Seewölfe Paket 21. Roy Palmer

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Seewölfe Paket 21 - Roy Palmer


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Folge Brandpfeile zu den beiden Galeonen hinüber, leuchtende Fanale in der zunehmenden Dunkelheit, die sich gierig durch Holz und Segeltuch fraßen. Gleichzeitig stachen aus den Mündungen der Kanonen grelle Lichtblitze, die den fallenden Vorhang der Nacht zerschnitten, gefolgt vom Wummern und Dröhnen der Pulverexplosionen. Schließlich torkelten Höllenflaschen mit zischenden Lunten durch die Luft, polterten auf die Decks der Spanier und flogen mit ohrenbetäubendem Krachen auseinander.

      Zum erstenmal verfolgte Hasard auf Distanz, wie seine Männer kämpften. Er war beeindruckt und besorgt zugleich. Die „Isabella“ wirkte wie ein Feuerspeier, dessen Depots sich nie leerten und dessen Reserven unerschöpflich waren. Aber konnten die Männer es schaffen, gegen zwei Schiffe zu bestehen?

      Sehr manövrierfähig war die „Isabella“ zur Zeit keineswegs, sie bewegte sich eher plump. Aber die Männer befanden sich in einem Zustand der Raserei – wegen des Verlustes ihres Kapitäns und wegen der Verletzten, die es in ihren Reihen gegeben hatte. Ihre Berserkerwut verdoppelte ihre Kräfte, sie tobten und fluchten, schossen und brüllten.

      Feuer brach auf beiden spanischen Kriegsgaleonen aus, und laufend entstanden durch die Brand- und Pulverpfeile neue Brände. Eine Galeone hatte bereits schwere Schlagseite. Es war jene, die um ein Haar über den Seewolf hinweggesegelt wäre. Gellende Schreie begleiteten die Treffer, die Ferris Tucker mit seinen Pulverflaschen erzielte. Es krachte und donnerte immer noch unablässig – und die Arwenacks waren erbarmungslos.

      Dan O’Flynn, der das Kommando über die „Isabella“ übernommen hatte, brachte abwechselnd die Breitseiten zum Einsatz. Inzwischen waren die Spanier zu sehr mit dem Löschen der Brände beschäftigt, um ihrerseits noch zurückfeuern zu können. Das Grauen vor diesem wild um sich schlagenden Gegner schien sie gepackt zu haben, sie vermochten sich gegen die rasenden Teufel nicht mehr zur Wehr zu setzen.

      Dieses Geschehen verlieh Hasard plötzlich neue Kraft und die Energie, durchzuhalten. Mühsam begann er zu schwimmen, aber es bereitete ihm große Schwierigkeiten. Er drehte sich auf den Rücken und beschränkte sich auf die Beinbewegungen. Viel war es nicht, es brachte ihn nur schleppend voran. Aber er bildete sich dennoch ein, näher an die „Isabella“ zu gelangen.

      Vielleicht kann ich es noch schaffen! Dieser Gedanke durchströmte ihn mit neuer Kraft, und er versuchte, die Schmerzen zu ignorieren. Als er sich einmal umdrehte und wieder Wasser trat, um die Lage zu erkunden, sah er, daß die beiden spanischen Galeonen lichterloh brannten. Für die Kapitäne gab es nur noch eine Chance: Sie mußten die Schiffe aufgeben, denn bald würde das Feuer die Pulverkammern erreicht haben.

      In der Tat: Boote wurden von den beiden Galeonen ausgesetzt – soweit sie nicht bereits zerschossen waren. Vier Jollen, mit Männern überfüllt, bewegten sich nach Süden.

      Sie fliehen zur Küste, dachte Hasard. Dann drehte er sich wieder auf den Rücken und schwamm weiter.

      Aber schon nach kurzer Zeit gab er diese Körperlage wieder auf. Trotz seiner Schmerzen zwang er sich jetzt zum Kraulstil. Noch etwa zehn Kabellängen, dachte er, und wühlte sich durch die Fluten. Der Kampfplatz schien näher zu rücken, und doch war der Abstand immer noch unendlich groß, zu groß für einen Mann, der sich behindert fühlte und sich nicht bewegen konnte, wie er wollte.

      Kurze Zeit später flogen die beiden brennenden Galeonen mit Donnergetöse auseinander. Dicke Feuerbälle leuchteten über der See, es krachte und splitterte, und die Trümmer wirbelten durch die Luft. Die Druckwelle war deutlich zu spüren, sie fuhr wie ein glutiger Hauch über Hasard hinweg.

      Dann sah er, daß die „Isabella“ nach Südosten ablief. Sie verschwand in der Dunkelheit, und mit ihr erlosch die letzte Hoffnung. Hasard versuchte, die Fassung zu bewahren, obwohl es ihn wieder fast um den Verstand brachte. Er konnte nachempfinden, was in seinen Männern vor sich ging: Sie waren hin und her gerissen zwischen dem Wunsch, nach ihm zu suchen, und der Pflicht, dem Verband der Spanier zu folgen und für die Freunde und die Schlangen-Insel zu kämpfen. Sie mußten Prioritäten setzen. Es zerriß ihnen das Herz, aber die Schlangen-Insel und der Bund der Korsaren gingen vor.

