Tatort Bodensee. Eva-Maria Bast

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Tatort Bodensee - Eva-Maria Bast


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an der Steuer vorbei –, als das ursprünglich geplant war. Aber jetzt kommt’s! Das alles war ein Klacks gegen den Gewinn, den sie mit der illegalen Beseitigung von Sonderabfall gemacht haben!« Claudia machte eine bedeutungsschwere Pause. »Dem Hefter gehört nämlich nicht bloß die Kiesfirma, sondern auch noch eine Ent­sorgungs­firma. Mit der bedient er den halben Landkreis!«

      »Kunststück, bei den Beziehungen!«, brummte Protnik.

      »Eben. Aber dass die Akte, die sie beschlagnahmt haben, beweist, dass der Thomas Grundler auf der richtigen Spur war, das ist jetzt der eigentliche Hammer. Die Ent­sorgungsfirma ›Seerein‹ hat nämlich nicht bloß die Mülltonnen vor dem Haus geleert, sondern auch noch eine Tochterfirma gehabt, wie das heute halt so üblich ist. So viele Firmen gründen, bis kein Steuerprüfer und kein Staatsanwalt mehr durchblickt!« Claudia sah auf. »So ist das eben! Alles klar bis dahin?«

      Protnik hob auffordernd das Kinn. »Klar! Mach weiter!«

      »Also: Bei dieser Tochterfirma der ›Seerein‹ handelt es sich um das Unternehmen ›Seaclean‹ …«

      »Wie originell …«

      »Eben! Auf jeden Fall hatte die ›Seaclean‹ einzig und allein den Zweck, Sonderabfälle einzusammeln: hauptsächlich wieder – man höre und staune – in Einrichtungen, die der Landkreis betreibt, also zum Beispiel in Krankenhäusern!«

      »Na, fantastisch!«

      »Ist ja zunächst mal nichts dagegen zu sagen und mit Sicherheit so leicht auch nichts zu beweisen, was da in Richtung Mauschelei und so weiter deuten könnte. Die ›Seaclean‹ befreite also das Krankenhaus in Konstanz in diesem Fall von seinen radioaktiven Abfallprodukten, wie sie beim Röntgen und so weiter halt anfallen. Diese Produkte sollten von der ›Seaclean‹ entsorgt werden, so wie es das Gesetz eben vorschreibt!«

      »Aha! Da also liegt der Hase im Pfeffer!« Protnik schüttelte den Kopf. »Und da haben sie halt ein bisschen was falsch verstanden und aus Versehen halt die Soße in den Baggersee gekippt – richtig?«

      »Richtig!« Claudia rieb Daumen und Zeigefinger ihrer rechten Hand aneinander. »Und damit zufälligerweise halt auch ein bisschen mehr verdient! Und das seit ein paar Monaten schon!«

      Horst stützte sich mit beiden Hände auf die Tischplatte. »Und genau dieser Sauerei ist Thomas Grundler auf die Spur gekommen, deshalb hat er auch dort im Baggersee getaucht – ganz allein übrigens, weil er keinem mehr getraut hat. Weil zum Beispiel die Wasserproben, die er dort gezogen hat, sich im Labor in ganz normales unbelastetes Bodenseewasser verwandelt hatten. Er hat es zwar nie beweisen können, dass die Proben vertauscht worden sind, aber er hatte eindeutige Anhaltspunkte, dass es so war. Und jetzt war er kurz davor, die Bombe hochgehen zu lassen! Als er gemerkt hat, dass auch Alex Winter hinter einer Story um den Kiesbaron herum dran war, da haben sie vorsichtig und misstrauisch, wie die beiden waren, die ersten Informationen ausgetauscht. Die wollten sie erst mal überprüfen und auf ihren Wahrheitsgehalt abklopfen. Es war ja wie gesagt ein Riesending! Leider haben sie sich zu viel Zeit gelassen«, bitter verzog Horst das Gesicht. »Und das hat sie ihr Leben gekostet!«

      Eine Zeit lang blieben sie regungslos am Tisch sitzen, bis schließlich Protnik die Stille unterbrach. Suchend blickte er sich um. »Was ist denn jetzt mit den Eisbechern? Hallo, Bedienung! Aha, sie hat genickt! Na, hoffentlich wird das noch was heute!« Damit wandte er sich wieder Claudia zu und deutete mit dem Zeigefinger auf das Foto in der Lokalzeitung. »Immerhin wird der dann so schnell keine solchen schönen Spendenfotos mehr von sich machen lassen können, unser Kiesbaron!«

      »Von wegen!« Claudia schnaubte empört. »Der ist, wie es den Anschein hat, völlig aus dem Schneider! Denn erstens gehören ihm noch eine ganze Reihe anderer Firmen, zweitens hat er natürlich von all dem überhaupt nichts gewusst und drittens geht aus der beschlagnahmten Akte klipp und klar hervor, dass sämtliche Unterschriften und Anweisungen nur von seinem Geschäftsführer – ein Kerl namens Wälder – vorgenommen worden sind. Und der ist momentan nicht aufzufinden!«

      »Das glaube ich nicht! So einfach kann das doch nicht ausgehen!« Protnik schnappte nach Luft.

