Verbotene Liebe - Liebesroman. Marie Louise Fischer
Читать онлайн книгу.hinauf und stellte sich an eine der Säulen, so daß sie den weiten Platz gut überschauen konnte.
Sie sah plötzlich einen blonden jungen Mann in tadellos sitzendem grauen Anzug auf sich zukommen. Aber im nächsten Augenblick sah sie schon über ihn hinweg. Sie wollte sich nicht ansprechen lassen. Erst als sie aus den Augenwinkeln sah, daß der fremde junge Mann sie anlächelte, wurde sie stutzig. Sie drehte den Kopf demonstrativ zur Seite.
Da sprach er sie an. „Fräulein Kortner? Sabine Kortner?“
Langsam wandte sie sich ihm zu. „Ja, so heiße ich“, sagte sie abweisend. „Was wollen Sie von mir?“
„Ich bin Erich Krüger. Ein Freund von Peter!“
Die Enttäuschung traf sie wie ein Schlag. Ihre Hände verkrampften sich. „Er kommt nicht?“ fragte sie heiser.
„Genau!“ bestätigte Erich Krüger lächelnd. „Er hat mich quasi als Ersatz geschickt.“
„Reizend von ihm“, sagte Sabine eisig. Sie hatte sich gefangen und wandte sich zum Gehen.
Erich Krüger blieb an ihrer Seite. „Sie dürfen das nicht so tragisch nehmen“, sagte er unbekümmert. „Wenn Sie Wert auf Peters Freundschaft legen, müssen Sie sich an solche Zwischenfälle gewöhnen. Er ist nun mal ein vielbeschäftigter Knabe.“
Sabine ging schweigend weiter über den Theaterplatz.
„Er war sehr besorgt, wie Sie’s auffassen würden . . .“ Erich Krüger folgte ihr. „Deshalb hat er ja mich geschickt. Ich bin für solche Fälle zuständig, wissen Sie.“
Sabine blieb stehen und musterte ihn. Erich Krüger war ein gutaussehender junger Mann. Er hätte noch besser ausgesehen, wenn seine Züge nicht etwas weichlich und verschwommen gewirkt hätten. Er hatte eine gerade Nase, graue, leicht ins Grünliche gehende Augen, ein schwaches, fliehendes Kinn. Und ein Zug von Verbitterung war in die Mundwinkel eingekerbt.
„Herr Krüger“, stieß sie hervor. „Ich danke Ihnen für Ihre schonende Eröffnung. Bestellen Sie Herrn Hartmann einen schönen Gruß von mir und sagen Sie ihm, daß ich . . . daß ich . . .“
Sie verhaspelte sich und wurde rot vor Verlegenheit.
„Aber!“ Erich Krüger grinste. „Schönes Fräulein, warum so böse? Immerhin, der gute Peter hätte Sie ja auch einfach warten lassen können – bis Sie Schimmel angesetzt hätten!“
„Ich weiß diese überwältigende Rücksichtnahme sehr wohl zu schätzen, Herr Krüger.“ Sie sagte es, weil sie diesen blonden Playboytyp nicht mochte. Sie wollte ihn loswerden. „Leben Sie wohl!“
„Aber wo wollen Sie denn hin?“ rief Erich überrascht. „Hören Sie mal, Sabine. Sie reagieren ganz falsch. Peter hat sie geärgert – warum ärgern Sie ihn nicht wieder? Kommen Sie! Der Abend ist doch viel zu schön, um zu Hause zu sitzen und Trübsal zu blasen. Das hat Peter bestimmt nicht verdient. Ich kenn’ doch meinen Freund Peter! Mädchen sind für den nur Spielzeug. Aber ich . . .“ Er faßte Sabine am Arm. „Ich weiß da ein nettes Gartenlokal in Schwabing . . .“
„Nein. Danke.“ Sie befreite sich, aber sie ging nicht weiter.
„Nun seien Sie doch nicht so! Sehen Sie mich mal an! Ich bin doch schließlich auch nicht übel. Und Peter, na ja . . .“
„Bitte“, sagte Sabine, sie konnte nur noch mit Mühe die Tränen zurückhalten, „bitte, lassen Sie mich in Ruhe.“
„Ich mein’s doch nur gut mit Ihnen.“ Wieder erfaßte er ihren Arm.
„Sie interessieren mich nicht!“ rief Sabine plötzlich außer sich. „Begreifen Sie doch endlich . . . Lassen Sie Ihre Hände von mir!“
Erich Krügers Augen bekamen einen gefährlichen grünen Schimmer. „Sie sind ja hysterisch“, sagte er böse.
