Der arme Konrad. Roman aus dem großen Bauernkrieg von 1525. Rudolf Stratz

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Der arme Konrad. Roman aus dem großen Bauernkrieg von 1525 - Rudolf Stratz


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Bauern hätten überall am Neckar und im Odenwald angefangen zu rumoren, seien hinausgezogen, in Sinn und Meinung, ihren Landesfürsten und Herrn samt aller Ritterschaft zu erschlagen und zu erstechen. Da bittet er mich um Gottes willen, ich sollt’ ihm Hilfe senden, nach Weinsberg, wo sich seine Ritter unter dem Grafen Helfenstein sammeln. Ich aber kann’s nicht. Mir tun Mann und Pferd hier selbst not.“

      „Und da, meinen Euer Gnaden, sollt’ ich von meinem Hause nach Weinsberg reiten?“

      „Des wär’ ich von Herzen froh!“ versetzte der Pfalzgraf und wies auf drei junge Edle, die höfisch geputzt, Haupthaar und Bart nach welscher Art gekräuselt, mit verwegenem Lächeln die Treppe des Goldenen Bären herabstiegen. „Ihr mit Euren Schwähern da, den drei Heerdegen, und Euren Reisigen seid ein stattlicher Ritterzug, an dem die zu Weinsberg meinen redlichen Willen erkennen. Und Euer Schloss ist fest genug, dass es indessen eine Handvoll Knechte gegen die Bauern verwahrt!“

      Der Wolframsteiner machte ein missmutiges Gesicht. „Es ist keine Ehr’ an dem schlechten Bauernvolk zu holen, Euer Gnaden!“ sprach er, „und einem alten Kriegsmann ist solch leichtfertiges Gesindel ein recht dummer Feind. Mir will’s nicht eingehen, dass ich mich nach Weinsberg heben soll. Bin nicht mehr lustig zum Kriegen! Hab’ ein junges Weib. Die hütet ein verständiger Mann vor jungem Gesind und hält sie unbeschrien!“

      „Ein verständiger Mann traut seinem Weibe!“ Sehr überzeugend klang die Stimme des liederlichen jungen Fürsten nicht.

      „Ich trau’, so weit ich schau’!“ Der Blick des Freiherrn streifte flüchtig Madlene. „Ich bin bei Jahren. Manch junger Gesell ist vor mir Tods verfahren, hat mit der Haut bezahlt, in einer schlechten Herberg’ drüben bei den Reisläufern oder anderswo. Aber solch flinker Gesellen vom Adel gibt es mehr!“

      „Ei — das lasst Euch nicht verdriessen!“ lachte der Pfalzgraf. „Jetzt ist nicht die Zeit dazu geschickt, in währender Bauernnot!“

      „Es findet doch einer seinen Weg!“ beharrte Herr Wolfgremlich. „Gleich ist er da, läuft auf dem Seil und scharmuziert im Frauenzimmer. Die Weiber wollen ja immer besondere Moden und Manier. Da muss es abenteurig zugehen. Dazu bin ich zu alt. Und sind solch Gäste zu erwarten, so tut ein freundlich Aufsehen und Aufpassen ganz wohl!“

      „Also bleibt zu Haus!“ sagte der Pfalzgraf achselzuckend. „Lasst Euch vom Küchenbub den Löffel bringen und tut Euren Schlaftrunk im Frauenzimmer. Was es unterdem für eine erschreckliche Gestalt da draussen hat, das darf Euch dann nicht scheren!“

      „Doch, Euer Gnaden!“ Des Freiherrn finstere Züge röteten sich im Unmut. „Der Bauern Aufruhr liegt mir schwer an und ich bin kein hinkend Pfäffle, zieh’ nicht die Hosen herab und lass’ Schwarzwald und Feierabend sehen, wenn das Feindsgeschrei ausgeht. Was Ihr mich heisst, das tu’ ich nicht gern, aber ich tu’s. Will meine Frau wohl im Hause Wolframstein verwahren, dass kein Bauer seinen Grind hineinsteckt, und dann auf Weinsberg reiten, so rasch die Pferde laufen und ...“

      Eine plötzliche Bewegung Madlenes liess ihn verstummen. Als sei ihr ein Geist erschienen, starrte sie, im Sattel zurückfahrend, vor sich auf den Markt.

      Ein fremder Ritter stand da neben seinem abgetriebenen, von Schmutz und Schweiss befleckten Gaul. In den verblichenen Wettermantel gehüllt, mit beiden Händen auf das rostige Schwert gestützt, schaute er sie unverwandt an, und ein wildes Lächeln lag über seinen bartlosen Zügen.

      Ein Gemurmel und Gegrolle des Erstaunens lief über den Platz.

