Tatort Bodensee. Eva-Maria Bast

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Tatort Bodensee - Eva-Maria Bast


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Chance!«

      »Und warum? Komm, sag schon, mach’s nicht so spannend!«

      »Ganz einfach! Die haben das Zeug in Zitronensaft geträufelt! Und unser Professor damals hat erklärt, das sei die ultimative Methode: Zyankali zusammen mit Säure zu verabreichen, da bist du ein Engel im Himmel, bevor du den Saft richtig geschluckt hast! Das erhöht die Wirkung von Zyankali um das x-fache! Und vor allem: Es wirkt dadurch rasend schnell!«

      Betroffen blickten sie sich an! Claudia nahm Horsts Glas in die Hand und führte es an die Nase. »Wisst ihr, genau das ist die Raffinesse dabei! Ich habe zwar einen Mandelgeruch mitbekommen, das war irgendwie so wie Amaretto, aber dann eben doch nicht! Ich hätte es jetzt um ein Haar probiert, um dem Geschmack auf die Fährte zu kommen! Tja«, Tränen schossen ihr in die Augen, »und das wäre dann eben schon viel zu viel gewesen, bei dieser teuflischen Kombination! Gott sei Dank ist mir im letzten Moment die ganze Mordgeschichte durch den Kopf geschossen und zeitgleich habe ich den Professor mit seiner Säure und dem Zyankali wieder vor mir stehen sehen!« Die Tränen liefen ihr nun die Wangen herunter, aber sie schien sie nicht zu bemerken. Sie wandte sich Protnik zu. »Und deshalb, Michael, habe ich dir dann einfach das Glas aus der Hand geschlagen …«

      » … und mir damit das Leben gerettet!«, ergänzte Prot­nik und schaute düster in die Runde. »Unglaublich!«

      »Und du bist dir ganz sicher, dass wir da drin«, Horst deutete auf das Glas, das Claudia wieder auf den Tisch gestellt hatte, »Zyankali finden?«

      Claudia nickte heftig, während sie nun ein Taschentuch aus ihrer Handtasche kramte, um die Tränen abzutrocknen. »Hundertprozentig!«

      »Ja, ist denn das so leicht, an dieses Zeug zu kommen?« Auch Protnik konnte es kaum fassen. »Das kann doch nicht sein!«

      Claudia widersprach. »Ist aber so! Das Zeug kriegst du in jedem Labor, denn schließlich wird es ja für Analysen verwendet und ist ständig in Anwendung – auch in der Metallbearbeitung, also in der Industrie. Das sagt doch schon fast alles. Da musst du in der Uni nur einen weißen Kittel anziehen, zur Chemikalienausgabe gehen und sagen, du kommst von dem und dem Institut und holst im Auftrag vom Dr. Sowieso ein bisschen Gift! Also kommt da praktisch jeder mittelprächtige Chemiestudent ran! Und weil man davon ja nur eine winzige Menge braucht, um jemanden über den Jordan zu schicken, fällt es auch praktisch überhaupt nicht auf – zumindest lange nicht –, wenn da etwas davon verschwindet! Neulich hab ich’s zufällig gesehen, als ich im Katalog von einem Chemi­kaliengroß­handel geblättert habe: Natriumcyanid – so heißt das Zeug –, 25 Gramm für, glaube ich, grade mal 33 Mark! Und mit der Menge kannst du mehr als nur eine Fußballmannschaft um die Ecke bringen! So ist das nämlich!«

      Horst überlegte laut. »Also dann sollten wir jetzt die Kollegen verständigen und den Inhalt des Glases analysieren lassen, oder? Und dann rücken wir den Herrschaften Hefter und Co. wieder auf den Pelz!«

      Protnik reagierte prompt. Er hob warnend die Hand und spreizte die Finger auseinander. »Bloß nicht! Weder das eine noch das andere!«

      Verwundert musterte ihn Horst. »Und wieso nicht?«

      »Ganz einfach deshalb, weil solch eine Aktion nicht den Hauch einer Chance hat, zum Erfolg zu führen! Überleg doch mal! Es fängt ja – leider – schon beim Labor an: Dein Freund Thomas hat in dieser Hinsicht nicht mal den eigenen Kollegen mehr getraut …«

      »Ja, leider!«

      »Eben! Also die Analysegeschichte können wir uns schon mal abschminken. Aber selbst wenn wir die durchführen würden, was hätten wir dann gewonnen? Nichts, außer der Erkenntnis, dass uns jemand vergiften wollte!« Er sah Horst forschend ins Gesicht. »Aber wieso soll das denn ausgerechnet der liebe Herr Dr. Hefter gewesen sein? Ein skandalöser Verdacht gegen einen unbescholtenen Bürger sei das, werden sie sagen und dich danach ans Kreuz nageln! Das kannst du mir glauben!« Damit lehnte er sich zurück, atmete tief durch und verschränkte die Arme.

