Seewölfe Paket 1. Roy Palmer

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Seewölfe Paket 1 - Roy Palmer


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Verzierungen an der Karosse. „Das ist einer, der bei Hof nicht ohne Einfluß ist. Ich bin gespannt, was der von uns will!“

      Hasard war herumgefahren und starrte die Karosse an. Tausend Gedanken wirbelten durch seinen Kopf. Er wußte um die Intrigen, die bei Hof gesponnen wurden, und er wußte auch, daß man sich vor jenen Höflingen, die oft genug über eine bedrohliche Macht verfügten, sehr in acht zu nehmen hatte.

      Er sah Ben Brighton an.

      „Du empfängst den Burschen, Ben. Du kennst dich mit dieser Sorte doch aus, oder nicht?“

      Ben Brighton nickte und ließ dabei die Karosse nicht aus den Augen.

      „Aber du läßt den Kerl oder auch seine Begleiter nicht weiter als bis aufs Quarterdeck. Ich werde mich hier auf dem Achterkastell aufhalten. Je nachdem, wie es sich ergibt, greife ich dann ein.“

      Hasard hatte diese Worte hastig hervorgestoßen, denn die Karosse stoppte neben der direkt an der Pier liegenden „Santa Cruz“.

      Ihre Türen klappten auf, und zwei Männer entstiegen der Karosse, die respektvoll einem dritten heraushalfen.

      „Ach du heiliger Satan!“ entfuhr es Ben Brighton unwillkürlich, als er den dritten Mann erkannte.

      Dieser Mann war schlank, hatte ein farbloses, glattes Gesicht, einen Spitzbart und war tadellos gekleidet. Seine Füße steckten in sogenannten „Kuhmäulern“, breiten Schuhen, die von den Vornehmen und Reichen bevorzugt wurden. Er trug eine beinenge, seidene Strumpfhose, darüber eine kurze Hose – eine der sogenannten Kürbishosen kostbarster Ausführung in Kugelform und mit Roßhaar gepolstert. Sein Leib wurde von einem Schoßwams umschlossen, darüber befand sich ein saloppes kurzes Cape und auf dem Kopf saß ein schmalkrempiger Filzhut, an dem eine Straußenfeder im Wind wippte. An der Hüfte hing in einem Wehrgehänge ein zierlicher Stoßdegen. Der Mann erweckte durchaus den Eindruck, als wisse er mit dieser Waffe auch umzugehen.

      Seine beiden Begleiter trugen ebenfalls Degen. Auch sie waren gut gekleidet, aber deutlich erkennbar minderen Ranges.

      Hasard war der Ausruf seines Bootsmanns nicht entgangen.

      „Du kennst ihn?“ fragte er. „Wer ist das, Ben?“

      „Sir Thomas Doughty. Einer der Eigner der ‚Marygold‘, ein geschniegelter, aalglatter Lackaffe, aber ein intriganter, gefährlicher Bursche, vor dem man sich hüten muß.“

      Hasards Stirn umwölkte sich. Das hatte ihm gerade noch gefehlt.

      „Und die beiden anderen, wer sind die?“ fragte Hasard.

      „Seine Kettenhunde. Man erzählt sich von ihnen, daß sie in dunkler Nacht schon manchen abgemurkst hätten, der ihrem Herrn und Gebieter im Wege war oder nicht so tat, wie Sir Doughty wollte.“

      Hasard spürte ein leichtes Ziehen im Nacken. Er kannte das – ein untrügliches Zeichen dafür, daß es Ärger geben würde.

      „Also los, Ben, tu jetzt, wie ich gesagt habe. Bis aufs Quarterdeck, keinen Schritt weiter. Alles andere überlasse dann mir.“

      Ben Brighton ging los. Er war aber durchaus nicht der einzige, der die Ankunft der Karosse bemerkt hatte.

      Batuti, der herkulische Schwarze, der an Steuerbord Wache ging, war ebenfalls stehengeblieben und starrte zu der kostbaren Karosse hinüber. Andere Männer der Besatzung kletterten in die Wanten, bis sie genügend Überblick hatten, um sich von dem Schauspiel ja nichts entgehen zu lassen.

      Niemand achtete durch die konzentrierte Aufmerksamkeit, die den hochgestellten Ankömmlingen zuteil wurde, auf Patrick O’Moore, den das Gehabe Sir Doughtys keineswegs beeindruckte. Er schwang sich behende an Bord der am Pier liegenden „Santa Cruz“ und verschwand gleich darauf hinter einer Taurolle. Dabei witterte er bereits eine Gelegenheit, endlich in seiner Sache einen Schritt weiterzukommen, und in seinem Kopf reifte ein teuflischer Plan.

