WILDER FLUSS. Cheryl Kaye Tardif

Читать онлайн книгу.

WILDER FLUSS - Cheryl Kaye Tardif


Скачать книгу
sind?«

      »Schauen wir mal, was er ausspuckt, wenn ich nach einem der Forschungsthemen Ihres Vaters suche.« Er blickte von der Tastatur auf. »Bevorzugen Sie Miss Hawthorne oder Delila?«

      »Du. Nenn mich Del. Alle tun das.«

      »Okay, Del. Der Computer könnte ein paar Minuten brauchen, alle Dateien zu durchsuchen. Warum gehen wir nicht einstweilen in die Lounge und genehmigen uns einen Kaffee?«

      Sie drehten sich simultan mit ihren Stühlen herum, sodass ihre Knie aneinanderschlugen.

      Jake sah sie entschuldigend an.

      »Sorry. Ladys first.«

      Sie stand auf und folgte ihm dann.

      »Hast du meinen Vater gekannt?«

      »Ja, er war ein großartiger Kerl. Wir haben an einigen Projekten zusammengearbeitet. Du bist ihm sehr ähnlich.«

      »Ist das etwas Gutes?«

      Er warf ihr ein schelmisches Lächeln zu.

      »Oh ja. Sehr gut.«

      Peinlich berührt sah sie zur Seite.

      »Also, willst du mir erzählen, warum du hier bist, Del?«

      Sie dachte an Schroeders warnende Worte. Keine Polizei. Nun, Jake war zwar nicht die Polizei, aber konnte sie ihm vertrauen? Sie hatte bereits Moran wissen lassen, dass sie davon überzeugt war, ihr Vater sei noch am Leben. Das könnte sich noch als großer Fehler erweisen.

      Glücklicherweise war niemand sonst in der Lounge. Die pastellig-beigefarbenen Wände waren kahl, bis auf ein paar vereinzelte, recht bunte Bilder, die wohl jemand in einem Versuch aufgehängt hatte, den Raum gemütlicher machen zu wollen. Auf den kaffeebefleckten Laminattheken standen eine Reihe kleinerer Haushaltsgeräte, darunter auch eine uralte Mikrowelle – vielleicht die erste, die überhaupt gebaut worden war. In der Ecke rumpelte und rumorte ein alter Kühlschrank und pfiff wahrscheinlich schon aus dem letzten Loch.

       So viel zu fortschrittlicher Technologie.

      »Du bräuchtest dringend einen Besuch von Einsatz In Vier Wänden

      »Hey!«, schmollte Jake. »Den Raum hab ich selbst dekoriert.«

      »Häng bloß nicht deinen Beruf an den Nagel.«

      »Ha, ha«, erwiderte er trocken. »Hat dir schon mal jemand gesagt, dass du wie Samsons Delila bist? Einem Mann die Haare oder sein Ego zu stutzen – es läuft auf dasselbe hinaus.«

      Sie musste über seine gekränkte Reaktion lachen.

      »Was ist denn das auf den Bildern?«

      »Nanomaschinen.«

      Sie sah ihn befremdet an.

      »Extrem winzige elektromechanische Einheiten. Computer. Programmiert mit verschiedenen Funktionen, wie der Reparatur von molekularen Anomalien oder Dysfunktionen. Sie werden auf nanoskopischer Ebene konstruiert und sind mit bloßem Auge nicht zu erkennen.«

      »Schwierig, sich einen so derart kleinen Computer vorzustellen.«

      »Dein Vater hatte an ein paar Projekten gearbeitet, die mit Nanotechnologie zu tun hatten, aber besonderes Interesse hatte er an Erbkrankheiten. Ich war sehr bestürzt, von seinem Tod zu hören. Wir alle waren es.«

      Del zuckte.

       Er lebt aber noch!

      »Warst du hier, als in das Labor eingebrochen wurde?«, fragte sie.

      »Ja, aber ich war in einem anderen Teil des Gebäudes beschäftigt. Es war schon spät, vielleicht kurz vor dreiundzwanzig Uhr. Ich begreife immer noch nicht, wie es jemand schaffen konnte, an der Security vorbeizukommen. Alle Türen sind über Nacht abgeschlossen und mit einem Code gesichert.«

      »Also sind die Einzigen, die hineingelangen können, diejenigen mit den Codes?«

      »Oder einem ID-Pass.«

      Jake hielt eine kleine Karte hoch, identisch mit der, die auch Moran benutzt hatte.

