Wörterbuch zur Sicherheitspolitik. Ernst-Christoph Meier
Читать онлайн книгу.Bereichen Schutz der Truppe, Sanitätsdienst, Großraumtransport und gepanzerte Fahrzeuge;
•Austausch der Einsatzerfahrungen mit unbemannten Flugsystemen für mittlere Flughöhen in Afghanistan;
•Prüfung der Bündelung und gemeinsamen Nutzung, einschließlich wechselseitiger Abhängigkeiten, von Fähigkeiten wie Such- und Rettungsdienst im Rahmen von Kampfeinsätzen (CSAR) und Hubschraubern;
•Koordination der Erarbeitung der deutschen und französischen sicherheitspolitischen Weißbücher der kommenden Jahre.
Trotz der engen institutionellen Verknüpfung, der hohen Dichte an Kooperationszusammenhängen und der erfolgreichen Wiedereingliederung Frankreichs in die integrierten militärischen Strukturen der NATO im Jahr 2009 fällt es der ~ allerdings augenscheinlich schwerer, gemeinsame Prioritäten zu generieren. Der britisch-französische verteidigungspolitische Kooperationsvertrag vom November 2010 als auch die deutsch-französischen Differenzen bezüglich des NATO-geführten Libyen-Einsatzes 2011 können als Abkehr von traditionellen Mustern gewertet werden. Teilweise liegt diese in Richtungsänderungen der französischen Sicherheitspolitik unter Präsident Sarkozy begründet, der eine pragmatisch-flexible Vorgehensweise auf Ad-hoc-Basis stärkte und den zuvor starken Fokus auf die gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU relativierte. Die Interessenkonvergenz in den sicherheitspolitischen Grundlinien scheint zwischen Frankreich und Deutschland abgenommen zu haben. Um diesen Tendenzen entgegenzutreten und eine Belebung der ~ zu erreichen, initiierte der Bundesminister der Verteidigung, Thomas de Maizière, im Juli 2011 einen deutsch-französischen strategischen Dialog.
In Bezug auf die PESCO bestehen trotz des generellen Erfolgskurses dieser Initiative noch einige bemerkenswerte Diskrepanzen in den jeweiligen deutschen und französischen Erwartungshaltungen. Deutschland versteht PESCO als ein außenpolitisches Mittel zur Vertiefung der europäischen Integration. Da in vielen anderen Politikfeldern Uneinigkeit zwischen den Mitgliedstaaten dominiert, sollte PESCO als Zeichen des Zusammenhalts und der Handlungsfähigkeit möglichst viele EU-Staaten einschließen. Für Frankreich stand dagegen die eher militärisch-verteidigungspolitisch begründete Idee der Kooperation einer kleinen Anzahl einsatzfähiger und -williger Staaten im Vordergrund, die im Falle einer Krise in Europas Umgebung schnell gemeinsam eingreifen können.
In seiner Sorbonne-Rede im September 2017 lobte der französische Präsident Macron zwar den Fortschritt der europäischen Verteidigungsunion durch PESCO und den Europäischen Verteidigungsfonds. Gleichzeitig betonte er aber die Notwendigkeit weiterer Anstrengungen, um als Europäer eine eigenständige operative Handlungsfähigkeit zu entwickeln, komplementär zur NATO. Als größtes Hindernis für eine ambitionierte europäische Verteidigungsunion identifizierte er das Fehlen einer gemeinsamen strategischen Kultur, was die Europäer daran hindert, gemeinsam zu handeln und schnell auf Krisen reagieren zu können.
Mit der Gründung einer Europäischen Interventionsinitiative (EI2) sollte diese Lücke gefüllt werden. EI2 sollte daher ein weiteres Instrument im europäischen Werkzeugkasten erschaffen werden. Ein Instrument, das den Mitgliedstaaten erlauben sollte, schneller, entschiedener und unbürokratischer eingreifen zu können.
Die Gründung von EI2 wurde in Deutschland allerdings zunächst skeptisch betrachtet. Ein wesentlicher Grund dafür war die Tatsache, dass EI2 außerhalb der EU-Strukturen erschaffen worden ist und somit komplementär zu PESCO und der GSVP ist. Letzten Endes stimmte Deutschland der Schaffung von EI2 zu und unterschrieb im Juni 2018 gemeinsam mit neun weiteren Staaten (Frankreich, Großbritannien, Belgien, Spanien, Portugal, Dänemark, Niederlande, Estland und Luxemburg) den Vertrag zur Gründung von EI2. Die Zustimmung Deutschlands kann vor allem als Zeichen der deutsch-französischen Partnerschaft gesehen werden.
Für DEU und FRA zählen natürlich auch die bilateral gestarteten Rüstungskooperationen (v. a. FCAS, MGCS) zu denjenigen Projekten, die neben der nationalen Verteidigungsstärkung auch maßgeblich zur Intensivierung der europäischen Handlungsfähigkeit dienen. Das Ziel wird geteilt, die Aufgaben- und Lastenteilung sind jedoch auch Gegenstand laufender Verhandlungen.