      Trotz seiner verzweifelten Lage sah auch Hasard ein, daß ihr Verhalten völlig richtig und den Umständen entsprechend logisch war. Er selbst hätte nicht anders gehandelt. Er war jetzt auf sich ganz allein gestellt, aber er klammerte sich an dem letzten dünnen Faden fest, an dem sein Leben noch hing.

      Und die Haie? Er versuchte, zu grinsen, wußte aber, daß er nur eine Grimasse zustande brachte. Sie wollen dich nicht, dachte er, du bist für sie ungenießbar – und zu zäh zum Sterben.

       2.

      Ein Umstand, der sich jetzt einstellte, wirkte einigermaßen ernüchternd auf ihn. Um ihn herum landeten spritzend und gischtend die Trümmerteile der beiden explodierten Galeonen in der See. Nur etwa dreißig Yards von ihm entfernt schoß eine Wassersäule hoch, als sei dort ein schweres Kaliber eingeschlagen. Etwas Unförmiges sprang aus dem Wasser und klatschte wieder zurück.

      Ohne zu zögern, schwamm Hasard darauf zu. Er versuchte zu erkennen, um welche Art von Gegenstand es sich handelte. Eine Gräting? Nein – es schien eher ein Stück Bordwand zu sein. Im Näherkommen sah er trotz der Dunkelheit, daß sich an der Innenseite noch die Spanten befanden. Mit einiger Phantasie gelang es ihm, sich das Ding als eine Art Floß vorzustellen.

      Auf jeden Fall schien es groß genug zu sein, um sein Gewicht zu tragen. Er erreichte es, klammerte sich daran fest und zog sich keuchend und ächzend hinauf. Schwer atmend ließ er sich sinken. Die Brust schmerzte wie verrückt, aber wieder zwang er sich dazu, ihr keine Aufmerksamkeit zu schenken. Gerettet, dachte er, vorerst jedenfalls. Haie, ihr könnt kommen, es gibt nichts mehr zu holen!

      Doch sie zeigten sich nicht. Ihm fiel die alte Legende ein, das Seemannsgarn, demzufolge die grauen Mörder nachts schliefen oder überhaupt nicht imstande waren, auf kürzeste Distanz eine mögliche Beute zu erkennen. Blind waren sie, hieß es, und am liebsten griffen sie bei Tageslicht und bleischwerer, spiegelglatter See an.

      Aber das war eben Seemannsgarn oder reine Phantasie. Hasard wußte, daß er Glück im Unglück gehabt hatte. Leicht hätte er Haien oder Barrakudas zum Opfer fallen können. Eine Gefahr war gebannt, auf der herausgebrochenen Bordwand war er einigermaßen sicher. Er lag auf dem Rücken, atmete tief durch und versuchte, sich zu entspannen.

      Das gelang nur im Ansatz. Die Schmerzen stachen ihn wie glühende Nadeln. Bei jedem Atemzug bohrten sie sich tiefer in seinen Oberkörper. Er versuchte jetzt, flacher und regelmäßiger Luft zu holen. Gleichzeitig überlegte er. Der Brustkorb mußte geprellt sein, daran bestand nicht der geringste Zweifel. Auch der Kutscher oder Mac Pellew hätten nichts anderes festgestellt. Aller Wahrscheinlichkeit nach hatte es ein paar Rippen erwischt, sie waren angebrochen. Das tat wirklich höllisch weh.

      Aber trotz der Schmerzen und der Erschöpfung, die an ihm zehrte, blieb er nicht untätig. Wenn du überleben willst, brauchst du noch einiges, dachte er, alles, was du kriegen kannst.

      Er richtete sich wieder auf, kniete sich hin und glich das Schaukeln seines Untersatzes durch Gegenbewegungen aus. Es war nicht sonderlich schwer, die Balance zu halten, er mußte nur darauf achten, daß er sich nicht zu heftig bewegte.

      Eine Planke trieb auf ihn zu. Sie war für seine Zwecke geeignet, handgerecht genug, um als Paddel zu dienen. Er beugte sich vor und streckte die rechte Hand aus, aber die Planke glitt um Zollbreite an seinen Fingern vorbei. Er drehte sich leicht nach rechts, griff wieder zu – und hatte sie. Grimmig packte er zu und zog sie zu sich heran.

      Es lohnte sich, weiterhin Ausschau zu halten. Er trieb mit seinem Floß mitten im Trümmerbereich und konnte noch so manches auffischen, was ihm dienlich war. Aufmerksam spähte er nach allen Seiten. Was konnte er noch gebrauchen?

      Seinen Degen hatte er verloren, das Wehrgehänge war leer. Aber das Messer fiel ihm ein, das im rechten Stiefel stecken mußte. Er tastete an seinem Bein entlang, schob die Hand in die Öffnung des Stulpenstiefels und berührte das Heft des Messers. Er grinste, lachte, hustete, verspürte neue Schmerzen und war doch froh, es wiedergefunden zu haben. Fast war ihm, als habe


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