      Langsam, immer darauf bedacht, nicht entdeckt zu werden, schob er sich an der Backbordseite der Galeone weiter, bis er sich in Höhe des Quarterdecks der „Isabella“ befand. Hinter einem auf dem Hauptdeck festgezurrten Beiboot fand er eine ideale Deckung. Dann harrte er der Dinge, die da kommen würden. Und daß sie kamen, das wußte er noch genauer als Ben Brighton oder sogar Hasard, denn er besaß eine Menge Informationen über Sir Thomas Doughty.

      Sir Thomas Doughty musterte die beiden Galeonen mit Wohlgefallen. Immerhin waren sie Prisen, die Francis Drake mit der „Marygold“ erjagt hatte, mit dem Schiff also, zu dessen Eignern er, Doughty, gehörte. Deshalb würde er an diesen Prisen auch einen ganzen Batzen Geld verdienen. Und Sir Thomas Doughty hatte absolut nichts gegen Geld, auf diese Weise mühelos und ungefährlich verdient, einzuwenden.

      „Gehen wir. Sehen wir uns einmal an, was uns die „Isabella von Kastilien“ zu bieten hat“, sagte er und setzte sich sogleich in Bewegung.

      Gefolgt von seinen beiden Begleitern betrat er die Galeone von Kapitän Thomas. Keiner der Männer an Bord der „Santa Cruz“ hinderte ihn daran, aber sie grinsten schon in der Vorfreude auf das, was diesen geschniegelten Kerl auf der „Isabella“ erwarten würde. Denn sie wußten, wie streng dieses Schiff von seiner Crew bewacht wurde, daß es unmöglich war, auch nur einen Fuß bei ihnen an Bord zu setzen. Und das, obwohl man sich schließlich verdammt gut kannte.

      Verdutzt blieb Sir Doughty stehen, als er Batuti entdeckte. Er musterte den riesigen Neger wie ein seltenes Insekt, und um seine Mundwinkel zuckte es unwillig, als sich Batuti in seiner vollen Größe vor ihm aufbaute.

      „Nix Besuch, Sir“, radebrechte er in seinem schauderhaften Englisch. „Kapitän jeden Besuch verboten. Gehen wieder, ich lasse nicht durch Sir.“

      Sir Thomas Doughty glaubte, nicht richtig gehört zu haben.

      „Gib den Weg frei, du Affe“, sagte er mit leiser Stimme. „Ich bin es nicht gewöhnt, daß mich ein Kerl wie du daran hindert, ein Schiff zu betreten, wenn ich es betreten will.“

      Er wollte schon seinen beiden Begleitern einen Wink geben, den Schwarzen aus dem Weg zu schaffen, und die Hände der beiden fuhren bereits zum Wehrgehänge, zu den Stoßdegen an ihrer Seite, aber da hatte Batuti plötzlich einen Belegnagel in der Rechten – in einer Faust, die fast so groß war wie Sir Doughtys feinstrukturierter Schädel.

      „Versuchen, Sir. Dann tot, Sir. Alle drei, ganz schnell.“

      Batuti grinste ihn an und schwang den Belegnagel drohend empor. Unter seiner dunklen Haut spielten die Muskeln, und unwillkürlich zuckten die beiden Begleiter zurück.

      In diesem Moment betrat Ben Brighton die Szene.

      „Schon gut, Batuti“, sagte er und musterte die Ankömmlinge scharf. „Vorsicht mit dem Belegnagel, ich will keinen Ärger an Bord.“

      Er trat auf Sir Thomas Doughty zu und grüßte knapp.

      „Was kann ich für Sie tun, Sir?“ fragte er höflich.

      Doughtys Gesicht entspannte sich. Er zauberte ein Lächeln auf seine glatten Züge.

      „Das hört sich schon viel besser an, mein Sohn“, sagte er. „Aber da du mich schon fragst – ich wünsche den Kapitän dieses Schiffes zu sprechen. Führe mich zu ihm.“

      Ben Brightons Blicke blieben auf den beiden Begleitern Sir Doughtys hängen.

      „Und die beiden da?“ fragte er, und diesmal klang seine Stimme schon weniger höflich.

      Sir Doughty entging das nicht. Also hatte sich der Mann da geärgert, daß er ihn geduzt hatte. Interessant, dachte er, und er nahm sich vor, bei passender Gelegenheit dem Mann eine Rüge zu erteilen.

      „Meine Begleiter kommen mit“, sagte Doughty deshalb kurzangebunden und schritt über die Gangway, die die beiden nebeneinanderliegenden Schiffe miteinander verband.

      Ben Brighton ließ ihn gewähren, denn er sah, daß Hasard sich bereits auf dem Quarterdeck der „Isabella“ befand.

      Als Sir Doughty jedoch in Richtung Achterkastell


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