Die schönsten Kinderbücher (Illustriert). Гарриет Бичер-Стоу

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Die schönsten Kinderbücher (Illustriert) - Гарриет Бичер-Стоу


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zu ihrer Entbindung, und so teilte er ihr mit, was er zu tun beabsichtigte, um ihre Schande zu verdecken, wenn er am Leben bliebe. Er bat sie, wenn er sterben müßte, weder seinem Andenken zu fluchen, noch zu glauben, daß seine Sünde, an ihr oder seinem Kinde heimgesucht werden würde, da die ganze Schuld seine wäre. Er erinnerte sie an den Tag, an dem er ihr das Medaillon und den Ring schenkte, in dem ihr Taufname mit einer Lücke eingegraben war, die er eines Tages mit seinem Familiennamen auszufüllen gehofft hätte. Er flehte sie an, seine kleinen Geschenke an ihrem Herzen zu tragen, und kam dann immer wieder auf dieselben Worte zurück, als ob er schon nicht mehr klaren Geistes gewesen, was, wie ich vermute, auch der Fall war."

      "Das Testament", sagte Herr Brownlow, während Oliver still vor sich hin weinte, "war in demselben Geiste abgefaßt wie der Brief. Ei sprach von dem Elend, das sein Weib über ihn gebracht hatte, und von dem störrischen Charakter, der Bosheit und den frühzeitigen lasterhaften Neigungen seines einzigen Sohnes, dem gelehrt worden war, den Vater zu hassen. Er vermachte Ihrer Mutter und Ihnen Jahresrenten von je achthundert Pfund. Sein Gesamtvermögen teilte er in zwei gleiche Teile und bestimmte den einen für Agnes Flemming und den andern für sein und ihr Kind, wenn es lebend zur Welt kommen und heranwachsen sollte. Für den Fall, daß es ein Mädchen wäre, sollte ihm die Erbschaft ohne weiteres zufallen. Wäre es jedoch ein Junge, so hafte die Bedingung daran, daß er während seiner Minderjährigkeit seinen Namen durch keine entehrende oder schlechte Tat befleckt habe, die das Einschreiten des Gerichts zur Folge gehabt hätte. Wie er ausführte, machte er diese Klausel, um dadurch sein Vertrauen zu der Mutter zu bekunden, daß das Kind der Erbe ihres schönen Herzens und ihres edlen Charakters werden würde. Sollte diese Erwartung trügen, so waren Sie zum Erben bestimmt; denn nur, wenn beide Kinder einander gleich wären – aber auch nur dann –, wollte er Ihren früheren Anspruch auf sein Vermögen anerkennen, obgleich Sie keinen auf sein Herz zu machen und ihn von früher Jugend an durch Kälte und Abneigung zurückgestoßen hätten."

      "Meine Mutter", nahm nun Monks wieder das Wort, "tat, was jede Mutter getan hätte – sie verbrannte das Testament. Der Brief gelangte nie an seine Adresse. Aber sie bewahrte ihn und noch andere Schriftstücke für den Fall auf, daß man versuchen würde, den Fehltritt abzuleugnen. Sie berichtete dem Vater des Mädchens die Wahrheit mit Übertreibungen, die ihr der Haß eingab -ich liebe sie jetzt darum. Diese Nachricht bewog den alten Flemming, sich mit seinen Kindern in einen Winkel von Wales zurückzuziehen, wobei er zugleich seinen Namen änderte, damit seine Freunde ihn nicht entdeckten. Er wurde einige Zeit darauf tot in seinem Bette gefunden. Die Tochter hatte einige Wochen zuvor heimlich sein Haus verlassen. Er suchte sie in jedem Dorf und jeder Stadt der Umgegend. In der Nacht, als er mit der Überzeugung nach Hause kam, sie hätte sich das Leben genommen, um ihre Schande nicht zu überleben, brach das Herz des alten Mannes."

      Nach einem kurzen Schweigen fuhr Herr Brownlow in der Erzählung fort:

      "Nach Jahren kam die Mutter dieses Menschen – dieses Eduard Leeford – zu mir. Er hatte sie verlassen, als er achtzehn Jahr alt war, und ihr Geld und Juwelen gestohlen. Das Gestohlene verspielt, Fälschungen begangen und war dann nach London geflüchtet, wo er in Verbrecherkreisen verkehrte. Sie siechte an einer unheilbaren Krankheit dahin und wünschte ihn vor ihrem Tode noch einmal zu sehen. Man forschte lange vergeblich nach ihm, endlich aber fand man ihn. Sie fuhren dann beide nach Frankreich zurück."

      "Nach einem langen Krankenlager", erzählte Monks weiter, "starb sie dort. Auf ihrem Totenbette vermachte sie mir mit diesen Geheimnissen ihren tödlichen Haß gegen alle, die in die Angelegenheit verwickelt waren. Sie wollte nicht glauben, daß das Mädchen sich selbst und dem Kinde ein Leid angetan hätte, sie war vielmehr der festen Überzeugung, daß ein Knabe geboren und am Leben wäre. Ich schwur ihr, wenn der Junge je meinen Weg kreuzen würde, ihn mit unversöhnlicher Feindschaft zu verfolgen und ihn, den prahlerischen Redensarten des beleidigenden Testaments zum Trotz, an den Galgen zu bringen. Sie hatte recht. Er kam mir endlich in den Weg. Der Anfang ließ sich gut an, und wenn dieses verdammte Frauenzimmer nicht geschwatzt hätte, wäre dem guten Anfang auch ein dementsprechender Schluß gefolgt."

