WILDER FLUSS. Cheryl Kaye Tardif

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WILDER FLUSS - Cheryl Kaye Tardif


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Blassblau.

      »Also, wie süß war dieser Kerl nun genau?«, fragte Lisa neugierig mit dem Mund voll Pizza. »Ich meine, war er Orlando-Bloom-süß oder vielleicht Harrison-Ford-süß?«

      »Eher Johnny-Depp-süß.«

      »Oh mein Gott!«

      »Nun, für genau den scheint er sich zu halten.«

      Lisa warf ihr einen wissenden Blick zu. »Und das tust du auch, Delila Bea Hawthorne. Ich weiß es.«

      Del spürte, wie ihr die Hitze ins Gesicht stieg. »Halt die Klappe und iss deine Pizza!«

      »Zeigst du mir nun dieses Buch oder nicht?«

      Del griff nach dem Notizbuch und legte es auf den Tisch.

      Lisa schlug es vorsichtig auf. »Was hat es mit all diesen Zahlen auf sich?«

      Eine Zeile lautete 943253 = 816331! Und die erste Zahl wiederholte sich immer wieder das ganze Buch hindurch. 943253.

      »Ich habe keinen blassen Schimmer.«

      Lisa setzte ein kritisches Gesicht auf. »Ein Künstler ist er ja nicht gerade.«

      »Nur weil du bei David C. Miller studiert hast, heißt das nicht, dass jedem diese Ehre zuteil wird.«

      Miller war ein international gefeierter US-Künstler der Marinemalerei und hatte Lisa unter seine Fittiche genommen. In zwei Wochen würde Lisas neuste Sammlung von Giclée-Leinwänden in der Imagine ausgestellt werden – einer der renommiertesten Kunstgalerien Kanadas. Die Medien berichteten bereits begeistert darüber und einige einflussreiche Leute hatten schon angekündigt, zu erscheinen. Auch Miller selbst und seine Gemahlin würden bei der großen Ausstellungseröffnung anwesend sein.

      »Das sieht wie ein Baum aus, Del. Mit zwei Hauptästen. Siehst du? Und dieses N bedeutet wohl, dass er durch die Bäume nach Norden gesehen hat.«

      »Wie zum Teufel soll ich meinen Dad damit nur finden?«

      »Der Professor sagte doch, dass alles dazu Notwendige in diesem Buch stehen würde, oder? Also. Dann wirst du schon noch dahinterkommen. Wann willst du überhaupt aufbrechen?«

      Del ließ die Schultern sacken. »Ich habe keine Ahnung. Ich muss noch Flugvorbereitungen treffen, aber das kann ich so lange nicht, bis ich ein paar Leute gefunden habe, die mit mir kommen.«

      »Du weißt, ich würde mitkommen, hätte ich nicht diese …«

      »Das verstehe ich voll und ganz, Lisa. Ich finde schon jemanden, um meinen Vater zurückzuholen. Sieh du nur zu, dass deine Ausstellung ein durchschlagender Erfolg wird.«

      »Was ist mit TJ?«, fragte Lisa zögerlich.

      Del hob eine Augenbraue. »Was soll mit ihm sein?«

      »Du weißt, er würde alles für dich tun. Noch dazu ist er ein ausgezeichneter Rafter.«

      »Ja, und ein ausgezeichneter Lügner.«

      »Hast du Julie schon mal wieder gesehen? Sie sieht aus wie ‘ne Kanonenkugel.«

      Lisa formte mit den Händen einen riesigen Babybauch und bemerkte dann Dels Miene.

      »Oh, Scheiße, Del. Es tut mir leid.«

      »Mach dir keine Gedanken. Wie man sich bettet, so liegt man – bei TJ im wahrsten Sinne des Wortes. Ich hoffe, er ist glücklich mit ihr. Und dem Kind. Er wollte schon immer eine große Familie.«

      Sie klappte das Notizbuch zu und bedeutete damit das Ende der Unterhaltung.

      »Möchtest du Popcorn mit Butter oder Käse, meine Liebe?«

      Lisa sah sie mit großen, unschuldigen Augen an. »Ach, warum denn nicht beides?«

      Del prustete.

