Die wilden Zeiten der Théra P.. Hans-Peter Vogt

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Die wilden Zeiten der Théra P. - Hans-Peter Vogt


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helfen. Leyla zwinkerte Théra zu. „Du kannst viel lernen“, versprach sie.

      Es war eine völlig andere Kultur und Théra war bereit, zu lernen.

      Noch in diesem Monat würde ein großes Ereignis stattfinden. Ein Pferderennen, zu dem viele Gäste aus der arabischen Welt erwartet wurden. Die Frauen würden Théra mitnehmen.

       4.

      Während sich Clara und Para um die Heilung der Pferde kümmerten, lebte sich Théra langsam im Harem ein. Sie bekam es gar nicht mit, dass Para nach vier Tagen die Stadt verließ, um all die anderen Herrscher aufzusuchen. In den Emiraten, in Kuweit, in Saudi Arabien und Lybien. Sogar bis Marokko und Algerien führte ihn diese Tour.

      Es waren Länder darunter, in die er Clara nicht mitnehmen konnte. Man hätte seine Autorität als Mann in Frage gestellt. Andere Länder waren dabei, da hätte er Clara gern mitgenommen, aber in diesem Januar musste Clara in Dubai bleiben. Die Rücksicht auf Théra gebot das.

      Clara hatte indes viel zu tun. Sie trainierte die Jungs, obwohl nicht mehr so viel zu trainieren war wie früher, denn die Jungs machten das inzwischen richtig gut. Sie veränderte den Schwerpunkt des Lernens.

      Clara zeigte ihnen, wie sich auf ihren Pferden noch leichter machen konnten und die Pferde ohne Peitsche und nur durch Zurufe und Korrekturen durch die Fersen noch besser dirigieren konnten. Sie übten auf dem hauseigenen Rennparcours, und sie stoppten die Zeiten.

      Durch das Training gelang es in den nächsten 10 Tagen, die Zeiten um fast zwei Sekunden schneller zu machen, während die Pferde gleichzeitig geschont wurden und am Ende des Rennens immer noch fit und frisch schienen.

      Eine Sekunde ist nicht viel, aber in dem rasend schnellen Tempo über die Zweimeilendistanz konnten das auf der Zielgeraden ein bis zwei Perdelängen sein. Zwei entscheidende Sekunden hatten die Jungs, um das Rennen für sich zu gewinnen.

      Der Emir stand manchmal dabei und auch er ließ sich die gestoppten Zeiten zeigen. Er nickte anerkennend. Was er sah (und was langsam auch den Jungs des Emirs ins Bewusstsein trat), das war, dass sie auf den Pferden eine andere Haltung bekommen hatten. Offener, fast schon lässig leicht und doch angespannt und konzentriert.

      „Nicht zu lässig leicht“, warnte er seine Jungs. „Behaltet immer den höchsten Spannungsbogen bei, aber überspannt den Bogen nicht. Ihr wollt schließlich ein Rennen gewinnen.“ Clara nickte bei diesen Worten. Genau das hatte sie den Jungs auch sagen wollen. Dieser Emir war wirklich ausserordentlich.

      Dieses Rennen würde schon bald den ganzen Tag der nordafrikanischen Eliten ausfüllen. Sie würden alle zusammen nach Riad fliegen, dort fand jährlich einmal das größte Derby des Kontinents statt. Es war ein Fest der Ölmilliardäre. Alle, die Rang und Namen hatten, würden kommen, und sie würden ihre zahlreichen Onkel, Söhne, Neffen, Frauen und Nichten mitbringen, die sie für würdig erachteten, an diesem grandiosen Spektakel teilzunehmen.

      Die Prämien waren gigantisch. Trotzdem traute sich kein europäischer Züchter an dieses Rennen heran. Züchter aus nichtarabischen Ländern wären auch gar nicht zugelassen worden. Überdies war die Hitze zu groß, die Araberpferde zu schnell, die Regeln rabiat, und die Söhne der Emire und Scheichs konnten es mit jedem Spitzenjockey aufnehmen. Manchmal winkte dem Gewinner auch eine besondere Prämie: die ein oder andere Tochter eines der Emire. Eine königliche Mitgift war selbstverständlich.

      Die Preisgaben waren keine „normalen“ Töchter. Es waren Mädchen, die wegen ihrer besonderen Schönheit und Sanftmut gerühmt wurden. Mädchen, die keiner der Männer je gesehen hatte, außer tief verschleiert. Natürlich gab es Tricks. Manchmal zeigten die Mädchen - wie durch einen Zufall der Bewegung - einen kleinen Teil ihrer schlanken Fesseln. Unter den weiten Gewändern zeichneten sich manchmal die grazilen Bewegungen ab. Manchmal die leichte Wölbung des Busens oder der Schulter. Manchmal - wie konnte das nur geschehen - verrutschte der Schleier ein wenig. Ein ganz klein wenig nur, aber doch so, das man eine Schläfe oder eine Augenbraue sehen konnte oder sogar - welch ein Glück - einen kurzen Augenblick lang in die tiefbraunen Augen blicken konnte, bevor der Schleier von der grazilen Hand hastig wieder vorgezogen wurde. Nur die Frauen wussten um die Schönheit der Mädchen und sie strickten eifrig an Legenden, die sie über den Kontinent verbreiteten. So wurden Ehen gestiftet und Frieden untereinander gehalten. Nicht in allen Ländern gelang das, aber in den ölreichen Regionen Nordafrikas und der Sinaihalbinsel, da funktionierte das.

