Seewölfe Paket 1. Roy Palmer

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Seewölfe Paket 1 - Roy Palmer


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Wenn sich herumspricht, daß wir dreißig Tonnen Silberbarren an Bord haben, dann ist auf diesem Schiff der Teufel los, und wir kommen aus den Schwierigkeiten nicht mehr heraus. Und nun zum Wichtigsten: Ab sofort verstärkte Wachen auf dem Schiff. Besonders abgesichert wird der Laderaum, in dem das Silber liegt und alle Niedergänge, die dorthin führen. Du, Ben, bist mir dafür voll verantwortlich. Weiter ordne ich an: Kein Fremder betritt das Schiff ohne meine ausdrückliche Erlaubnis, gleichgültig, wer er ist. Wenn nötig, wird das Betreten der „Isabella“ auch mit Gewalt verhindert. Haben wir uns in diesem Punkt verstanden?“

      Die drei Männer nickten, und Hasard prostete ihnen zu. Dann fuhr er fort: „Wachen ebenfalls an Backbord zur Wasserseite. Von dort erlebt man zumeist die übelsten Überraschungen. Jeweils vier Männer erhalten für zwölf Landurlaub. Teilt die Wachen also entsprechend ein. Alle Männer, die Wachdienst haben, werden mit Musketen bewaffnet. Ich hoffe, unser Pulver reicht noch aus.“

      Ein fragender Blick traf Ferris Tucker.

      „Reicht – nur fünf Karavellen, die sind nicht mehr drin ...“

      Ein befreiendes Lachen schallte durch die Kammer. Doch dann wurde Hasard wieder ernst.

      „Es wird schwierig sein, die Kontakte zur „Santa Cruz“ zu unterbinden oder zumindest auf ein Minimum zu beschränken, das ist mir klar. Achtet bitte trotzdem darauf, soweit das möglich ist. Richtet es so ein, daß immer einer von euch an Deck ist. Außerdem werden Smoky, Batuti und Blacky als Wachführer fungieren. Sollte ich von Bord gehen, werde ich immer hinterlassen, wo ich zu finden bin. So, das wär’s. Und wer etwas über unsere Silberladung ausplappert, dem ziehe ich persönlich die Haut vom Hintern.“

      Ben Brighton, Smoky und Ferris Tucker grinsten. Sie hoben ihr Glas und tranken Hasard noch mal zu, ehe sie seine Kammer verließen.

      Anschließend ging Hasard daran, für Francis Drake einen ausführlichen Bericht zu verfassen. Lediglich die Kassette und deren Inhalt sowie alles, was damit zusammenhing, erwähnte er aus Sicherheitsgründen nicht.

      Es war später Nachmittag, als er seine Kammer verließ und auf Deck trat. Er wußte nicht, daß er dabei sogleich von vier scharfen Augen beobachtet wurde.

      Neil Griffith stieß eine Verwünschung aus, als er den Seewolf sah. Längst hatten sich die beiden vom Wirt der „Mill Bay Inn“ eine zum Hafen gelegene Kammer zuweisen lassen, denn schließlich konnten sie nicht, ohne aufzufallen, ständig in der Kneipe am Fenster sitzen und zu den beiden Galeonen hinüberstarren.

      „Es ist wie verhext – sie bewachen diesen verdammten Kasten wie einen Kronschatz. Wenn das so weitergeht, möchte ich gern mal wissen, wie wir uns die Kassette schnappen sollen?“

      O’Moore wiegte den Kopf.

      „Nur mit der Ruhe, Neil“, sagte er. „Dieser Killigrew entwischt uns nicht. Er hat keine Ahnung, daß wir auf ihn lauern. Und wenn ich es mir recht überlege, würde ich an seiner Stelle ebenfalls verdammt aufpassen, wenn ich außer der Kassette noch obendrein dreißig Tonnen Silberbarren an Bord hätte.“

      Er sagte das beinahe in sanftem Tonfall, aber der Tonfall täuschte Neil Griffith nicht. Er kannte seinen Partner, mit dem er schon oft derartige Aufträge erledigt hatte, gut genug. O’Moore war mindestens so nervös und gereizt wie er selber, nur vermochte er sich wesentlich besser zu beherrschen.

      Trotzdem war diese stundenlange Warterei, dieses ständige Lauern, ermüdend. Und gerade wollte Neil Griffith aufstehen und sich aus der Kneipe etwas zu trinken holen, als plötzlich O’Moore aufsprang. Wie weggeblasen war seine eben noch zur Schau getragene Beherrschung.

      Mit einem Satz war Neil Griffith neben ihm.

      „He, was gibt es?“ fragte er und starrte aus dem Fenster.

      O’Moore deutete auf die Pier, an der die beiden Galeonen nebeneinander vertäut lagen. Eine prachtvoll verzierte Kutsche, die von vier Pferden gezogen wurde, rollte eben aus der Mill Bay Road heraus und bog auf die mit Kopfsteinpflaster bedeckte Pier.