      Der Kurfürst wandte sich zum Landschad. „Wer ist der Mann?“

      „Ein landflüchtiger Ritter, Euer Gnaden!“ sprach der pfälzische Rat. „Trug seinen Burgstall Trughof am Neckar von der Pfalz zu Lehen und hat sich in die Sickingenschen Händel eingelassen. Kam solcher Art in Acht und Bann und tat sich auf und davon in die Schweiz. Weiss nicht, was er seitdem getrieben. Meint’, er sei schon tot!“

      „Nun gedenk’ ich’s wohl!“ Pfalzgraf Ludwig liess sein Auge in strenger Prüfung auf dem Trughofer ruhen. „Was wollt Ihr hier, Ritter?“

      Felix von Trugenhoffen hatte sein Schwert auf das Pflaster gelegt und trat vor den Landesherrn hin. „Meinen Herrn such’ ich! Ich will Busse tun!“

      Der Kurfürst runzelte die Stirn. „Wie lange seid Ihr landflüchtig?“

      „Ein Jahr!“

      „Und wo waret Ihr selbe Zeit?“

      „Bin kreuz und quer dahingezogen!“ sprach Ritter Felix gleichgültig. „Hab’ in vieler Herren Ländern umsonst meine Fortune gesucht.“

      „Man sieht’s Euch an!“ sagte der Pfalzgraf und schaute dem Trugenhofer forschend in das abgezehrte, wettergebräunte Gesicht mit den grossen, dunklen Augen.

      Dem klugen Landschad entging die Wandlung in den Zügen des Pfalzgrafen nicht. „Herr,“ sagte er, „das ist kein Quidam und gemeiner Reiter, sondern ein Guter vom Adel, wohlberedt und einschlägig, in allen Sätteln zu Schimpf und Ernst vor anderen zu brauchen!“

      „Und wunderbar starken Leibes ist er,“ pflichtete der von Affenstein bei. „Wisset, Habern, der Ritter steht Euch für drei Reisige im Feld!“

      „Und uns tun Reisige wahrlich not!“ murmelte der Marschall, ohne seinen Herrn anzuschauen.

      Doch der Kurfürst hatte seinen Entschluss schon gefasst. „Felix von Trugenhoffen,“ sagte er rauh, „Ihr kommt zu guter Stunde, da vor der gemeinen Not alles andere schwindet. Euch ist verziehen! Seid mein Lehnsmann, wie zuvor!“

      Ritter Felix hob sein Schwert auf. „Ich danke Euer Kurfürstlichen Gnaden! So nehm’ ich den Burgstall Trughof wieder von Euch zu Lehen und schwöre Euch Treue und Gehorsam als ein Freier vom Adel!“

      Pfalzgraf Ludwig neigte das Haupt. „Den Gehorsam könnt Ihr gleich bekunden. Der Wolframstein, der da vor Euch hält, der reitet mit seinen Schwähern und seinem reisigen Zeug noch vor Mittag gen Weinsberg, um Stadt und Burg vor Jäcklein Rohrbach und seinen aufrührerischen Buben bewahren zu helfen. Da mögt auch Ihr —“

      „Nein, Herr!“ Der von Trughoffen richtete sich finster auf. „Ich will nach Weinsberg reiten Tag und Nacht, wie Ihr befehlt, aber nicht mit dem Wolframsteiner!“

      „Und warum nicht?“

      Ritter Felix schwieg. An seiner Stelle nahm der Recke ihm gegenüber das Wort. „Dass es Seine Gnaden wissen!“ höhnte er. „Nicht um Urfehd’ zu schwören, ist der Trughöfer zurückgekommen und nicht, um sein geringes Burgstädlein wieder aufzurichten, sondern um Madlenes willen, meiner Hausfrau! Tut mir leid, dass er dasteht. Ich hab’ nicht anders gewusst, als er sei längst abgestorben.“

      „So war die gemeine Rede überall!“ sprach der Affensteiner.

      Ritter Felix lachte. „Ich bin von den Toten aufgestanden!“ sagte er. „Hab’ im Grab nicht können schlafen, dahin die Heerdegen mich haben stecken wollen und gelogen in ihren Hals hinein ...“

      „So waren wir berichtet!“ schrie Hans Daniel. „Zu Basel in der Herberg’! ...“

      „Jawohl, zu Basel in der Herberg’,“ sprach der fahrende Ritter. „Da sass einer vom Adel ...“

      „... ein kleinfüger armer Mann ...“ höhnte der Wolframsteiner, „trägt die Harfe im Wappen und sonst nichts ... ein schlechter Verdorbener vom Adel ... mit den Sickingenschen und aller Fürsten Feinden stets ein Kuchen und Eier ... nimmt noch einmal eine schimpfliche Kappe ...“

      „Selber Geselle vom Adel,“ fuhr Ritter Felix fort, „hat von dem Blasius Schmidt, einem alten fröhlichen Mann am Rhein, in der Herberg’ gehört: Der Heerdegen Sach’ steht der Gestalt und Gelegenheit nach wohl. Die haben ihre Schwester dem Wolframstein ins Haus gegeben, — sie hat wollen oder nicht, da war nicht viel Erbarmen, ob sie sich auch ganz übel gehub und befand, ihr sei der bittere Tod lieber als solch alter keinnutziger Schwab’ vom Wolframstein, der all seine Zeit und Datum nur noch auf den Wein gestellt hat ...“

      „Hol’


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