Seewölfe Paket 21. Roy Palmer

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Seewölfe Paket 21 - Roy Palmer


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diesem Schiff führe ich den Befehl, und meine Befehlsgewalt ist uneingeschränkt“, fuhr Cubera unbeirrt fort. „Ich bitte Sie, das endlich zur Kenntnis zu nehmen, Señor.“

      Don Antonios Gesicht nahm einen tückischen Ausdruck an. „Sie haben es mir deutlich genug zu verstehen gegeben, Capitán, auf jede erdenkliche Art.“ Seine Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen, seine Stimme hob sich etwas. „Aber das werden Sie noch schwer und bitter bereuen.“

      „Das glaube ich allerdings nicht, Señor“, sagte Cubera kalt. „Und ich bin auch nicht gekommen, um darüber mit Ihnen zu diskutieren.“

      „Sie werden es aber tun müssen!“ fuhr der Dicke ihn an. „Das ist der Gipfel all dessen, was Sie sich mir gegenüber erlaubt haben! Daß Sie es gewagt haben, mich, den Gouverneur, einen Vertreter der spanischen Krone, unter derart entwürdigenden Umständen vor ein Bordgericht zu zerren! Einen Gouverneur vor ein Bordgericht! Das muß man sich mal vorstellen!“

      „Sie haben es sich selbst zuzuschreiben“, sagte Cubera. „Und Sie können noch froh sein, daß Sie einigermaßen glimpflich davongekommen sind.“

      „So?“ Don Antonio lachte höhnisch auf. „Das alles ist so absurd, als erlaubten sich irgendwelche dahergelaufenen Bauerntrampel, über Seine Majestät, den König von Spanien, zu Gericht zu sitzen. Unvorstellbar! Wahnwitzig! Verrückt!“

      „An Bord eines Kriegsschiffes ist der Kommandant König“, sagte Cubera scharf. „Wer das nicht weiß, sollte besser an Land bleiben und dort seinen Amtsgeschäften nachgehen, wie es sich gehört – statt auf einem Kriegsschiff Seiner Majestät Unheil zu stiften und es offenbar mit dem Gouverneursamt zu verwechseln.“

      „Was nehmen Sie sich eigentlich noch alles heraus?“

      „Señor, ich warne Sie“, sagte Cubera. „Lassen Sie es nicht an dem nötigen Respekt mangeln, sonst lernen Sie mich von einer Seite kennen, die ich Ihnen bisher noch vorenthalten habe. Es könnte leicht passieren, daß Sie Ihre bisherige Kammer mit dem Kabelgatt oder der Vorpiek vertauschen, wenn Sie wieder unverschämt werden.“

      Don Antonio steckte zurück. Von der Seefahrt hatte er kaum Ahnung, doch was das Kabelgatt und die Vorpiek waren, wußte auch er. Er durfte Don Garcia Cubera nicht bis aufs Blut reizen, sonst war der tatsächlich imstande, ihn in ein feuchtes, rattenverseuchtes Schiffsverlies zu stecken.

      In seinem aufgedunsenen Gesicht zuckte es heftig, aber er wagte nicht mehr aufzubegehren.

      „Was führt Sie zu mir?“ fragte er.

      „Ich wünsche eine klare Auskunft über die Mordgeschichte, in die Don Juan de Alcazar angeblich verwickelt ist.“

      „Wie bitte? Was geht denn Sie das an?“

      „Eine ganze Menge, und ich kann Ihnen nur raten, mir alles zu erzählen, was Ihnen über den Fall bekannt ist.“

      „Soll das eine Drohung sein?“ fragte Don Antonio mit schriller Stimme. „Nötigung?“

      Cubera zwang sich zur Ruhe. „Nein. Keineswegs. Ich trage nur Fakten und Daten zusammen, um mir ein Bild von der Gesamtlage zu verschaffen. Warum, das setze ich Ihnen gleich noch auseinander. Aber vorher bitte ich Sie um klare Antworten. Don Juan ist doch angeblich ein Frauenmörder, nicht wahr?“

      Jetzt fuhr der Dicke von seiner Koje hoch. „Angeblich? Das wird ja immer schöner! Es gibt Augenzeugen für die Tat – Leute, die gesehen haben, wie der Kerl die Señora de Azorin ermordet hat!“

      „Und seitdem ist er verschwunden?“

      „Ja! Seine sofortige Flucht nach der Tat beweist seine Mordschuld sogar zusätzlich! Leuchtet Ihnen das ein?“

      „Noch nicht ganz.“

      „So? Das ist mir auch egal. Sie stehen ja sowieso nicht auf meiner Seite, sondern sind gegen mich.“

