Die schönsten Kinderbücher (Illustriert). Гарриет Бичер-Стоу

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Die schönsten Kinderbücher (Illustriert) - Гарриет Бичер-Стоу


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zu. Er eilte ins Freie und rannte querfeldein.

      Der ganze Himmel schien in Flammen zu stehen. Das Geschrei wurde lauter, da stets neue Stimmen den Lärm vergrößerten. Die Sturmglocke heulte, und er konnte ganz deutlich den Ruf "Feuer" verstehen. Es waren Leute da, – Männer und Frauen – Licht und Tätigkeit. Neues Leben kam über ihn. Er sprang über Hecken und Zäune, der Hund laut bellend immer mit.

      Er war endlich zur Stelle. Halbangekleidete Menschen rannten jammernd hin und her. Einige bemühten sich, die scheugewordenen Pferde aus den Ställen herauszujagen, während andere das Rindvieh in Sicherheit zu bringen suchten. Andere kamen mit Habseligkeiten beladen aus den brennenden Häusern. Frauen und Kinder weinten, während die Männer sich durch Zurufe gegenseitig Mut zu machen suchten. Sikes schrie gleichfalls, bis er heiser wurde und stürzte sich in das dichteste Gedränge, um der Erinnerung zu entfliehen. Er arbeitete an den Spritzen, stieg Leitern auf, Leitern ab, auf die Dächer der Häuser – er war allerorten. Allein er schien ein gefeites Leben zu haben, denn bei Tagesgrauen, als nur noch geschwärzte Trümmer übriggeblieben waren, hatte er auch nicht eine Beule oder Schramme erhalten; er fühlte sich nicht einmal müde.

      Als jedoch die wahnsinnige Aufregung vorüber war, kehrte ihm mit zehnfacher Gewalt das schreckliche Bewußtsein seiner verbrecherischen Tat zurück. Er sah sich mißtrauisch um, denn die Leute standen in Gruppen beieinander, und er fürchtete, der Gegenstand ihrer Unterhaltung zu sein. Er wollte mit seinem Hunde wegschleichen, als ihm einige Spritzenmänner zuriefen, an ihrem Frühstück teilzunehmen. Er nahm etwas Fleisch und Brot an, und als er einen Schluck Bier trank, hörte er die Leute von dem Morde sprechen.

      "Man sagt, der Mörder sei nach Birmingham geflüchtet, aber man wird ihn schon kriegen. Die Kriminalpolizei ist bereits hinter ihm her, und morgen ist sein Steckbrief im ganzen Lande bekannt!"

      Sikes sprang auf und rannte fort. Er wanderte, in steter Furcht vor einer zweiten schlaflosen Nacht, planlos weiter.

      Plötzlich faßte er den verzweifelten Entschluß, wieder nach London zurückzukehren.

      "Jedenfalls kann ich doch dort mit jemand reden", dachte er, "und finde ein gutes Versteck. Da vermutet mich die Polizei am wenigsten. Ich verhalte mich acht Tage ganz still, und Fagin muß Geld ausspucken, damit flüchte ich nach Frankreich. Teufel auch, ich wag's."

      Er machte sich auch gleich auf den Weg. Aber der Hund! Wenn ein Steckbrief hinter ihn erlassen war, hatte man sicher auch den Hund nicht vergessen. Dieser konnte ihn auf seinem Wege durch die Straßen verraten. Er entschloß sich daher, ihn zu ersäufen und sah sich nach einem Gewässer um. Im Gehen nahm er einen schweren Stein auf und band ihn in sein Taschentuch.

      Der Hund sah diese Vorbereitungen und blieb aus Instinkt etwas weiter zurück. Als der Mörder am Rande eines Weihers haltmachte und sich umsah, um ihn zu rufen, legte sich der Hund auf den Bauch und rührte sich nicht von der Stelle.

      "Hörst du nicht? Komm her!" schrie Sikes und pfiff.

      Langsam kam der Hund endlich näher. Als aber sein Herr sich bückte, um das Schnupftuch an seinem Halse zu befestigen, knurrte er und rannte zurück.

      "Wirst du herkommen!" schrie der Mörder wütend.

      Doch der Hund wedelte nur mit dem Schwanze, aber rührte sich nicht. Plötzlich wandte er sich um und jagte davon. Der Verbrecher pfiff zu wiederholten Malen, aber kein Hund kam. So mußte er allein weiterwandern.

      Neunundvierzigstes Kapitel

       Inhaltsverzeichnis

       Monks und Herr Brownlow treffen endlich zusammen. Ihre Unterhaltung und die Nachricht, die sie unterbricht

      Es war bereits dunkel, als Herr Brownlow vor seinem Hause aus einer Droschke kletterte und leise an die Tür klopfte. Sobald die Haustür geöffnet war, entstiegen dem Wagen zwei Männer mit einem dritten in ihrer Mitte und gingen schleunigst in das Haus. Dieser dritte war Monks.