„Denken Sie von mir, was Sie wollen, doch hören Sie endlich auf, mich zu belästigen!“
Sie lief einfach davon. Der Rock ihres blauen Kleides schwang um ihre schlanken Beine, ihr aschblondes Haar wehte wie eine Wolke um ihren Kopf. Sie sah bezaubernd aus, noch in ihrer Erregung.
Aber der Blick, mit dem Erich Krüger ihr nachsah, zeigte keine Bewunderung, sondern kalte Wut. Eine Wut, die aus Neid erwuchs, aus gekränkter Eitelkeit und aus Rachsucht . . .
„Schon zurück?“ fragte Frau Kortner, als Sabine eine halbe Stunde später nach Hause kam. Es fiel der Mutter schwer, ein Lächeln der Genugtuung zu unterdrücken.
„Bitte, Mutti . . . bitte, frag mich nicht.“
„Na, ich kann es mir auch selber zusammenreimen. Hat dich sitzenlassen, der feine Kavalier!“
Sabine warf ihr einen flehenden Blick zu.
„Schon gut . . . Kein Wort mehr darüber“, sagte Frau Kortner hastig. „Dieser Mann ist es nicht wert. Ja, einem armen Mädel den Kopf verdrehen, das kann er, aber dann . . . Entschuldige bitte, ich bin schon still. Ich werde jetzt schnell das Abendessen richten und . . .“
„Danke, Mutti, ich habe keinen Hunger.“ Sabine schluckte krampfhaft.
„Kind, ich verstehe ja, wie unglücklich du jetzt bist . . .“
Sabine lief in ihr Zimmer, drückte die Tür hinter sich zu. Sie warf sich über das Bett und ließ ihren Tränen freien Lauf.
Sie hat ja recht, hallte es in ihrem Kopf, hämmerte es in ihrem Herzen. Dieser Erich Krüger hat es auch gesagt . . . Ich bin nur ein Spielzeug für Peter. Es kann nicht anders sein. Ich bin ja nur ein kleines, unbedeutendes Mädchen . . .
Leise öffnete sich die Tür, und ihre Mutter kam herein.
„Wein doch nicht, mein Kind“, sagte Frau Kortner. „Dieser Mann ist es gar nicht wert. Die wollen doch alle nur das gleiche. Und die armen Mädchen landen dann im Mütterheim . . .“
Der Vertrag mit den Vertretern des Chemiekonzerns wurde kurz vor acht Uhr unterschrieben. Es ging um ein Bauprojekt, das nach vorsichtiger Schätzung etwa 95 Millionen Mark verschlingen würde.
Paul Hartmann legte den unterschriebenen Vertrag sorgfältig in eine Ledermappe und sah dann lächelnd auf. „Ich glaube, meine Herren, dieser Abschluß sollte gefeiert werden. Ich habe bereits ein entsprechendes Programm zusammengestellt, das Ihren Ansprüchen gewiß gerecht werden wird . . .“
Peter Hartmann blickte auf seine goldene Armbanduhr. Er hatte während der ganzen Verhandlung unentwegt an Sabine denken müssen. Es war nicht aufgefallen, denn sein Vater hatte das schwierige Gespräch mit den Chemieleuten ganz im Alleingang geführt.
Ich muß sie sehen! beschloß er. Sabine, mein Liebes...
Peter erhob sich und flüsterte seinem Vater zu, aber so, daß es zwei der Herren auch hörten: „Entschuldige mich bitte. Mir ist nicht gut . . . Eine Grippe, glaube ich . . .“
Ohne die Antwort seines Vaters abzuwarten, hastete er aus dem Konferenzzimmer, rannte zu seinem Sportwagen, den er auf dem Parkplatz im Hof abgestellt hatte. Er fuhr in die Goethestraße.
Peter hatte Sabines Bitte, sie nicht zu Hause aufzusuchen, zwar nicht vergessen, aber sie schien ihm bedeutungslos. Einmal muß ich mich der Mutter ja doch vorstellen, sagte er sich. Warum nicht heute?
Zwei Stufen auf einmal nehmend, rannte er die ausgetretenen Treppen des düsteren Hauses hinauf und klingelte an der Wohnungstür.
Frau Kortner öffnete. Sie trug ein einfaches Hauskleid. Ihr Haar, schon von grauen Strähnen durchzogen, war straff zurückgekämmt.
„Guten Abend“, sagte Peter höflich. „Ich möchte Fräulein Sabine Kortner sprechen!“
Frau Kortner kniff die blaßblauen Augen mißtrauisch zusammen.
„Ich bin Peter Hartmann . . .“
„Ach so. Sie sind das!“ Abwehr lag in Maria Kortners Stimme.