      „Hier, nimm das Spektiv und beobachte alles, was an Bord der „Isabella“ geschieht. Ich werde mir die Sache aus der Nähe betrachten. Ich ahne, wer da eben eingetroffen ist. Wenn mich nicht alles täuscht, gibt es da unten gleich Schwierigkeiten.“

      Neil Griffith wollte noch eine Frage stellen, aber O’Moore hatte den Raum bereits verlassen. Er hörte seinen Gefährten die Treppe hinunterpoltern, dann erschien er auch schon auf der Straße.

      Es war ein leichtes für ihn, sich unter die Gaffer zu minschen und sich mehr und mehr nach vorn zu schieben. Als die Kutsche endlich vor den beiden Schiffen hielt, hatte er schon einen Platz eingenommen, von dem aus er alles nicht nur überblicken, sondern auch jedes Wort, das gesprochen wurde, recht gut verstehen konnte. Denn Patrick O’Moore, der Agent der spanischen Krone, hatte extrem scharfe Ohren.

      Ziemlich bald nach dem Einlaufen und Festmachen der „Isabella“ in der Mill Bay hatte sich Hasard bei dem Kapitän der „Santa Cruz“ melden lassen, neben der sein Schiff lag. Zu seiner Überraschung hatte er erfahren müssen, daß sich Kapitän John Thomas gegenwärtig nicht an Bord befinde, sondern für einige Tage zu seiner Familie nach Exeter gereist sei.

      Das war für Hasard eine üble Überraschung, denn er hatte mit Kapitän Thomas, der diese Prise auf Befehl von Francis Drake nach Plymouth gesegelt hatte, eine Lagebesprechung abhalten wollen. Und Hasard war am Rat dieses erfahrenen Mannes eine Menge gelegen. Denn immerhin hatte ihm Drake aufgetragen, Schiff und Ladung nach seiner Ankunft in Plymouth an Kapitän Thomas zu übergeben.

      Inzwischen hatte sich aber vieles geändert. Zunächst einmal war es Hasard gelungen, auf der Fahrt nach Plymouth selber ein spanisches Schiff, die „Barcelona“, aufzubringen und zur Prise zu machen. Zusammen mit der „Santa Barbara“, die Hasard befehligte, seit Drake ihm über dieses Schiff das Kommando übertragen hatte, waren sie in ein spanisches Geleit geraten. Wohl oder übel hatten sich die beiden Schiffe unter den mißtrauischen Blicken der den Konvoi umkreisenden Kriegsgaleonen dem Geleit anschließen müssen, wenn sie nicht Verdacht erregen wollten, was ihre sofortige Vernichtung zur Folge gehabt hätte.

      Erst auf der Reede von Cadiz, wohin der spanische Verband gelaufen war, glückte Hasard dann jener Piratenstreich, der die Spanier aufscheuchte wie der berühmte Stich ins Wespennest. Hasard kaperte tollkühn unter Anwendung einer Kriegslist die „Isabella von Kastilien“, ein Schiff, das schon wegen seiner Ladung von dreißig Tonnen Silberbarren einen ungleich höheren Wert besaß als die „Santa Barbara“ und „Barcelona“ zusammen.

      Es war Hasard jedoch völlig unmöglich, die „Santa Barbara“, die ihm von Drake anvertraute Prise, und die „Barcelona“ ebenfalls zu behalten. Im Gegenteil, er gab diese beiden Schiffe nicht nur auf, sondern setzte sie tollkühn als Brander gegen die spanischen Kriegsgaleonen ein, die der nun von ihm gekaperten „Isabella“ den Weg in die offene See versperrten. Das Unternehmen glückte. Die überraschten Spanier kamen nicht einmal dazu, eine wirksame Verfolgung einzuleiten.

      Erst viel später gerieten dann durch dramatische Ereignisse jene streng gehüteten Seekarten der Neuen Welt in Hasards Hände.

      Und jetzt lag er hier in Plymouth, in der Mill Bay, aber kein Mensch war da, der ihm hätte sagen können, was weiterhin mit Schiff und Ladung geschehen sollte. Für Hasard war jedenfalls klar, daß eine Übergabe der „Isabella“ samt Ladung und Seekarten nur an Francis Drake persönlich erfolgen würde. Aber auch dieser Entschluß änderte nichts daran, daß Hasard sich reichlich unwohl in seiner Haut fühlte. Und so beschloß er, zunächst einmal die Rückkehr von Kapitän John Thomas abzuwarten, um mit ihm über alles zu reden. Denn Thomas besaß das Vertrauen Drakes in hohem Grade.

      Hasard stand auf dem Achterkastell und sah seinen Leuten zu, wie sie das Schiff nach der langen Reise aufklarten und es vom Kiel bis zum Topp in Schuß brauchten.

      Neben Hasard stand Ben Brighton. Immer wieder schweiften seine Blicke über den Hafen und die Pier, an der sie und die „Santa Cruz“ lagen. Ben Brighton kannte sich in Plymouth aus wie kaum ein anderer. Und er war es auch, der sofort die schwere Karosse bemerkte, die eben über das Kopfsteinpflaster


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