Seewölfe Paket 23. Roy Palmer
Читать онлайн книгу.– besser als wir.“
„Das ist eine gute Idee“, sagte Ben Brighton sofort. „Los, holt Plymmie!“
„Sie ist schon hier“, meldete Araua. Sie hielt Plymmie an der Leine fest. Die Hündin schien zu spüren, was geschehen war, sie knurrte und zerrte an der Leine.
„Herrgott, warum hat sie nicht schon eher was bemerkt?“ fragte Bob Grey. „Dann wäre diese Schweinerei nicht passiert.“
„Sie hat auch geschlafen“, verteidigte Philip Plymmie. „Und sie kann schließlich nicht alles wittern. Carrero hat sich wohl auch sehr leise bewegt.“
„Das stimmt“, sagte Jack Finnegan, der eben wieder zu sich gekommen war und mit verzerrtem Gesicht den Hinterkopf betastete. „Er hatte bestimmt keine Stiefel an.“
„Dann müssen die noch in der Vorpiek sein“, sagte Ben. „Jeff, sieh mal nach!“
„Die Stiefel sind unten“, sagte Luke. „Ich habe sie selbst gesehen, zur Hölle noch mal!“
Jeff Bowie eilte nach unten. Ben gab unterdessen weitere Anweisungen.
„Von deiner Crew nehmen wir Montbars, Piet Straaten und George Baxter mit“, sagte er zu Jan Ranse, der von der Jolle zu ihm aufblickte. „Damit ist der Trupp komplett.“
„Aye, Sir“, sagten die Männer.
„Und jetzt hört gut zu. Wir müssen verhindern, daß Carrero Arica erreicht. Um jeden Preis.“
„Koste es, was es wolle!“ rief Shane. „Und wenn er doch Arica erreicht, schlagen wir ihn dort in den Gassen tot!“
Mac Pellew stieß plötzlich einen dumpfen Laut aus. Paddy Rogers stöhnte entsetzt auf. Jack Finnegan hatte die Augen verdreht und sank wieder in sich zusammen.
„Ben“, sagte Mac. „Beim Henker, was machen wir jetzt?“
„Tu doch was, Mac“, drängte ihn Paddy.
Ben lief zu ihnen und beugte sich ebenfalls über den Besinnungslosen. Jack war von dem Belegnagel mindestens genauso hart getroffen worden wie Luke, vielleicht hatte es ihn noch ein bißchen unglücklicher erwischt. Aber – konnte ein Mann von einem einzigen Knüppelhieb sterben?
Ben wußte, daß es möglich war. „Rück mal das Licht näher ran“, sagte er rauh zu Mac Pellew.
Mac bewegte die Öllampe, die sie auf die Planken gestellt hatten, näher auf Jack zu. Ben untersuchte vorsichtig die Platzwunde, die Jack am Hinterkopf hatte, und betrachtete das viele Blut, das ihm übers Gesicht gelaufen war. Schlimm sah das aus.
Luke Morgan hatte sich ebenfalls zu ihnen gesellt.
„So ein verdammter Mist“, sagte er immer wieder. „Das ist alles meine Schuld. So ein Mist.“
„Sei still“, sagte Ben, „und hör auf, solchen Quatsch daherzureden.“
Jeff Bowie hatte sich unterdessen in der Vorpiek umgesehen und griff nach den Stiefeln. Er eilte zurück zum Niedergang und kehrte mit polternden Schritten an Oberdeck zurück.
„Hier sind die Dinger!“ rief er.
„Aha“, sagte Shane. „Der Kerl ist also gewissermaßen barfuß. Dann können wir noch hoffen. Bei dem scharfen Felsgestein wird er sich die Füße blutig laufen.“
„Das wünsche ich ihm“, sagte Bob grimmig.
Die Zwillinge führten Plymmie heran und ließen sie an den Stiefeln riechen. Die Hündin senkte den Kopf und schnupperte. Sofort sträubten sich ihre Nackenhaare, und sie begann laut zu knurren und fletschte die Zähne.
„Es wirkt“, sagte Philip junior. „Sie hat die Witterung aufgenommen.“
Plymmie zerrte an ihrer Leine und wollte zum Schanzkleid. Sie zog Philip und Hasard, die jetzt beide zupackten, hinter sich her und schien immense Kräfte zu entwickeln. Sie strebte genau auf die Stelle zu, an der die Jakobsleiter hing – und Luis Carrero von Bord verschwunden war.