      Davon wusste Clara nichts. Clara hatte andere Aufgaben. Théra hingegen wurde in diese kleinen Tricks eingeweiht. Es sind manchmal nur die Kleinigkeiten, die einen Mann zum Rasen bringen können, wurde ihr erklärt. Anders, als bei den europäischen Frauen. Dort - so war man sich sicher - fehlte jede Spannung und jeder Anstand. Théra und Clara wurde es indes hochangerechnet, dass sie stets auf das klassische Ritual geachtet hatten. Sie waren zwar nicht verschleiert, aber sie waren in Gegenwart der Männer immer verhüllt und sittlich gekleidet, und sie waren äußerst höflich. Das entsprach ganz der Sitte und dem Anstand der Araber.

      In den Mittagspausen ruhte Clara ein wenig und genoss es, mit Théra und den Mädchen zu baden. Sie sah Théra also jeden Tag und Théra schlief ihr zuliebe in dem gemeinsamen Bett, das eher ein Matratzenlager war, voll mit weichen Kissen, und von einer Gaze umhüllt wurde, um die Mücken fernzuhalten.

      Clara sah, dass die Mädchen des Emirs ihrer großen Schwester gut taten. Sie fühlte sich erleichtert. Es war eine gute Idee gewesen, Théra völlig zu entlasten und den Frauen des Harems zu überlassen. Clara hatte keine Ahnung, welchen Mächten sie Théra anvertraut hatte.

       5.

      Die Mädchen hatten in diesem Land als Jungfrau in die Ehe zu gehen, aber es gab durchaus einige Möglichkeiten, schon vor der Ehe Sex zu haben. Das war zwar verboten, es galt offiziell als unsittlich, doch es wurde bis zu einem gewissen Punkt geduldet, wenn es hinter hohen Mauern des Schweigens verborgen blieb. Küssen, Penetrieren und Schleier ablegen war strengstens verboten, aber warum sollten sich die Mädchen nicht schon vor der Ehe heimlich in der Liebe üben, um noch besser für die Ehe vorbereitet zu sein? Man musste nur aufpassen, dass nichts unsittliches passierte. Dann wäre der Ruf für immer dahin. Es gab strengreligiöse Länder, da wurden Mädchen für solche Dinge öffentlich aus der Gemeinschaft ausgestoßen und sogar zu Tode gesteinigt. Verbotene Dinge sind stets sehr gefährlich.

      Es gab sogar Vorkommnisse, da wurden liebende Paare zueinander geführt und die Frauen erreichten schließlich, dass bereits bestehende Ehegelöbnisse der Partner gelöst wurden. Die Frauen hatten viel Macht, wenn sie listig und verschwiegen waren.

      Das passierte nicht oft, doch hin und wieder passierte es. Die Frauen hatten da durchaus ihre Kontakte und Mittel, um so etwas in die Wege zu leiten.

      Sie sahen Théras Nöte und sie besprachen sich heimlich. Théra stammte nicht aus ihrem Harem. Sie war nicht Teil ihrer Adelsfamilie. Sie stammte nicht einmal aus diesem Land. Da konnte man durchaus etwas lockere Regeln anwenden. Théra war eine Freundin und sie brauchte Hilfe.

      Wenn sie da etwas einfädeln würden, dann durfte Théras Ruf auf keinen Fall leiden. Sie musste unerkannt bleiben und sie brauchte den absoluten Schutz der Gruppe. Nie durfte das Gerücht aufkommen, dass vielleicht sogar Leyla dieses Angebot gesucht hätte, um sich für die Ehe besser zu rüsten. Dann wäre die Heirat mit dem Sohn des Emirs von Masquat Vergangenheit.

      Die Frauen des Harems waren erfahren in Intrigen und Schachzügen. Überall dort, wo die Regeln sehr streng sind, blühen die unerlaubten Dinge im Verborgenen. Die Frauen des Harems standen in einer Jahrtausende alten Tradition der Kenntnis verbotener Dinge. Sie hatten Königreiche kommen und gehen sehen. Sie hatten Ehen gestiftet, sie hatten fremde Heerführer bestochen und Ehemänner vergiftet. Sie hatten ihre Verbindungen. Sie reichten sogar bis nach Südafrika und nach Indonesien. Théra würde nie alleine sein. Sie würde stets Schutz haben, doch eine Verbindung zum Hof würde nie hergestellt werden können. Nichts würde herauskommen. Die Frauen,


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