Verbotene Liebe - Liebesroman. Marie Louise Fischer
Читать онлайн книгу.an. Er mußte gut drei Minuten warten, bis Erich, der ein möbliertes Zimmer bei einem alten kinderlosen Ehepaar gemietet hatte, an den Apparat kam.
„Na endlich!“ sagte Peter Hartmann. „Wie geht’s dir, alter Junge?“
Erich Krüger gähnte kräftig in den Telefonhörer hinein. „Verdammt früh . . .“
Peter lachte. „Du hast wohl wieder mal die ganze Nacht lang gesoffen.“
„Die halbe Nacht!“ verteidigte Erich sich. „Und ich hatte auch einen Grund zum Saufen . . . Mein alter Herr hat mir einen wüsten Brief geschrieben. Wenn ich nicht bis Semesterschluß meine Prüfungen mache, will er mir den Wechsel streichen.“
„Und warum machst du sie nicht? Schließlich studierst du schon lange genug. Wir fingen doch zusammen an. Und ich bin schon seit einem guten Jahr fertig.“
„Vor einem Jahr“, behauptete Erich Krüger, „hätte ich die Prüfungen auch machen können. Sogar mit Leichtigkeit. Aber damals hatte ich keine Lust. Warum sollte ich mich beeilen? Das hätte doch nur den Effekt gehabt, daß ich München verlassen und ins heimatliche Kaff hätte zurückkehren müssen. Also hab’ ich mir Zeit gelassen. Und jetzt habe ich das meiste, was ich gelernt habe, wieder vergessen.“
„Ach, das wird dir schon alles wieder einfallen, wenn du dich richtig dahinterklemmst. Bis zum Frühjahr gibt dir dein alter Herr bestimmt eine Gnadenfrist.“
„In diesem Sinn habe ich meinem alten Herrn auch schon geschrieben.“
„Na also.“ Peter Hartmann wollte nun endlich von seiner eigenen Sorge sprechen. „Übrigens, falls du im Augenblick nicht allzu tief in der Arbeit steckst . . .“
„Noch nicht.“
„Sehr gut. Dann könntest du mir einen Gefallen tun. Ich habe mich mit einem Mädchen verabredet . . .“
„Und jetzt willst du sie abschieben?“
„Im Gegenteil. Ich bin geschäftlich verhindert, und ich möchte sie nicht vergeblich warten lassen. Wir sind für heute abend um sieben vor dem Nationaltheater verabredet.“
„Und warum rufst du die Kleine nicht einfach an?“
„Sie hat kein Telefon.“
„Pech. Und jetzt soll ich dich wohl vertreten?“
„Mach keinen Quatsch!“ Peters Stimme wurde plötzlich laut. „Laß die Finger von diesem Mädchen!“
„Schrei doch nicht so . . .“, erwiderte Erich träge. „Ist es denn was Ernstes?“
„Es könnte ernst werden.“
„Seit wann kennst du sie denn?“
„Seit gestern.“
Erich Krüger gähnte wieder. „O diese Jugend!“
„Erich, hör zu! Du gehst also hin und entschuldigst mich. Sag ihr, ich werde mich morgen bei ihr melden, zu Hause. Oder ich hole sie vom Büro ab.“
„Und wie sieht sie aus? Das mußt du mir schon verraten, denn sonst kann ich sie ja nicht erkennen.“
„Sie hat wunderschönes aschblondes Haar, schulterlang, ein schmales Gesicht, große blaue Augen, eine schlanke biegsame Figur, das reizendste Lächeln von der Welt . . .“
„Du, Peter, dich scheint es aber ganz schön erwischt zu haben. Mir läuft schon das Wasser im Mund zusammen.“ Erich wurde munter.
Peter Hartmann lachte. „Junge! Hände weg von Sabine! Und vielen Dank. Gib mir bitte telefonisch Bescheid, ob es geklappt hat . . .“ Peter legte auf. Erich ist doch ein netter Kerl, dachte er. Er wird Sabine den Fall erklären und ansonsten die Finger von ihr lassen . . .
2
Sabine Kortner erwachte an diesem Morgen in rosigster Laune. Sie ahnte nicht, welch eine Enttäuschung ihr dieser Tag noch bringen sollte.
