Seewölfe Paket 20. Roy Palmer
Читать онлайн книгу.und das Klirren von Säbeln.
Mit halb verwunderter, halb mißtrauischer Miene wollte der Kerl auf die Galionsplattform treten. Doch plötzlich flog das Schott auf ihn zu und knallte gegen seine Stirn. Er stöhnte nur ganz leise, dann sank er zusammen.
Dan richtete sich hinter dem Schott auf. Er hatte genau den richtigen Moment abgewartet und den Kerl überrumpelt. Jetzt winkte er seinen Kameraden zu. Lautlos drangen sie in das Vordeck ein.
Nur Luke Morgan verharrte noch bei dem Bewußtlosen. Fast mitfühlend beugte er sich über ihn, betrachtete sein verzerrtes Gesicht und die Beule, die sich auf seiner Stirn zu bilden begann. Dann griff er ihm unter die Achseln und schleppte ihn zum Rand der Galion.
„Adios, Amigo“, murmelte er. „Ein Bad tut dir bestimmt gut, Hölle, wann hast du dich bloß das letzte Mal gewaschen?“
Marcela vernahm den Klatscher, mit dem ihr Kumpan in den Fluten verschwand.
„Da stimmt was nicht!“ zischte sie und griff unwillkürlich zum Messer.
„Doch“, brummte eine Stimme auf dem Gang. „Alles in Ordnung.“
„Na also“, sagte einer der Kerle neben Marcela. „Alles in bester Ordnung, du hörst es ja.“
Marcela wollte sich wieder dem Brandtopf widmen, der fast fertiggestellt war. Aber sie sollte ihr Werk nicht mehr vollenden. Dan – der Sprecher von eben – spazierte unverfroren und dreist in den Raum, tippte einem der hockenden Kerle auf die Schulter und knallte ihm die Faust unters Kinn, als dieser sich zu ihm umdrehte.
Der Kerl flog quer durch den Raum, prallte gegen die Wand und rutschte daran zu Boden. Die Buarcos und ihre Kumpane schrien auf, sprangen hoch und griffen zu den Waffen. Aber da waren schon Carberry, Blacky, Stenmark, der Kutscher, Matt Davies und alle anderen zur Stelle.
Ein heftiger Kampf entbrannte. Marcela stürzte sich auf Dan und versuchte, ihm das Gesicht zu zerkratzen. Fast schaffte sie es wirklich, doch dann traf sie eine schallende Ohrfeige, die sie auf Carberry zutaumeln ließ. Dan wandte sich dem nächsten Gegner zu – und der Profos durfte sich mit der kreischenden Hure befassen.
„Du Drecksack!“ schrie sie ihn an. „Du Lumpenhund! Bastard! Wer bist du? Wer schickt dich?“
„Der Teufel persönlich“, entgegnete er und packte sie.
Auch ihm wollte sie das Gesicht zerkratzen, aber er hielt sie wie in einem eisernen Zangengriff fest.
„Laß mich los!“ kreischte sie.
Carberry grinste und schüttelte den Kopf. „Tut mir leid, das geht im Moment nicht.“
„Wer bist du, Satan?“
„Das ist völlig unwichtig. Nenn mich den Jonas“, brummte er. „Ich kann hinter die Kimm blicken.“ Mit diesen Worten schleifte er sie in den Gang hinaus. „Ich weiß, was die Zukunft bringt. Ein schönes, erfrischendes Bad im großen, tiefen Teich.“
„Nein!“
„Doch!“
Marcela überschüttete den Profos mit den unflätigsten, lästerlichsten und gemeinsten Beschimpfungen.
Luke Morgan schlüpfte an ihnen vorbei.
„Brauchst du Hilfe, Ed?“ fragte er.
„Ich doch nicht.“
„Und wie sieht’s hinten aus?“
„Da gibt’s vielleicht noch ein bißchen was zum Aufklaren“, erwiderte Carberry und lauschte dem Klatschen der Schläge, dem Stöhnen, Fluchen und Poltern. „Aber viel scheint es auch nicht mehr zu sein.“
Er trug die zappelnde und strampelnde Marcela in die Morgenluft hinaus und blickte – ehe er sie losließ – zur „San Sebastian“ hinüber. Dort flogen die ersten Gestalten von der Galion ins Wasser. Hasard erschien und winkte ihm zu.
