Verbotene Liebe - Liebesroman. Marie Louise Fischer

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Verbotene Liebe - Liebesroman - Marie Louise Fischer


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Griff.

      Maria Kortner stand in der Tür und versperrte den Weg. „Willst du wirklich fort?“ fragte sie ängstlich.

      „Ja, Mutti“, antwortete Sabine ruhig. „Es ist besser so. Ich gehe, weil ich dich liebhabe. Ich weiß, wenn ich bliebe, müßte ich dich eines Tages wirklich hassen. Denn du kannst nicht anders, du würdest mich immer nur bevormunden, wie ein Kind behandeln. Ich aber möchte endlich mein eigenes Leben führen dürfen.“

      Frau Kortner streckte die Arme aus. „Kind, mach doch keine Dummheiten. Überschlaf es, und morgen ist dann alles wieder gut. Ich verspreche dir . . .“

      „Mutti, versprich doch nichts!“

      Frau Kortners Stimme wurde wieder schriller. „Gib es doch zu, du willst nur zu diesem Kerl!“

      Sabine lächelte voller Wehmut. „Es hat keinen Sinn. Du fängst schon wieder an . . .“ Sie trat auf ihre Mutter zu, zog sie für ein paar Augenblicke in die Arme und küßte sie mit steifen Lippen. „Leb wohl. Ich danke dir für alles. Ich weiß, du hast es gut mit mir gemeint. Aber es geht nicht mehr weiter. Wir können beide nicht mehr frei atmen.“

      Sanft drückte sie ihre Mutter zur Seite und verließ mit dem kleinen Koffer das Zimmer, das sie fast zwanzig Jahre lang bewohnt hatte. Dieses Zimmer war ein Stück ihres Lebens . . .

      Ein starker Donnerschlag ertönte.

      „Ein Gewitter!“ sagte die Mutter beschwörend. „Du kannst doch jetzt nicht auf die Straße! Warte doch wenigstens, bis . . .“

      Sabine nahm wortlos ihren Regenmantel vom Garderobenhaken.

      „Wo willst du denn hin?“ fragte die Mutter. „Wer wird dich aufnehmen? Du gehst wirklich nicht zu diesem Mann?“

      „Nein“, antwortete Sabine und kämpfte gegen die aufsteigenden Tränen. Peter, warum bist du heute nicht gekommen? Hat dein Vater es dir wirklich verboten? Oder bist du wieder nur geschäftlich verhindert worden? Fragen, auf die Sabine jetzt keine Antwort wußte.

      Sie zog ihren Mantel an, „Ich gehe zu meiner Freundin Trudi. Und schon morgen werde ich mir ein Zimmer suchen. Ich hole dann meine Sachen.“ Sie sah ihre Mutter noch einmal voll an. „Auf Wiedersehen, Mutti. Wenn du willst, komme ich dich besuchen. So oft wie möglich. Aber jetzt muß ich gehen, es tut mir selbst weh . . .“

      Die letzten Worte konnte sie nur noch flüstern. Sie griff nach ihrer Handtasche, faßte den kleinen Koffer fester und öffnete die Wohnungstür. Sie wußte: Ihre Kraft war erschöpft. Nur noch wenige Sekunden, und ihr Entschluß würde zusammenfallen wie ein Kartenhaus. Und alles würde von vorn beginnen, die ewigen Vorwürfe, die endlosen Ermahnungen: Tu das nicht, tu jenesnicht . . .

      Als die Wohnungstür mit einem leisen Ton hinter ihr ins Schloß fiel, war es Sabine, als zerreiße etwas in ihrem Herzen. Die Tränen schossen aus den Augen hervor und machten sie blind. Sie lief die Treppe hinunter, stolperte, fing sich wieder, lief weiter. Verzweiflung wühlte ihr Inneres auf. Das Bewußtsein, ihre Kindheit hinter sich zu lassen, erschütterte sie zutiefst. Ich darf nicht umkehren! hämmerte sie sich ein. Ich darf nicht . . . Doch sie hatte plötzlich Angst vor der Zukunft. Peter, du mußt mir helfen. Wenn du mich noch liebst . . .

      Sie rannte auf die Straße hinaus, hastete weiter. Regen schlug ihr entgegen. Der schwarze Himmel wurde von grellen Blitzen zerrissen. Donnerschläge hallten zwischen den Mietshäusern wider.

      Sabine spürte, sah und hörte nichts. Ihre Füße trugen sie mechanisch weiter, die Goethestraße entlang, hinein in die Schwanthaler Straße.

      „Mutti“, kam es leise über ihre Lippen.

      Ihre Augen waren blind von Tränen der Verzweiflung.

      „Mutti, verzeih mir, aber ich wußte keinen anderen Ausweg . . .“ Reue brach über sie herein, zog ihr das Herz zusammen.

