WILDER FLUSS. Cheryl Kaye Tardif

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WILDER FLUSS - Cheryl Kaye Tardif


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geleistet hatte. Wenn es nach ihm ginge: Er war Bio-Tec Kanada. Die zahlreichen Doktoren und Experten waren lediglich die Mäuse in seinem Labor, die durch Labyrinthe rannten und nach Ergebnissen suchten. Er war derjenige, der ihnen die Prämien für gute Arbeit übergab. Natürlich labte er sich auch hin und wieder an diesen Prämien – wann immer er damit durchkommen konnte.

      Er schritt an Jake vorbei und kniff die Augen zusammen, als er sah, dass der Doktor einen flüchtigen Blick auf das Hauptterminal des Computers warf. Das Letzte, was er gebrauchen konnte, war ein Jake, der in den Dateien und Ordnern herumschnüffelte.

       Cool bleiben. Er ist ein Doktor, kein Computergenie.

      Widerwillig trat Edward durch die automatischen Türen. Er war gerade auf dem Weg zu seinem Büro, als sein Pager piepte. Von der Nachricht aus der Bahn geworfen, fluchte er laut und eilte zum Hauptempfangsbereich.

      Er sah Delila, bevor sie ihn bemerkte.

      Lawrence Hawthorne hatte eine wahre Schönheit geschaffen, aber da war etwas an der Frau, das Edward ganz und gar nicht mochte. Nicht nur ihr Selbstvertrauen war einschüchternd, dem Anschein nach war sie auch völlig immun gegen seinen Charme.

       Was zum Teufel will sie jetzt schon wieder?

      Er bemerkte einen Funken Zorn in ihren blauen Augen, als sich ihr Blick auf ihn heftete. Seine Zunge huschte über seinen Mund – dieses Mal aus schierer Nervosität. In ihrer Gegenwart musste er äußerst vorsichtig sein.

      »Haben Sie gestern wohl etwas vergessen?«

      »Ich habe noch ein paar weitere Fragen an Sie, Mr. Moran. Ihr Büro?«

      Edward konnte ihre brüske Art nicht ausstehen. Er schnaubte empört und stapfte in sein Büro. Dann schloss er die Tür hinter ihnen und kam unmittelbar zur Sache.

      »Während ich durchaus verstehen kann, dass es Ihnen schwerfällt, den Tod Ihres Vaters zu akzeptieren, hoffe ich doch auch, dass Sie verstehen können, dass ich ein viel beschäftigter Mann bin. Wir befinden uns inmitten eines riesigen Forschungsproj…«

      »Ich bin nicht hier, um über Ihre Forschung zu plaudern. Ich will wissen, wo die Dateien meines Vaters sind.«

      Er konnte die Dreistigkeit dieser Frau nicht fassen.

      »Das ist Eigentum von Bio-Tec! Alles, was Ihr Vater hier erarbeitet hat, gehört dem Unternehmen. Das sollten Sie eigentlich wissen.«

      »Es könnte der einzige Weg sein, wie ich ihn finde.«

      Was konnte er nur sagen, um sie sich und Bio-Tec vom Hals zu schaffen?

      Er stand abrupt auf.

      »Folgen Sie mir.«

      Als sie das NB-Labor erreichten, zog er eine kleine Karte durch einen dafür vorgesehenen Schlitz neben einem Nummernblock, drückte eine Taste und bat Del hinein. Er nahm sie am Arm und steuerte auf das Hauptterminal des Computers zu.

      »Hier hat Ihr Vater vor sieben Jahren gearbeitet. Seitdem hat sich einiges verändert.«

      Verdammt! Jake, dieser Volltrottel, saß am Computer mit dem Rücken zu ihnen.

      Edward hielt inne. »Vor ein paar Jahren wurde hier eingebrochen. Ein Großteil der Unterlagen Ihres Vaters wurde gestohlen. Seine Dateien wurden gelöscht.«

      Die Frau sah ihn argwöhnisch an, sagte aber kein Wort.

      »Natürlich war mir bewusst, Sie würden mir nicht glauben, deshalb habe ich Sie hierher gebracht, um es Ihnen zu demonstrieren. Habe ich das getan, erwarte ich von Ihnen, Sie hier so schnell nicht mehr zu sehen. Verstehen Sie mich, Miss Hawthorne?«

      »Oh, ich verstehe Sie sehr gut.«

      Die Intensität ihres stechenden Blickes brannte ein Loch durch seinen Schädel und er war derjenige, der als Erster wegsah.