„Alles in Ordnung da drüben?“ rief er.
„Klar, Sir!“ brüllte Carberry zurück. „Aber was soll ich mit dem Weib tun? Soll ich ihr die Haut in Streifen von ihrem Affenarsch ziehen?“
„Es lohnt sich nicht, Ed!“
„Aye, Sir“, brummte Carberry. „Dann also ab mit dir.“ Er warf Marcela im hohen Bogen ins Wasser. Sie kreischte und strampelte, aber es nutzte alles nichts. Mit einem lauten Platschen landete sie in den Fluten und versuchte verzweifelt, sich über Wasser zu halten, wobei sie sich an ihrem Spießgesellen festklammerte, der kurz vorher von Luke „verarztet“ worden war.
Dan, Blacky und die anderen von der „Queen“-Mannschaft tauchten jetzt ebenfalls auf der Galion auf und schleppten die teils ohnmächtigen, teils völlig benommenen Meuterer heran. Einer nach dem anderen flog außenbords, und im Wasser traf sich die ganze fluchende Bande mit denen von der „San Sebastian“, die nun auch ausnahmslos „in der Pfütze“ badete, wie Carberry das nannte.
„Das hat was für sich“, sagte Dan. „So lernen sie wenigstens das Schwimmen.“
Verzweifelt versuchten die Meuterer, sich zur Küste hin in Sicherheit zu bringen – bevor die Haie erschienen. Hasard blickte ihnen von der Galion der „San Sebastian“ nach, dann enterte er die Back.
„Sie schaffen es“, sagte er. „Und sie können uns eigentlich noch dankbar sein, daß wir sie nicht getötet haben.“
Er führte die Hand zum Gruß an die Stirn und blickte zu Kapitän Gomez Rascón, der auf dem Achterdeck der „San Sebastian“ stand – neben Solares, dem Ersten Offizier, Elcevira, dem Steuermann, und den anderen Offizieren.
„Ende gut, alles gut, Señor!“ rief Hasard zu ihm hinüber. „Ich verabschiede mich von Ihnen!“
Auch Dan war auf dem Vordeck der „Almeria“ erschienen.
„Señor Capitán!“ rief er Juan Alentejo zu. „Ich wünsche Ihnen weiterhin eine angenehme Reise!“
Damit enterten beide, Hasard und Dan, wieder zu ihren Kommandos auf die Galions der Schiffe ab. Von hier aus sprangen sie in die Jollen, legten ab, pullten zur „Pommern“ und zur „Caribian Queen“ zurück und winkten den verdutzten, staunenden Spaniern noch einmal vergnügt zu.
Alle die Fragen, die Rascón, Alentejo und den Besatzungen auf der Zunge lagen, blieben ungestellt. Nachdem die Helfer, die so völlig unvermutet aufgetaucht waren, sich gehorsamst und höflich wieder von Bord gemeldet hatten, konnten die Spanier ihnen nur noch nachblicken und fortan herumrätseln, wer ihre Retter gewesen waren.
Sie erfuhren es nicht. Nur packte sowohl Rascón als auch Alentejo ein wenig das Gruseln, als wenig später die „Pommern“ und der düstere Zweidecker an ihnen vorbeisegelten – mit Kurs auf die Windward-Passage.
„Das müssen Freibeuter gewesen sein“, sagte Rascón.
„Engländer“, murmelte Alentejo. „Vielleicht Korsaren. Aber es hat keinen Sinn, weiter darüber herumzugrübeln.“
Wichtiger ist es, an Land zu gehen und Wasser zu fassen. Das taten die Mannschaften der „San Sebastian“ und der „Almeria“, aber erst, als Rascón und Alentejo sich davon überzeugt hatten, daß die Meuterer wirklich verschwunden waren und nicht mehr auftauchten.
Fierro, die Buarcos und die letzten Kerle der Banden krochen an Land und schlugen sich ins Innere der Insel Kuba. Sie hatten die Nase gründlich voll, von allem …
ENDE
Fred McMason
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