Natürlich entging den Kolleginnen in der Kanzlei nicht die Veränderung, die mit Sabine vorgegangen war. Man stellte lauernde Fragen, Sabine lächelte nur und schwieg. Aber sie nützte die erste günstige Gelegenheit, um mit ihrem Chef zu sprechen.
„Herr Doktor“, sagte sie, „darf ich Sie bitten, mich heute pünktlich nach Hause zu lassen?“
Rechtsanwalt Dr. Brettschneider betrachtete sie mit einem Lächeln. „Wenn Sie Angst haben, noch einmal im Aufzug steckenzubleiben, können Sie ja die Treppe benutzen, Sabine.“
„Das ist es nicht, Herr Doktor . . .“
„Hm . . . Sie haben wohl eine Verabredung?“
Sabine schwieg.
„Es geht mich zwar nichts an . . .“ Brettschneider runzelte die Stirn. „Aber falls es der junge Hartmann ist, auf den Sie ihre hübschen Augen geworfen haben, so möchte ich Sie warnen.“
„Warnen?“ Sabine fühlte einen Stich im Herzen.
„Sie sind meine tüchtigste Kraft, Fräulein Kortner, das wissen Sie. Es wäre mir sehr unangenehm, wenn . . .“ Dr. Brettschneider unterbrach sich. „Na ja, Sie sind alt genug, um auf sich aufzupassen. Also gehen Sie heute pünktlich. Ich werde mich dann mit Trudi begnügen müssen.“
„Mit Trudi habe ich schon gesprochen.“
„Das war sehr umsichtig von Ihnen. Viel Spaß dann, Sabine!“
„Danke, Herr Doktor!“ sagte sie strahlend.
Punkt fünf Uhr verließ Sabine Kortner die Kanzlei und fuhr geradewegs nach Hause. Sie wusch sich das Haar, aß ein Butterbrot, während sie das nasse Haar mit einem Fön trocknete. Dann machte sie sich sehr sorgfältig zurecht. Sie wählte für das erste Rendezvous mit Peter Hartmann ein leuchtend blaues Leinenkleid mit leicht ausgestelltem Rock, großem, weißem Kragen und dekorativen weißen Knöpfen. Es betonte ihre jugendliche Anmut.
„Laß dich anschauen“, sagte Frau Kortner, als Sabine sich verabschiedete. „Gut siehst du aus!“
Sabine gab ihrer Mutter einen leichten Kuß. „Ich habe getan, was ich konnte“, sagte sie lächelnd.
„Ich hoffe nur, daß sich der Aufwand auch lohnt.“
„Hör auf zu unken, Mutti . . . Es wird heute wieder herrlich werden!“
„Hoffentlich!“ Frau Kortner hob die Stimme. „Ach, Kind, noch etwas. Wir sprachen doch gestern abend über Tante Emmy, meine Schwester. Und wenn man vom Teufel spricht . . .“
„Mutti!“
„Ja, also meine Schwester hat mir einen Brief geschrieben. Er kam heute mit der Post. Sie bittet darum, daß ich ihr eine Bescheinigung beschaffe, in der bestätigt wird, daß sie damals in dem Mütterheim, wo sie ihr uneheliches Kind zur Welt brachte, auch gearbeitet hat. Sie braucht sie für die Rentenversicherung.“
„Das kannst du doch wirklich für Tante Emmy tun“, sagte Sabine und sah ungeduldig auf die Uhr.
„Nein!“ stieß Frau Kortner hervor. „Keine zehn Pferde bringen mich in dieses Mütterheim!“
„Mutti, du bist voreingenommen. Ein Mütterheim ist doch eine gute soziale Einrichtung . . . Weißt du was? Ich werde hingehen und die Bescheinigung besorgen!“
„Ja, geh nur hin!“ rief Frau Kortner aus. „Sieh es dir genau an! Damit es dir zur Warnung dient! Damit du alles vermeidest, was dich selbst dorthin bringen könnte! Ich meine, wenn du . . .“
Sabine lächelte. „Beruhige dich doch. Und denk daran, was du mir versprochen hast. Du wolltest mich nie mehr bevormunden . . .“ Und dann sagte sie etwas, was sie früher nicht gewagt hätte: „Ich weiß nicht, wann ich heute nach Hause kommen werde. Mach dir also keine Sorgen. Und bitte, warte auch nicht auf mich . . .“
Sie hörte den tiefen Seufzer, den ihre Mutter ausstieß, und