Militärische Zusammenarbeit
Die gemeinsamen Großmanöver Kecker Spatz (1987) und Champagne (1988), die Gründung des DFVSR und die Schaffung einer vertieften Struktur der bilateralen Zusammenarbeit, die Aufstellung von Deutsch-Französischer Brigade (1988) und Eurokorps (1991/92) waren Ausdruck der damaligen Dynamik in der ~.
Anlässlich des 50. deutsch-französischen Gipfels am 12./13. November 1987 wurde der Beschluss zur Aufstellung der Deutsch-Französischen Brigade gefasst. Zum 12. Januar 1989 folgte bereits die Indienststellung. Die Brigade besteht aus deutschen, aus französischen und aus gemischten Truppenteilen, die alle in Baden-Württemberg disloziert sind. Der gemischte Stab liegt in Müllheim am Rhein. Die Brigade hat sich vom politischen Vorzeigeobjekt mit begrenztem militärischen Wert zu einem einsatzbereiten Großverband vorzugsweise im Rahmen des Eurokorps entwickelt. Auf dem Weg dorthin war eine Vielzahl kleinerer und größerer Probleme zu lösen. Es galt, in mühevoller Kleinarbeit die Vielzahl an Unterschieden entweder zu überbrücken oder zumindest miteinander in Einklang zu bringen. Bis heute ist die Deutsch-französische Brigade einzigartig in der Tiefe ihrer Integration. Seit Dezember 2010 ist ein deutscher Truppenteil der Brigade, das Jägerbataillon 291, dauerhaft in Frankreich (Illkirch-Graffenstaden) stationiert. Dieser Schritt wird als wichtiges Symbol der deutsch-französischen Freundschaft gewertet. Die Brigade soll zum Einsatz als schneller Eingreifverband vorrangig für das Eurokorps befähigt und auf ihre Beteiligung am NATO Response Force Konzept der NATO (NRF) und am EU Battlegroups-Konzept vorbereitet werden.
Das Eurokorps wurde im November 1993 in Dienst gestellt. Es basiert auf einer deutsch-französischen Initiative aus dem Jahre 1991, der sich im Laufe der Jahre weitere Partnernationen anschlossen. Heute sind neben Frankreich und Deutschland noch Belgien, Spanien und Luxemburg als Truppensteller beteiligt. Griechenland, Italien, Österreich, Polen, Rumänien, Türkei und die USA stellen einzelne Offiziere im Stab des Eurokorps. Damit sind heute insgesamt zwölf Nationen am Eurokorps beteiligt. Das Hauptquartier wurde gemäß NATO-Standards als High Readiness Forces Headquarters zertifiziert und ist für Einsätze sowohl im Rahmen der EU als auch der NATO vorgesehen.
1992 wurde ein gemeinsamer Deutsch-französischer Marineverband (DEFRAM) aufgestellt, der ursprünglich nur zu Übungs- und Ausbildungszwecken einmal im Jahr für drei bis vier Wochen aktiviert werden sollte. Beim Jubiläumsgipfel 2003 wurde beschlossen, DEFRAM zu einem bei Bedarf schnell aufstellbaren und einsetzbaren Marineverband weiterzuentwickeln, der den europäischen Partnern zur Beteiligung offensteht. Seit 2003 kam DEFRAM bereits mehrfach im Rahmen der Operation Enduring Freedom am Horn von Afrika zum Einsatz und wird nach wie vor jährlich zu Übungszwecken formiert.
Auf dem Gebiet der gemeinsamen Ausbildung des Personals ist die Zusammenarbeit zwischen den beiden Streitkräften besonders eng. Auf allen Ebenen der Führerausbildung sowie in einer großen Vielzahl fachlicher Ausbildungsgänge erfolgt ein reger Austausch von Lehrgangsteilnehmern. Eine große Anzahl von Verbindungs- und Austauschoffizieren auf allen Ebenen stellt einen äußerst regen Erfahrungsaustausch sicher.
Die deutsch-französische Rüstungskooperation erfuhr, im Vergleich zu ihren binationalen Anfängen, zunächst eine zunehmende Europäisierung. In jüngster Zeit erscheint auch diese fraglich, da Frankreich auch in diesem Feld stärker auf Großbritannien zugeht. Die Entscheidung Frankreichs, aus einer geplanten deutsch-französisch-spanischen Kooperation (Talarion-Projekt) im Bereich der unbemannten Flugsysteme zugunsten einer britisch-französischen Allianz auszusteigen, unterstreicht diesen Trend.
Darfur-Konflikt
Im ~ stehen sich Einheiten der sudanesischen Zentralregierung in Khartum und mit ihr verbündeter arabischstämmiger Reitermilizen (Janjaweed) und Milizen der Sudanesischen Befreiungsbewegung (Sudan Liberation Movement – SLM/Sudan Liberation Army – SLA) und der Bewegung für Gerechtigkeit und Gleichheit (Justice and Equality Movement – JEM) als Interessenvertreter überwiegend schwarzafrikanischer Stämme gegenüber.
Der im Februar 2003 eskalierte Konflikt in Darfur