      »Wird es aber!«, beruhigend legte ihm Horst die Hand auf den Unterarm. »Da kannst du Gift drauf nehmen. Schließlich ist der arme Dr. Hefter jetzt völlig außer sich vor Empörung und hat als Erstes seinen Geschäftsführer gefeuert, in dessen Abwesenheit! Und natürlich wird er den Schaden – wenn es sein muss auch aus der eigenen Tasche – unverzüglich wiedergutmachen. Er ist ja schließlich ein Ehrenmann!« Auch in Horst stieg Bitterkeit auf, wenn er daran dachte, wie schnell sich der Kreis wieder geschlossen hatte und Landrat samt Polizeichef verständnisinnig ihren Rotary-Freund beschwichtigt hatten. »Und selbstverständlich darf nichts nach außen dringen – ist ja klar! Das wäre dann Geschäftsschädigung, wo der Arme doch nichts dafür kann und nur sein verbrecherischer Geschäftsführer, der wahrscheinlich längst auf der Flucht ist, Kenntnisse über die Umweltsauerei gehabt hat!« Missmutig ballte er die Fäuste.

      »Ist ja nicht zu fassen«, murmelte Protnik erschüttert. »Das kann es doch wohl nicht gewesen sein!«

      »Ich fürchte doch! Ich sehe nur noch einen einzigen Strohhalm, aber der ist mehr als mickrig!« Horst wagte es kaum, seine Beobachtung, vielleicht den allerletzten Trumpf, über den sie verfügten, auszusprechen.

      »Und was ist das?« Neugierig starrte ihn sein Kollege an. »Na komm, sag schon, mach’s nicht so spannend!«

      »Na ja, Michael. Du erinnerst dich ja noch an unsere Höllenfahrt da auf der Heiligenberger Steige!« Horst begann leise, als fürchte er, allein durch allzu große Lautstärke könne er die letzte Hoffnung, doch noch zu einer Lösung des Falls zu kommen, in den Wind blasen.

      »Allerdings – und wie! Diese Fahrt werde ich mein Leben lang nicht vergessen!«

      »Eben – ich auch nicht! Diese Bilder haben sich in meinem Kopf festgebrannt wie auf einer CD! Und du hast mich doch noch gefragt, ob ich den Fahrer habe erkennen können!«

      »Richtig«, nickte Protnik. »Du hast da etwas von einem dunklen Schnauzbart erzählt, aber sonst …«

      »Na ja, wenn du jemanden noch nie vorher gesehen hast! Aber jetzt habe ich ja das Bild im Kopf und deshalb …« Er machte eine bedeutungsvolle Pause, während die anderen ihn ungeduldig musterten. »Da war so ein Foto im Büro der »Bodenseekies«, so ein ganz großes, gerahmtes. Und da war die ganze Belegschaft abgebildet – vor ihren sämtlichen Fahrzeugen. Und der Typ, der da vor einem dieser LKW gestanden hat, also ich war mir nicht hundertprozentig sicher, aber ich glaube fast, das könnte unser Mann gewesen sein …«

      »Na bitte!«, begeistert hieb nun Protnik mit der Faust auf den Tisch. »Also schauen wir uns die ganze Belegschaft durch und schnappen das Schwein!«

      »Einverstanden! Nur dass das sicher nicht an einem einzigen Tag gehen wird und Mithilfe bei den Kollegen würde ich eigentlich eher nicht wollen, denn sonst ist ja sofort wieder unser Preisboxer bei der Direktion informiert und dann der Landrat und danach: Man kann sich’s ja leider denken …«

      »Sei’s drum, dann schieben wir halt noch ein paar freie Tage nach«, Protnik war in seinem Tatendrang kaum noch zu bremsen. »Die werden zwar vor Begeisterung Purzelbäume schlagen, bei dir und bei mir in der Direktion! Aber wenn wir die Geschichte dann wasserdicht gemacht haben, dann lassen sie’s uns wohl durchgehen, wenn wir …« Sein Redeschwall wurde von der Bedienung unterbrochen, die mit drei Gläsern auf einem Serviertablett an den Tisch kam.

      »Entschuldigung …, darf ich?« Damit stellte sie die hübsch dekorierten Gläser mit buntem Inhalt vor ihre überraschten Gäste.

      »Ja schon, aber das haben wir gar nicht bestellt! Eigentlich wollten wir drei Eisbecher …«, stellte Claudia den offensichtlichen Irrtum richtig.

      »Und auf die warten wir schon seit einer Ewigkeit«, setzte Protnik noch hinzu.

      »Eben!«, die Bedienung, ein zierliches dunkelhaariges Mädchen von vielleicht 17 Jahren, lächelte schüchtern. »Eine Entschuldigung des Hauses, weil es so lange gedauert hat. Ein Glas Zitronensaft auf Eis mit unserem


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