      Wenn es eine Sache gab, die Lisa auszeichnete, dann war es die Gabe, Del zum Lachen zu bringen.

      »Wenn ich dich und deinen Humor nicht hätte, Lisa.«

      Sie sahen sich zwei Jackie-Chan-Filme in Folge an, stopften sich mit Popcorn voll und leerten zwei Sixpacks Bier. Dann trat Lisa auf dem Sofa weg, sanft schnarchend.

      Als Del in ihr Bett kroch, war jeglicher Kummer vorerst vergessen.

      ***

      Unendlich viele Gedanken rasten ihr durch den Kopf, als sie am nächsten Morgen aufwachte.

      Wie konnte sie nur irgendjemanden davon überzeugen, sich mit ihr auf eine wahnwitzige Reise den Nahanni River hinunterzubegeben? Die Leute würden denken, sie wäre komplett übergeschnappt, sobald sie ihnen von ihrem Vorhaben erzählte, sich auf die Suche nach ihrem tot geglaubten Vater zu machen. Und wer, der sich eines einigermaßen gesunden Menschenverstandes erfreute, würde sie begleiten in dem Wissen, dass sie nicht die leiseste Ahnung hatte, wo ihr Vater stecken könnte, und nicht mal einen Beweis dafür, dass er tatsächlich noch am Leben war?

       Vielleicht sollte ich TJ doch fragen …

      Frustriert schlug sie ihre Bettdecke zur Seite und lauschte nach dem vertrauten Klappern von Töpfen und Pfannen, das am Morgen für gewöhnlich zu hören war, wenn Lisa über Nacht blieb.

      Aus der Küche waren keine Lebenszeichen zu hören.

      Dels Magen knurrte rebellisch.

      Stöhnend vor Hunger schleifte sie sich aus dem Bett. Sie warf sich einen alten, blauen Morgenmantel über, schlüpfte in ihre Tweety-Plüschpantoffeln und flappte in den Flur.

      »Hey, Lisa!«, rief sie und fuhr sich mit den Fingern durch ihre widerspenstigen, kurzen blonden Locken. »Ist das Frühstück schon fertig?«

      Keine Antwort.

      Sie kam in die Küche, vorfreudig auf den betörenden Duft von gebratenem Speck und frisch gebrühtem Kaffee.

      Alles, was sie vorfand, war eine Haftnotiz an der Kühlschranktür.

       Mrs. Johnny Depp,

       ich habe dir etwas Kräutertee dagelassen. Eine Mischung mit afrikanischer Wurzelrinde. Soll Kraft verleihen und hilft, wenn du mal zu tief ins Glas geschaut hast. ☺

       Liebe Grüße, Lisa. XOXO

       PS: Ich habe TJ angerufen. Er sagt, klar kommt er mit.

      »Verräterin!«, murmelte Del.

      Sie sah in ihrer leeren Küche umher und erblickte Kayber, der an der Tür auf und ab ging. Sie warf ihm einen missmutigen Blick zu.

      »Sie hätte uns wenigstens etwas zum Frühstück machen können.«

      Lisas Tee stand auf dem Tresen in einer Tüte ohne Etikett.

      Del schnüffelte argwöhnisch hinein und hoffte inständig, ihre Wohnung würde nicht von einer Drogenrazzia heimgesucht werden.

      »Was auch immer hier drin ist, ist vermutlich kein Tee.«

       Und genauso wenig legal.

      Nur um sicherzugehen, goss sie sich eine Tasse davon auf.

      Im Anschluss brach sie auf zu Bio-Tec.

      Kapitel 3

      Es war bereits Jahre her, seit Del zum letzten Mal einen Fuß in Bio-Tec Kanada gesetzt hatte – das Unternehmen, in dem ihr Vater beschäftigt gewesen war und das in Schroeders Notizbuch erwähnt wurde. Es hatte sich nicht wirklich viel verändert. Selbst Annette Taylor war immer noch da.

      Die Augen der Rezeptionistin weiteten sich, als Del auf sie zukam.

      »Delila, welch eine Überraschung. Was machst du denn hier?«

      »Ich bin mir nicht ganz sicher, Annette. Wer hat inzwischen die Geschäftsleitung?«

      »Edward


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