      »Hat die Security denn gar nichts gesehen?«

      »Doch … einen Geist.«

      Erschrocken fuhr ihr Kopf hoch.

      »War nur Spaß«, lachte er. »Nein. Es gab einen Fehler im Computersystem. Es zeigte an, dass Neil Parnitski sich eingeloggt hätte.«

      »Parnitski? Aber das kann nicht sein. Man hat seine Leiche gefunden, als mein Vater verschwand.«

      »Jemand könnte seine Passkarte an sich genommen haben … falls er sie damals bei sich hatte. Allerdings sind unsere Karten nicht gekennzeichnet. Es steht nicht einmal Bio-Tec darauf. Ein Fremder in den Wäldern hätte nicht die leiseste Ahnung, was diese Passkarte entsperren könnte.«

      Del biss sich auf die Lippe.

       Aber jemand, der mit Parnitski unterwegs war, schon.

      Dieser Gedanke beunruhigte sie. Sollte ihr Vater wirklich am Leben sein, warum sollte er in das Labor einbrechen und seine eigenen Daten stehlen? Und warum würde er dann zum Nahanni zurückkehren und sein Leben in Gefahr bringen? Nichts ergab hier einen Sinn.

      »Der Computer sollte nun fertig sein«, bemerkte Jake gelassen. »Sehen wir mal, was er so zu sagen hat.«

      Nachdem sie ihm wieder zurück ins Labor gefolgt war, las sie die Meldung auf dem Bildschirm.

       Keine Dateien gefunden!

      Sie hätte losheulen können. Der leere Ordner mit dem Namen ihres Vaters war der einzige Beweis dafür, dass er überhaupt einmal für Bio-Tec gearbeitet hatte. Es war fast, als hätte man ihn … ausgelöscht.

      Jake presste die Lippen zusammen.

      »Tut mir leid, Del.«

      »Ich war mir so sicher, dass ich hier irgendetwas finde. Arnold Schroeder hat es zumindest behauptet.«

      »Was genau hat er dir denn erzählt?«

      »Er hat irgendetwas über Bio-Tec daher gebrabbelt. Über … ich weiß nicht.«

      Frustriert griff sie nach ihrer Handtasche und zog ihren Notizblock heraus. Sie blätterte, bis sie zu ihrer Notiz von Schroeders Anruf kam, und zeigte sie Jake.

      »Du musst … Ker … Bio-Tec«, las er vor. »Gehe zurück. Nimm Ker … gan.«

      Del schlug sich an die Stirn.

       Natürlich, ich Dummkopf! Nimm Kerrigan!

      Ihr Kopf schnappte in Jakes Richtung. Sein feines, doch markantes Gesicht hatte einen konfusen Ausdruck angenommen.

      »Jake, Schroeder behauptet, mein Dad sei immer noch am Leben – irgendwo am Nahanni River.«

      »Nach all der Zeit?«

      »Ich weiß, das klingt unmöglich, aber ich glaube ihm. Hat Schroeder denn überhaupt nichts zu dir gesagt, als du im Krankenhaus bei ihm warst?«

      »Nicht ein Wort, Del. Als ich seine Krankenakte zu Ende gelesen hatte und in sein Zimmer ging, hatte er bereits seinen Herzstillstand erlitten. Als ich ihn wieder verließ, war er ohne Bewusstsein. Sein Blutbild habe ich von hier ausgewertet.«

      »Wie nah hast du meinem Dad gestanden? Ich meine, es muss doch irgendeinen Grund geben, weshalb Schroeder denkt, ich solle dich nehmen.«

      Er blinzelte nervös. »Mich wohin nehmen?«

      »Zum Nahanni River. Meinen Dad finden. Schroeder denkt, du solltest mit mir kommen. Vermutlich, weil mein Dad dir vertraut hat.«

      Sie hielt einen Moment inne.

      Vielleicht lag sie ja falsch.

      »Er hat dir doch vertraut, oder nicht?«

      Jakes


Скачать книгу