      „Hören Sie mit der Polemik auf“, sagte Cubera. „Eine andere Frage: Warum hat man die Schebecke beschlagnahmt, die im Hafen von Havanna geankert hat? Und warum wurde die Besatzung ins Gefängnis gesperrt?“

      „Sie unterziehen mich also einem Verhör?“

      „Herrgott, nein. Es ist Ihnen freigestellt, ob Sie mir antworten oder nicht.“

      Don Antonio schien angestrengt nachzudenken. Er ließ seinen Besucher stehen und bot ihm keinen Platz an, auch kein Glas Portwein oder kandierte Früchte – die Cubera ohnehin abgelehnt hätte. Die Atmosphäre hätte nicht frostiger sein können, und sie gaben sich keinerlei Mühe, ihre beiderseitige Abneigung zu verbergen.

      „Gut“, sagte Don Antonio schließlich. „Ich will Sie zufriedenstellen. Ich habe nach Don Juans Flucht sofort die Möglichkeit einkalkuliert, daß er versuchen könne, mit der Schebecke zu fliehen, die ja eine Prise von ihm war. Weiterhin war damit zu rechnen, daß seine kleine Mannschaft zu ihm hielt. Also habe ich entsprechende Vorsorge getroffen. Oder was hätten Sie an meiner Stelle getan?“

      „Lassen wir das einmal dahingestellt“, entgegnete Cubera. Trocken fuhr er fort: „Im übrigen scheint Don Juan wider Erwarten größten Erfolg gehabt zu haben.“

      „Wie meinen Sie das?“ fragte Don Antonio, und jäh erwachte Mißtrauen in ihm. Was wollte der Capitán? Ihn zum Narren halten? Ihn auf die Probe stellen? Was wußte er über Don Juan? Mehr als er? „Wie soll ich das verstehen?“ stieß er hervor.

      „Es ist eindeutig die Schebecke Don Juan de Alcazars gewesen, die um Mitternacht die Ruderanlagen der beiden letzten Schiffe des Verbandes zerschossen hat.“ Cubera wartete nach diesen Worten ab und beobachtete, welche Wirkung sie auf den Dicken hatten. Es entging ihm nicht, wie dieser kaum merklich zusammenzuckte.

      Don Antonio griff nach seinem Glas, füllte es mit Portwein und führte es an die Lippen. Er trank einen Schluck, verschluckte sich und begann zu husten und zu röcheln. Er lief dunkelrot im Gesicht an und schien keine Luft mehr zu bekommen, aber Cubera dachte nicht daran, ihm hilfreich auf den Rücken zu klopfen.

      Völlig ungerührt stand er da und betrachtete sein Gegenüber. Don Antonios Getue und Gehabe vermochte ihn nicht im geringsten zu beeindrucken.

      Don Antonio ließ das Glas wieder sinken, und fast verschüttete er dabei den Rest des Inhalts. Er keuchte und schöpfte japsend Atem, dann ließ er sich wieder auf den Rand seiner Koje sinken.

      „Was erregt Sie eigentlich so?“ fragte Cubera.

      „Ach, es ist nichts.“

      „Vielleicht ist es doch besser, wenn Sie endlich mit der Wahrheit herausrücken. Denn daß hier einiges faul ist, habe ich längst begriffen.“

      „Faul? Ich verstehe Sie nicht.“

      „Das ist nicht weiter schlimm“, sagte Cubera gelassen. „Ich bin aber sehr gespannt darauf, die volle Wahrheit über Don Juan zu erfahren.“

      „Gut, die sollen Sie wissen“, sagte Don Antonio, und er keuchte immer noch. „Dieser Frauenmörder ist ein Verrückter, ein Lustmörder und Sittenstrolch, dem es offenbar gelungen ist, mit der Schebecke aus Havanna zu fliehen.“

      „Ja, das ist offensichtlich.“

      „Und jetzt?“ stieß Don Antonio mit schriller, kreischender Stimme hervor. „Jetzt fällt er in seiner Mordlust auch noch über die eigenen Schiffe her, über die Schiffe Seiner Majestät!“

      „Eben“, sagte Cubera in aller Ruhe und verschränkte die Arme vor der Brust. „Genau das will mir nicht in den Kopf. Es leuchtet mir einfach nicht ein. Nie wäre ein Mann wie Don Juan zu so etwas fähig.“

      „Kennen Sie ihn denn?“

      „Nur flüchtig, aber …“

      „Er zeigt jetzt sein wahres Gesicht“, unterbrach ihn der Dicke. „Oder er hat total den Verstand verloren. Eins von beiden.“

      Cubera fixierte ihn kühl. „Das glaube ich Ihnen nicht, Señor Gouverneur.“


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