Die schönsten Kinderbücher (Illustriert). Гарриет Бичер-Стоу

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Die schönsten Kinderbücher (Illustriert) - Гарриет Бичер-Стоу


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Sprößling des unseligen Ehebundes sind, zu dem Familienstolz und schmutzigster Ehrgeiz seiner Verwandten Ihren Vater gezwungen haben, als er fast noch ein Knabe war!"

      "Es ist mir gleichgültig, wie starke Ausdrücke Sie gebrauchen", unterbrach ihn Monks mit höhnischem Lachen. "Sie kennen die Tatsache, und das genügt."

      "Aber ich kenne auch das Elend und die Qual dieser unpassenden Verbindung. Ich weiß, wie schwer die Unglücklichen die Kette trugen und sie durch die Welt schleppten. Ich weiß, wie der Gleichgültigkeit Abneigung, der Abneigung Haß und dem Hasse Abscheu folgte, bis sie zuletzt das Band zerrissen. Ihrer Mutter gelang es, die Vergangenheit bald zu vergessen, aber an Ihres Vaters Herzen fraß sie noch jahrelang."

      "Nun, sie haben sich getrennt", versetzte Monks, "doch was hat das auf sich?"

      "Zur Zeit ihrer Trennung hatte Ihre Mutter, während des lustigen Lebens auf dem Festland, ihren um zehn Jahre jüngeren Gatten ganz vergessen, der mit zerstörten Hoffnungen in der Heimat blieb und neue Freunde fand. Diesen Umstand wenigstens kennen Sie?"

      "Nein", antwortete Monks, die Augen abwendend und mit dem Fuß auf die Erde stampfend, wie ein Mann, der entschlossen ist, alles abzuleugnen.

      "Ihr Benehmen wie Ihre Handlungen beweisen mir, daß Sie es nie vergessen und nie aufgehört haben, mit Bitterkeit daran zu denken. Ich spreche von der Zeit vor fünfzehn Jahren, wo Sie erst elf Jahre und Ihr Vater einunddreißig Jahre alt war; ich muß wiederholen, daß er beinahe noch ein Knabe war, als sein Vater ihm befahl, sich zu verheiraten. Muß ich auf Dinge zurückkommen, die einen Schatten auf das Andenken Ihres Erzeugers werfen, oder wollen Sie es mir ersparen und die Wahrheit enthüllen?"

      "Ich habe nichts zu enthüllen", versetzte Monks verwirrt. "Reden Sie nur ruhig weiter."

      "Nun denn", fuhr Herr Brownlow fort, "zu Ihres Vaters neuen Freunden gehörte ein im Ruhestand lebender Seeoffizier, dessen Frau ein halbes Jahr zuvor gestorben war. Von seinen vielen Kindern waren ihm nur zwei Töchter geblieben, die eine ein schönes Mädchen von neunzehn, die andere noch ein Kind von drei Jahren."

      "Was geht mich das an?" fragte Monks.

      "Sie wohnten", sprach Herr Brownlow weiter, ohne auf die Unterbrechung zu achten, "in einem Landesteil, den Ihr Vater auf seinen Reisen häufiger besucht und wo er auch später dauernden Aufenthalt genommen hatte. Die Bekanntschaft ging schnell in Vertraulichkeit und Freundschaft über. Ihr Vater war begabt wie wenige Männer – er hatte seiner Schwester Herz und Äußeres. Je mehr der alte Offizier ihn kennenlernte, desto inniger liebte er ihn. Ich wünschte, es hätte dabei sein Bewenden gehabt, aber seine Tochter tat dasselbe."

      Der alte Herr hielt inne. Monks biß sich in die Lippen und schlug die Augen nieder. Herr Brownlow bemerkte das und fuhr weiter fort:

      "Am Ende des ersten Jahres war er verlobt, feierlich verlobt mit jener Tochter. Ihr Vater der Gegenstand der ersten, wahren, glühenden und einzigen Liebe eines arglosen, unerfahrenen Mädchens."

      "Ihre Erzählung wird lang", bemerkte Monks, unruhig auf seinem Stuhl hin- und herrückend.

      "Es ist eine wahrheitsgetreue Erzählung von Kummer, Prüfungen und Leiden, junger Mann", versetzte der alte Herr, "und derartige Geschichten sind gewöhnlich lang, während die von ungetrübtem Glück gar kurz zu sein pflegen. Endlich starb einer der reichsten Verwandten und hinterließ ihm sein großes Vermögen. Ihr Vater mußte schleunigst nach Rom reisen, wo jener Verwandte gestorben war, ohne vorher seine eigenen Angelegenheiten ordnen zu können. Als er dort ankam, wurde er von einer tödlichen Krankheit befallen, worauf Ihre Mutter, als sie in Paris davon Kenntnis erhielt, zusammen mit Ihnen Ihrem Vater nachreiste. Er starb den Tag nach ihrer Ankunft in Rom – ohne Testament, so daß sein ganzes Vermögen Ihnen und ihr zufiel."

      Monks hörte bei diesem Teil der Geschichte atemlos zu.

      "Ehe er abreiste", sagte Herr Brownlow langsam, "kam er zu mir, da er auf seinem Wege nach Rom London berühren mußte."