      Der Halunke verwünschte laut sich selbst, daß sein bösartiger Plan mißlungen war. Inzwischen erzählte Herr Brownlow den entsetzten Zuhörern, daß der Jude, Monks' Helfershelfer, eine große Belohnung für Olivers Verführung zum Schlechten erhalten hätte. Als der Junge entwich, sollte ein Teil der Summe wieder zurückerstattet werden, und der daraus entstandene Streit sei die Veranlassung gewesen, daß beide jenen Besuch in dem Landhause machten, der Olivers Identität feststellen sollte und diesen so erschreckte.

      "Und was wurde aus dem Medaillon und dem Ringe?" fragte Herr BrownIow Monks.

      "Ich kaufte sie dem Manne und der Frau ab, die sie der Wärterin gestohlen hatten. Sie wissen, was daraus wurde", sagte Monks, ohne die Augen zu erheben.

      Herr Brownlow gab Grimwig einen Wink, der darauf plötzlich verschwand, aber bald wieder zurückkehrte, Frau Bumble ins Zimmer schob und deren widerstrebenden Eheherrn nach sich zerrte.

      "Trügen mich meine Augen?" rief Herr Bumble mit schlechtgespielter Freude, "oder ist dies wirklich der kleine Oliver? Ach, O-Ii-ver, wenn Sie wüßten, wie ich mich um Sie gegrämt habe!"

      "Halt's Maul, Dummkopf!" murmelte Frau Bumble.

      "Frau, ist's nicht natürlich, ganz natürlich", entgegnete Bumble, "muß mir nicht das Herz aufgehen, mir, der ich ihn als Gemeindekind erzogen habe – wenn ich ihn hier sitzen sehe zwischen so feinen Damen und Herren? Ich habe den Knaben immer geliebt wie meinen – meinen – meinen eigenen Großvater", sagte endlich Herr Bumble, nachdem er einen passenderen Vergleich nicht gleich gefunden hatte,

      "Ach bitte", fiel Herr Grimwig ein, "unterdrücken Sie Ihre Gefühle!"

      "Ich will mir Mühe geben", sagte Herr Bumble. "Wie geht es Ihnen, mein Herr? Ich hoffe gut."

      Diese Begrüßung war an Herrn Brownlow gerichtet, der sich dem würdigen Ehepaar genähert hatte und nun, auf Monks zeigend, fragte:

      "Kennen Sie diesen Mann?"

      "Nein!" antwortete Frau Bumble ohne Zögern.

      "Aber Sie vielleicht, Herr Bumble?"

      "Hab' ihn nie in meinem Leben gesehen!"

      "Auch nichts verkauft?"

      "Nein!" entgegnete Frau Bumble.

      "Sie haben auch nie ein gewisses goldenes Medaillon und einen Ring gehabt?"

      "Allerdings nicht. Hat man uns bloß deshalb hierhergeholt, um uns derartig törichte Fragen beantworten zu lassen?"

      Herr Brownlow winkte Herrn Grimwig abermals zu, und dieser verschwand wieder, um gleich darauf mit zwei gichtbrüchigen alten Weibern zurückzukehren.

      "Sie haben zwar in der Nacht, als die alte Sally starb, die Tür verschlossen", sagte die eine und hob ihre vertrocknete Hand hoch, "aber Sie konnten weder unsere Ohren noch die Ritzen in der Wand verstopfen."

      "Nein, nein, nein", fügte die andere kopfwackelnd hinzu.

      "Wir hörten, wie die Sterbende versuchte, Ihnen zu sagen, was sie getan, und sahen auch, wie Sie ein Papier aus ihrer Hand nahmen und am andern Tage ins Leihhaus gingen."

      "Haben Sie vielleicht Lust, den Pfandleiher selbst zu sehen?" fragte Herr Grimwig und ging zur Tür.

      "Nein", sagte Frau Bumble, "weil er", sie deutete auf Monks, "augenscheinlich Memme genug gewesen ist zu beichten, und da Sie unter allen diesen alten Hexen gerade die richtigen herausgefunden haben, so bleibt mir nicht mehr viel zu sagen. Ja, ich verkaufte ihm das Medaillon und den Ring, und der ganze Plunder liegt an einem Orte, wo Sie ihn nie wieder finden können. Und was weiter?"

      "Nichts weiter", antwortete Herr Brownlow, "als daß wir dafür sorgen werden, daß man euch aus euren Beamtenstellungen als unzuverlässig entfernt. Ihr könnt gehen."

      "Ich hoffe", meinte Herr Bumble bestürzt, als Herr Grimwig mit den beiden alten Weibern wieder verschwunden war, "ich hoffe, daß dieser kleine Zwischenfall mir nicht mein Amt kosten wird."

      "Das wird er allerdings, darauf dürfen Sie sich gefaßt machen


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