      Ohne ein Wort zu sprechen, klommen sie, Herr Brownlow an der Spitze, die Treppe hinauf nach einem kleinen Hinterzimmer. Vor dessen Tür machte Monks, der nur widerstrebend mitgegangen war, halt. Die beiden stämmigen Männer blickten den alten Herrn fragend an.

      "Wenn er irgendwelche Schwierigkeiten macht, so schleppen Sie ihn auf die Straße, rufen nach der Polizei und beschuldigen ihn in meinem Namen eines schweren Verbrechens."

      "Wie können Sie sich erkühnen, so etwas von mir zu sagen?" fragte Monks.

      "Wie können Sie es wagen, mich dazu zu drängen, junger Mann?" erwiderte Herr Brownlow und sah ihn streng an. "Wären Sie töricht genug, dieses Haus zu verlassen? Lassen Sie ihn los! So, mein Herr. Sie können ungehindert fortgehen, aber niemand kann uns auch hindern, Ihnen zu folgen. Doch ich warne Sie! Ich schwöre Ihnen bei allem, was mir heilig ist, daß ich Sie wegen Raubes und Betruges verhaften lasse, sobald Sie den Fuß auf die Straße setzen. Ich bin dazu fest entschlossen. Sind Sie es auch, so kommt Ihr Blut auf Ihr eigenes Haupt."

      "Auf wessen Veranlassung bin ich von diesen Halunken aufgegriffen und hierher geschleppt worden?" fragte Monks, die Männer dabei verächtlich ansehend.

      "Auf meine Verantwortung hin. Wenn Sie sich wegen Freiheitsberaubung hätten beklagen wollen, unterwegs hatten Sie genügend Gelegenheit dazu. Sie hielten es aber für richtiger ruhig zu sein. Ich wiederhole, Sie können den Schutz des Gesetzes anrufen, aber ich werde dann gleichfalls die Gerichte in Anspruch nehmen. Ist die Sache aber erst vor den Richter gekommen, so haben Sie von mir keine Nachsicht mehr zu erwarten und dürfen dann nicht sagen, ich hätte Sie ins Verderben gestürzt."

      Monks zögerte, er wußte nicht, was tun.

      "Sie müssen sich schnell entschließen", fuhr Herr BrownIow mit Festigkeit fort. "Wollen Sie, daß ich Sie bei der Staatsanwaltschaft anzeige und Sie einer Strafe zuführe, deren Schwere ich wohl ahnen, aber nicht verhindern kann, so wissen Sie, was Sie zu tun haben. Wünschen Sie aber Nachsicht und die Vergebung derjenigen, die Sie so schwer geschädigt haben, so setzen Sie sich ohne Widerrede auf diesen Stuhl – er wartet auf Sie schon zwei Tage!"

      "Gibt es –" fragte Monks stotternd, "gibt es – keinen Mittelweg?"

      "Nein, keinen!"

      Monks setzte sich.

      "Schließen Sie von außen die Tür", sprach Herr Brownlow zu den beiden Männern, "und wenn ich klingele, kommen Sie herein!"

      "Das ist eine nette Behandlung von dem ältesten Freunde meines Vaters."

      "Gerade weil ich Ihres Vaters ältester Freund war, junger Mann. Weil die Hoffnungen einer glücklichen Jugendzeit sich an ihn und das holde Wesen von seinem Blute knüpften, das zu früh zu Gott zurückkehrte und mich einsam und verlassen hier zurückließ. Weil er, noch ein Knabe, mit mir an dem Sterbebette seiner einzigen Schwester kniete und zwar an dem Tage, der sie zu meiner Frau gemacht hätte, wenn es der Wille Gottes gewesen wäre. Weil von jener Zeit an mein wundes Herz bis zu seinem Ende an ihm hing. Weil schöne Rückerinnerungen noch immer in meinem Herzen leben, und selbst Ihr Anblick mir ihn wieder ins Gedächtnis zurückruft. Das sind die Gründe, die mich veranlassen, Sie mit Nachsicht und Milde zu behandeln, obgleich Sie erröten müssen, Eduard Leeford, wie unwürdig Sie des Namens sind, den Sie tragen!"

      "Was hat der Name mit dieser Sache zu tun?" fragte Monks verstockt. "Was kümmert mich der Name?"

      "Ihnen ist er nichts. Er war aber der Name des von mir geliebten Wesens und mir teuer. Ich bin froh, daß Sie einen anderen angenommen haben. Wirklich sehr froh."

      "Das ist alles recht schön", sagte Monks trotzig nach einer ziemlich langen Pause, "aber was wollen Sie eigentlich von mir?"

      "Sie haben einen Bruder, dessen leise ausgesprochener Name fast allein schon ausreichte, um Sie zu veranlassen, mich hierher zu begleiten."

      "Ich habe keinen Bruder. Sie wissen, daß ich der einzige Sohn meines Vaters bin."

      "Hören


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