      Sabine wollte über die Straße. Sie verließ den Bürgersteig und achtete nicht auf das Auto, sie sah es gar nicht.

      Plötzlich waren die Scheinwerfer vor ihr, wie gierige Arme. Reifen quietschten. Es war zu spät.

      Sabine spürte noch den furchtbaren Schlag, fühlte noch, daß ihr der Boden unter den Füßen weggerissen wurde, dann schlug sie auf. Eine grauenhafte Explosion schien ihren Kopf zu zersprengen.

      Als das Auto dreißig Meter weiter zum Stehen kam, lag Sabine ohnmächtig auf dem regennassen Pflaster. Der Fahrer stürzte hinzu, beugte sich über sie und murmelte: „Ich konnte nichts dafür. Sie ist mir direkt vor den Wagen gelaufen...“

      Eine zweite Stimme neben ihm bestätigte: „Es war, als wollte das Mädchen Selbstmord begehen.“ Die Stimme gehörte einem Mann, der vom Bürgersteig aus das Unglück mitangesehen hatte. „Lebt sie denn noch?“

      „Ich hoffe“, sagte der Fahrer. „Sie muß sofort ins Krankenhaus.“ Er rannte davon.

      Fünf Minuten später war die Polizei mit einem Unfallwagen zur Stelle. Im gleichen Moment, da der erste Polizist sich über sie beugte, schlug Sabine die Augen auf. Sie spürte einen bohrenden Schmerz im Kopf. Dann kam die Erinnerung zurück, und sie wunderte sich, daß sie noch lebte.

      „Ganz ruhig liegen bleiben“, mahnte der Polizist.

      Sie wurde auf eine Trage gehoben, zum Unfallwagen getragen und in ein Krankenhaus gefahren.

      Sabine fühlte sich unendlich müde, der Schmerz im Kopf war dumpfer geworden. Im Krankenhaus wurde sie von einem jungen Arzt untersucht. Sein Bild drang nur schwer in ihr Bewußtsein: ein schmaler hoher Kopf, ernste graue Augen, eine schmale hohe Gestalt mit langen rücksichtsvollen Händen.

      „Können Sie sprechen?“ fragte der junge Arzt.

      „Ja“, antwortete Sabine mühsam. „Was ist mit mir?“

      „Sie haben Glück gehabt. Ein paar Prellungen, ein paar Hautabschürfungen, eine ansehnliche Beule am Kopf.“

      Sabine tastete nach der Beule. Die Berührung war schmerzhaft, aber Sabine stellte erleichtert fest, daß sie nicht blutete. Die Kopfhaut war nicht geplatzt.

      „Ist Ihnen schlecht?“ fragte der Arzt.

      „Nein“, antwortete Sabine. „Nur erschöpft, müde.“

      Der junge Mediziner zog eine Spritze auf. „Ich gebe Ihnen eine Injektion, und dann werden Sie schlafen. Nur eines muß ich noch wissen: Laut Ausweis, den man bei Ihnen fand, heißen Sie Sabine Kortner und wohnen in der Goethestraße. Leben Sie bei den Eltern oder allein?“

      Sie brachte es nicht über sich, zu lügen: „Ich lebe mit meiner Mutter zusammen. Aber bitte . . .“ Sabine brach ab. Eine Woge sich streitender Gefühle und Gedanken überschwemmte sie. Da war ihr Stolz. Da war das Gefühl, allein verantwortlich zu sein für das, was geschehen war. Aber da war auch die Sehnsucht nach der mütterlichen Fürsorge und Liebe.

      Sie kämpfte gegen den Wunsch an, die Mutter rufen zu lassen. „Bitte sagen Sie ihr nichts“, flüsterte sie.

      „Aber wird sie sich denn nicht wundern, daß Sie nicht nach Hause kommen?“

      „Nein . . . Bitte, fragen Sie nicht weiter.“

      Der Arzt dachte an den kleinen Koffer, der mit der Verunglückten ins Krankenhaus gebracht worden war, aber er verstand das Ganze nicht.

      „Fräulein Kortner, es könnte sein, daß es Ihnen schlechtergeht. Ich meine . . .“

      „Ja“, antwortete Sabine sofort. „Dann rufen Sie meine Mutter.“

      „Es gibt durchaus keinen Grund zur Sorge“, versuchte der Arzt zu beruhigen. „Wir werden Sie beobachten. Falls nicht irgendeine Komplikation eintritt, können Sie vielleicht schon übermorgen entlassen werden . . .“

      Sabine bekam die Injektion und wurde dann in ein Vierbettzimmer gebracht. Zwei Betten waren bereits belegt. Sabine wurde von dem Arzt und der Nachtschwester in eines der beiden freien Betten getragen. Alles geschah so lautlos,


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