      Auch Claudia pflichtete Protnik bei. »Sehe ich genauso! Aber ich werde das Glas auf jeden Fall mitnehmen und sobald wir wieder in Heilbronn sind, eine Untersuchung machen lassen! Das Ergebnis kann ich zwar jetzt schon sagen – habe ich ja eigentlich auch schon –, aber dennoch: Dann wissen wir’s hundertprozentig sicher, auch wenn es uns wenig nützen wird, denn das Zyankali kann uns schließlich nicht sagen, wer es da hineingetan hat«, fügte sie bitter hinzu.

      Widerstrebend musste Horst den beiden anderen recht geben. Ernst musterte er erst Claudia, dann Protnik. »Das heißt dann aber auch: Ende der Fahnenstange! Sehe ich das richtig? Denn wenn wir den Giftanschlag überhaupt nachweisen können, dann werden wir nicht belegen können, von wem und warum! Denn die da drüben«, er machte eine Kopfbewegung in Richtung Eisdiele, »die werden ja sicher von nichts eine Ahnung haben!«

      Protnik hieb mit der flachen Hand auf den Tisch, dass das Glas vor ihnen hüpfte: »Nein! Das kann nicht sein! Ich will das nicht! Wir sind nun mal keine Bananenrepublik! Macht, was ihr wollt – ich jedenfalls rufe jetzt die Kollegen an!«

      Verwundert registrierte Horst die Wandlung, die blitzschnell in seinem Freund vorgegangen war, dann nickte er: »Also gut, Michael! Man sollte den Dingen ja wirklich nicht nur ihren Lauf lassen und ohnmächtig zusehen, was nicht passieren wird! Wenigstens den Hauch einer Chance haben wir – und vielleicht kriegen wir das Schwein ja zu fassen, das uns um die Ecke bringen wollte!«

      » … wenn der nicht schon längst über der Grenze ist!«, gab Claudia zu bedenken.

      »Auch egal! Aber wir versuchen, was möglich ist! Ja, hallo, Vermittlung?« Protnik hatte in der Zwischenzeit sein Handy aktiviert. »Ja, verbinden Sie mich bitte mit der Polizeidirektion in Friedrichshafen!«

      »Immerhin nicht Konstanz diesmal«, murmelte Horst. »Vielleicht tut sich dann ausnahmsweise doch was!«

      Wenig später wimmelte es vor der Eisdiele an der Meersburger Promenade nur so von Polizisten …

      »Also haben wir uns verstanden? Diese Geschichte passiert uns so kein zweites Mal! Versprochen?« Streng musterte der Polizeioberrat den vor ihm stehenden Kriminalkommissar.

      Zerknirscht presste der Polizeibeamte ein leises »Ja, verstanden!« zwischen den Zähnen hervor.

      »Gut«, der Chef nickte zufrieden. »Dann will ich mal Gnade vor Recht ergehen lassen und auf den geplanten Eintrag in Ihre Personalakte verzichten!« Er blinzelte dem Delinquenten aufmunternd zu. »Außerdem habe ich den Ströbel noch nie leiden können, der will nämlich mit Teu­fels­gewalt – im wahrsten Sinn des Wortes – Karriere machen, im Innenministerium. Und deshalb steckt er auch mit dem Landrat von dort zusammen, der wiederum demnächst den bisherigen Innenminister beerben will! So ist das nämlich!«

      Überrascht blickte Horst auf. »Ach, deshalb von Anfang an so ein Theater! Und gleich mit dem LKA ankommen und der Landrat, der sofort über alles informiert war! Ist das wieder mal über die Parteischiene gelaufen?« Jetzt wagte Horst, diese Frage zu stellen, nachdem der Chef ihm praktisch den Fingerzeig gegeben hatte. Horst war sich nun auch darüber im Klaren, dass die Abreibung, die ihm für den heutigen Morgen in der Heilbronner Polizeidirektion angekündigt worden war, nur einen formalen Akt darstellte, den Alfred Steiner, der Chef der PD, vollzog, um die Hyänen im LKA und im Innenministerium zufriedenzustellen. In Wirklichkeit aber dachte er genauso wie sein Untergebener, der Kriminalkommissar Horst Meyer von der Heilbronner Mordkommission.

      Steiner nickte. »Leider ja! Wieder mal das übliche Spiel! Und ich hatte nur eine Chance, Sie ahnungslose Figur zusammen mit ihrem Freund und Kollegen wieder aus dem Feuer herauszuholen: und zwar indem wir Sie so schnell wie möglich zurückbeordert haben! Ich sage Ihnen, noch einen Tag länger dort unten, und Sie hätten sich eine ganze Wagenladung Brandsalbe für ihre Wunden kaufen müssen, so sehr hätten Sie sich die Finger verbrannt!« Steiner legte ihm jovial die Hand auf die Schulter und fixierte ihn: »Also, alles wieder in Ordnung? Sie verstehen jetzt meine Position?«

      Horst nickte stumm.

      »Gut! Und für Ihren Kollegen will ich auch noch mal


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