      "Hiervon habe ich nie gehört!" unterbrach ihn Monks, anscheinend unangenehm überrascht.

      "Er kam zu mir und übergab mir unter anderm ein von ihm selbst gemaltes Bildnis jenes armen Mädchens, das er zwar ungern zurückließ, aber auf seiner eiligen Reise nicht mitnehmen konnte. Er war durch Kummer und Gewissensbisse zu einem Schatten abgezehrt und sprach in unzusammenhängender Weise von Schande und Verderben, die sein Werk wären. Er vertraute mir seine Absicht an, sein ganzes Vermögen zu barem Gelde zu machen, auch wenn es mit Verlust geschähe. Er gedachte, Ihre Mutter und Sie durch einen Teil des ihm durch die Erbschaft zugefallenen Vermögens abzufinden und wollte dann für immer England verlassen. Ich erriet nur zu gut, daß er nicht allein gehen würde. Selbst gegen mich, seinen alten Jugendfreund, war er mit weiteren Bekenntnissen zurückhaltend. Er versprach mir alles brieflich mitzuteilen und mich dann noch einmal zu besuchen. Ach, es war damals schon sein letzter Besuch! Ich erhielt keinen Brief und sah ihn nie wieder!"

      "Ich ging", fuhr Herr Brownlow nach einer kurzen Pause fort, "ich ging, als alles vorüber war, nach dem Schauplatz seiner sündigen Liebe, wie die Welt es nennen würde, fest entschlossen, wenn sich meine Befürchtungen bewahrheiten sollten, dem verirrten Mädchen Schutz und eine Heimat anzubieten. Die Familie hatte jedoch die Gegend eine Woche vorher, nach Regelung ihrer Angelegenheiten, bei Nacht und Nebel verlassen. Warum und wohin konnte mir niemand sagen."

      Monks atmete sichtlich auf und konnte ein triumphierendes Lächeln nicht unterdrücken.

      "Als Ihr Bruder –" sagte der alte Herr und rückte seinen Stuhl näher an Monks heran, "als Ihr Bruder, ein elendes, vernachlässigtes, in Lumpen gehülltes Kind, mir durch eine mächtigere Hand, als es der Zufall ist, in den Weg geführt wurde und durch mich einem Leben der Schande und des Lasters entrissen werden sollte –"

      "Was?" schrie Monks auf.

      "Durch mich", wiederholte Herr Brownlow. "Ich sagte ja, die Sache würde Sie interessieren. Ich sage: durch mich – denn ich sehe, daß Ihr schlauer Kumpan Ihnen meinen Namen verschwiegen hat, obgleich er sich nicht denken konnte, daß er Ihnen bekannt wäre. Als Ihr Bruder bei mir Zuflucht fand und krank in meinem Hause lag, setzte mich seine Ähnlichkeit mit dem erwähnten Gemälde in Erstaunen. Ich brauche Ihnen nicht zu erzählen, daß er mir wieder weggefangen wurde, ehe ich seine Geschichte erfuhr –"

      "Warum nicht?" fragte Monks hastig.

      "Weil Sie es selbst sehr gut wissen!"

      "Ich?"

      "Das Leugnen nützt Ihnen nichts, ich werde Ihnen beweisen, daß ich noch mehr weiß."

      "Sie – Sie können mir nichts beweisen", stotterte Monks. "Ich fordere Sie auf, es zu tun."

      "Wir werden sehen", sagte der alte Herr mit einem prüfenden Blick. "Ich verlor den Knaben und vermochte ihn trotz aller Anstrengungen nicht wiederzufinden. Da Ihre Mutter tot ist, so konnten Sie nur das Geheimnis aufklären. Als ich das letztemal von Ihnen hörte, hieß es, Sie wären auf Ihrer Besitzung in Westindien. Dorthin hatten Sie sich zurückgezogen. um den Folgen Ihres verbrecherischen Lebens in London zu entgehen. Ich reiste Ihnen nach, aber Sie hatten Ihren Zufluchtsort schon vor Monaten verlassen. Man glaubte, Sie wären in London, aber niemand konnte mir etwas Näheres mitteilen. Ich kehrte zurück. Ihre Geschäftsfreunde wußten auch Ihre Adresse nicht, sie sagten, Sie kämen ebenso unregelmäßig wie früher, manchmal alle Tage, dann wieder monatelang nicht. Man glaubte, daß Sie wieder in den zweideutigen Kreisen verkehrten, wo Sie sich schon als nicht zu bändigender Knabe Ihre Freunde suchten. Ich durchs wanderte die Straßen bei Tag und bei Nacht, doch waren meine Mühen bis vor zwei Stunden vergeblich."

      "Und nun, da Sie mich gefunden haben, was weiter?" fragte Monks dreist und stand auf. "Betrug und Raub sind starke Worte – und gerechtfertigt, wie Sie glauben, durch die eingebildete Ähnlichkeit eines jungen Landstreichers mit der elenden Kleckserei eines längst Verstorbenen. Sie wissen nicht einmal, ob der Umgang dieses Pärchens ein Kind zur Folge hatte. Selbst das wissen Sie nicht!"

      "Ich wußte es nicht", sagte Herr Brownlow, gleichfalls aufstehend, "aber ich habe in den letzten vierzehn Tagen alles erfahren. Sie haben einen Bruder – Sie wissen


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