      ***

      Del kämpfte mit zahlreichen Gedanken, erbost über Edward Morans Benehmen. Die Dateien ihres Vaters mochten gelöscht worden sein, doch Schroeder hatte versucht, ihr mitzuteilen, dass es da irgendetwas bei Bio-Tec gab. Alles, was sie tun musste, war herauszufinden, was es war.

      Moran tippte dem Doktor am Computer auf die Schulter, beugte sich leicht nach vorne, um ihm etwas zu sagen, und bedeutete ihm, sitzen zu bleiben.

      »Delila Hawthorne, das ist Jake. Es wird ihm ein Vergnügen sein, Ihnen den persönlichen Ordner Ihres Vaters zu zeigen.«

      Als sich der Mann auf dem Stuhl umdrehte, fand sie sich dem attraktiven blauäugigen Doktor aus dem Riverview gegenüber. Schroeders Spezialist.

       Mr. Groß, Dunkel und Ach-so-sexy.

      Sie hatte Mühe, sich wieder zu fangen. Ach du Scheiße!

      Der Mann schien ebenfalls erstaunt. »Wir kennen uns. Flüchtig.« Er streckte ihr seine Hand entgegen. »Jake Kerrigan, Wissenschaftler und Doktor. Wie geht es Ihnen heute?«

      Sie gab ihm die Hand, zog sie danach aber, etwas benommen von der elektrisierenden Berührung, schnell wieder zurück. »Bestens.«

      »Das freut mich zu hören«, entgegnete der Doktor keck. »Nehmen Sie Platz.«

      »Danke, Dr. Kerrigan.«

      Kaum waren die Worte gesprochen, hielt sie inne.

      Kerrigan. Warum kam ihr das nur so bekannt vor?

      Schroeders Ärztin im Krankenhaus hatte den Spezialisten nicht beim Namen genannt. Da war sie sich sicher.

      »Was für eine Art Spezialist sind Sie eigentlich?«

      Der Mann lächelte. »Ich bin auf Jugend spezialisiert. In einfachen Worten, ich erforsche den Alterungsprozess und Krankheiten, die mit Alterung zu tun haben, wie zum Beispiel Progeria. Wir haben in den vergangenen zehn Jahren einige faszinierende Entdeckungen gemacht.«

      »Sind Sie deshalb zu Arnold Schroeder?«

      »Ich habe ein paar Untersuchungen durchgeführt an Ihrem … Freund.«

      »Professor Schroeder war der Freund meines Vaters. Und mein Mentor.«

      Der Doktor machte ein überraschtes Gesicht. »Sie sind Anthropologin? Das hätte ich nie erraten.«

      Hinter ihr stieß Moran ein ungeduldiges Schnauben aus.

      Del faltete fest die Hände ineinander. »Dr. Kerrigan …«

      Da war sie wieder, diese seltsame Vertrautheit.

      »Jake«, bestand er. »Ich bin nicht so für Förmlichkeiten.«

       Meine Mutter würde dich hassen.

      Del merkte, wie Moran näherkam, bis sein ausladender Bauch gegen den Mahagonischreibtisch drückte. Er beobachtete jeden Schritt, den Jake auf dem Computer tat, aufs Genaueste. Als dem Doktor ein Dateneingabefehler unterlief und er noch einmal ein paar Schritte wiederholen musste, bedachten ihn Morans Knopfaugen mit einem verächtlichen Blick.

      »Ich lasse Sie beide dann mal alleine«, bedeutete er nach einer Weile. »Denken Sie daran, was ich gesagt habe, Delila. Ich erwarte, Sie hier nicht noch einmal zu sehen.«

      Er schritt in Richtung Tür davon.

      Was Del anging, hätte Edward Moran nicht früh genug gehen können. Irgendetwas an dem Mann gab ihr ein Gefühl, als krabbelte eine Armee roter Feuerameisen über ihren Körper.

      »Da haben wir’s ja«, sprach Jake und drehte den Bildschirm in ihre Richtung.

      Er öffnete einen Ordner mit dem Namen ihres Vaters.

      Er war leer. Nichts. Nicht eine Datei.

      Moran hatte recht. Jemand hatte die gesamte Arbeit ihres Vaters gelöscht.

      Aber warum?

      Sie starrte auf den Bildschirm, als wollte sie mit schierer Gedankenkraft


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