine geistige Notiz davon, ihn rasch durch den Prozess zu schleusen. Nach der kürzlichen Hive-Attacke und dem Verrat durch eines unserer Mitglieder, einem medizinischen Offizier namens Krael, brauchte ich Männer, denen ich trauen konnte. Männer mit Ehre. Nicht, dass die anderen das nicht vorweisen konnten. Die drei anderen hatten hervorragende Dienstzeugnisse und hatten das Schlimmste des Hive überstanden. Wenn sie sich gut anpassten, sich in ihre neuen Leben eingewöhnten, würden sie bedeutsamen Positionen zugeteilt werden. Wir schätzten jeden auf der Kolonie, wenn er sein Bestes geben wollte.
Und