„Los geht’s“, sagte Big Old Shane, aber er wandte sich noch einmal Ben und den anderen zu, die bei dem ohnmächtigen Jack Finnegan knieten. „Ben, du bleibst am besten hier.“
Ben tauschte einen Blick mit ihm und nickte. „Einverstanden. Aber denk daran: Ihr müßt Carrero erwischen.“
„Ich denke an nichts anderes.“
„Du weißt, welche Konsequenzen sich ergeben, wenn er es bis nach Arica schafft.“
„Ja. Dann sind Hasard und die Männer des Trupps verloren.“
„Schießt den Spanier von mir aus nieder wie einen tollen Hund“, sagte Ben. „Sonst sehen wir Hasard und unsere Männer nie wieder.“
Al Conroy, Batuti, Blacky und die Zwillinge enterten in die Jolle ab. Batuti hatte sich Plymmie über die Schulter gepackt und hangelte mit ihr nach unten. Shane folgte ihnen und rutschte fast an der Jakobsleiter nach unten, so eilig hatte er es.
„Kommst du mit?“ fragte er Jan Ranse. „Oder sollen wir dich zum Schiff übersetzen?“
„Um noch mehr Zeit zu verlieren?“ Jan schüttelte den Kopf. „Ich bleibe hier. Mal sehen, ob ich irgendwie was für euren Jack Finnegan tun kann. Und für Luke Morgan.“ Mit diesen Worten schwang er sich bereits auf die Sprossen der Jakobsleiter.
Die Jolle legte ab, und die Männer pullten, als säßen ihnen sämtliche Teufel der Hölle im Nacken.
Das Bild, das sich Jan Ranse an Bord der „Estrella de Málaga“ bot, war schockierend. Luke Morgan taumelte blutüberströmt herum, Jack Finnegan lag – ebenfalls blutend – mit halb geöffnetem Mund wie tot auf den Planken der Kuhl. Ben, Mac und Paddy knieten bei Jack, und auch die anderen Männer näherten sich jetzt und bildeten einen Kreis um sie.
Jan kratzte sich am Kinn. Er wußte nicht, was er tun sollte. Ben war selbst ratlos. Er wünschte sich den Kutscher herbei, aber der war oben im Tacna-Tal und damit für ihn unerreichbar. Was konnten sie unternehmen, um Jack zu retten?
Wo war Araua? Jan Ranse blickte sich nach ihr um, konnte sie aber nirgends entdecken. Plötzlich erschien sie im offenen Schott des Achterkastells. Sie hielt etwas in den Händen – nasse Tücher. Damit eilte sie zu den Männern und verlangte mit leiser Stimme danach, durchgelassen zu werden.
Sie traten zur Seite, und Araua kniete sich neben Ben, Mac und Paddy.
Mac sah die Tücher und sagte: „Nutzt das was? Ich hab’ ihm doch schon ein paarmal das Blut abgewischt und Kampferpulver auf die Wunde gestreut. Was soll ich sonst noch tun?“
Araua antwortete nicht. Sie legte Jack ein nasses Tuch auf die Stirn und schob ihm ein zweites unter den Nacken.
„Nur abwarten“, sagte sie dann mit gedämpfter Stimme. „Und er darf nicht bewegt werden.“
Mac fühlte immer wieder den Puls des bewußtlosen Mannes. „Schwach, aber normal“, sagte er.
„Also stirbt er nicht, oder?“ fragte Paddy.
„Halt den Mund“, sagte Ben ungewohnt grob. „Das wissen wir noch nicht. Klar?“
„Aye, Sir“, murmelte Paddy betroffen.
Jan war nähergetreten. „Wie wär’s, wenn wir ihm was zu trinken geben würden? Brandy zum Beispiel.“
Araua sah nicht zu ihm auf, sagte aber: „Das wäre völlig falsch. Wir müssen nur warten.“ Ihre Lippen bewegten sich auch weiterhin, aber keiner verstand, was sie murmelte. Es waren Wörter ihrer Muttersprache, ein leises Gebet, an den Schlangengott gerichtet.
Jan Ranse mußte etwas unternehmen, er konnte nicht einfach nur so dastehen. Er packte Luke Morgan beim Arm und führte ihn zum Backbordniedergang, der die Kuhl mit der Back verband.
„So, setz dich da erst mal hin“, sagte er. „Du bist wohl verrückt, hier so rumzulaufen.“