Die schönsten Sagen des klassischen Altertums - Zweiter Teil. Gustav Schwab

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Die schönsten Sagen des klassischen Altertums - Zweiter Teil - Gustav  Schwab


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aus derselben Hornvieh und Schafe herzu, auch Wein und Brot

       werde uns reichlich aus den Häusern herbeigeschafft; Wachtfeuer sollen uns rings vor einem Überfall

       der Feinde schützen, während wir des Mahles oder der Wunden pflegen. Mit Anbruch des Morgens

       erneuern wir den Angriff auf die Schiffe; dann will ich sehen, ob Diomedes mich zur Mauer

       hinwegdrängt oder ich ihm selbst die Rüstung vom Leichnam abziehe!« Die Trojaner rauschten ihm

       Beifall zu; es geschah nach seinem Rate; die ganze Nacht über rasteten sie, im Schutze von tausend

       Wachtfeuern, je fünfzig und fünfzig, bei Schmaus und Wein; ihre Rosse standen beim Geschirr und

       labten sich an Spelt und Gerste.

       Botschaft der Griechen an Achill

       Im griechischen Lager hatte sich der Schrecken von der Flucht noch nicht gelegt, als Agamemnon die

       Fürsten Mann für Mann, doch nicht laut, zu einer Ratsversammlung rufen ließ. Tiefbekümmert saßen

       sie bald beisammen, und unter schweren Seufzern sprach der Völkerfürst: »Freunde und Pfleger des

       Volkes, in schwere Schuld hat mich Zeus verstrickt. Er, dessen gnädiger Wink mir verheißen hatte,

       daß ich als Sieger nach Vertilgung Trojas heimgehen sollte, hat mich betrogen und befiehlt mir jetzt,

       so viele tapfere Männer auf der Walstatt zurücklassend, ruhmlos nach Argos heimzukehren.

       Vergebens widersetzen wir uns dem Willen dessen, der schon so vielen Städten das Haupt

       zerschmettert hat und noch zerschmettern wird. Aber Troja sollen wir nicht erobern. So gehorchet

       mir denn, und laßt uns auf den schnellen Schiffen zum Lande der Väter fliehen!«

       Lang blieben die bekümmerten Helden Griechenlands stumm, als sie das traurige Wort vernommen

       hatten, bis endlich Diomedes zu reden begann: »Zwar schmähtest du jüngst«, sprach er, »meinen

       Mut und meine Tapferkeit vor den Griechen, o König, jetzt aber will mir bedünken, daß dir selbst

       Zeus mit dem Zepter der Macht die Tapferkeit nicht verliehen hat. Glaubst du denn im Ernste, die

       Männer Griechenlands seien so unkriegerisch, wie du geredet? Wohl, wenn dich das Herz so sehr

       nach der Heimat drängt, so wandre! der Weg ist frei, und dein Schiff steht bereit! Wir andern Achiver

       wollen bleiben, bis wir die Burg des Priamos zerstört haben. Ja, wenn sie alle davongingen, so blieben

       doch wir, ich und mein Freund Sthenelos, und kämpften fort, im Glauben, daß eine Gottheit uns

       hierhergeführt!« Die Helden jubelten bei diesem Worte, und Nestor sprach: »Du könntest mein

       jüngster Sohn sein, o Jüngling, und doch hast du lauter Verständiges gesprochen. Auf daher,

       Agamemnon, gibt den Führern ein Mahl, du hast ja Weins genug in den Zelten; die Scharenhüter

       sollen sich am Graben draußen vor der Mauer lagern, du aber horche beim Becher auf den Rat der

       Besten unter dem Volke.«

       So geschah es. Die Fürsten schmausten bei Agamemnon getrösteteren Muts, und nach dem Mahle

       sprach Nestor wieder in der Versammlung: »Agamemnon, du weißt, was seit dem Tage geschehen

       ist, an welchem du dem zürnenden Peliden die schöne Tochter des Brises aus den Zelten raubtest,

       wider unsern Sinn; denn ich habe dich mit großem Ernst abgemahnt. Jetzt ist es Zeit, darauf zu

       sinnen, wie wir das Herz des Gekränkten zur Versöhnung bewegen mögen.« »Du hast recht, o Greis«,

       antwortete Agamemnon, »ich habe gefehlt und leugne es nicht. Auch will ich es gerne gutmachen

       und dem Beleidigten unendliche Sühnung bieten: zehn Talente Goldes, sieben Dreifüße, zwanzig

       Becken, zwölf Rosse, sieben blühende lesbische Weiber, die ich selbst erobert, endlich die liebliche

       Jungfrau Brisëis selbst, die ich, obgleich ich sie dem Achill entrissen, doch immer in Ehren gehalten

       habe, wie ich mit heiligem Eide beschwören kann. Erobern wir dann Troja und teilen den Siegesraub,

       so will ich ihm selbst sein Schiff mit Erz und Gold vollfüllen, und er mag sich zwanzig Trojanerinnen,

       die schönsten nach Helena, zur Beute heraussuchen. Kommen wir nach Argos heim, so soll er sich

       eine von meinen Töchtern zur Gattin erwählen; er wird mir ein lieber Eidam sein, und meinen

       eigenen einzigen Sohn Orestes will ich nicht höher halten. Sieben Städte werde ich ihm zum

       Brautschatz geben. Solches alles will ich tun, sobald er von seinem Zorn abläßt.«

       »Fürwahr«, antwortete ihm Nestor, »du bietest dem Fürsten Achill keine verächtlichen Gaben.

       Senden wir denn auf der Stelle auserlesene Männer, Phönix als Führer, dann den großen Ajax und

       den edlen Odysseus und mit ihnen die Herolde Hodios und Eurybates, zu den Zelten des zürnenden

       Helden.«

       Nach einem feierlichen Trankopfer verließen wirklich die von Nestor ausgewählten Fürsten die

       Versammlung und gelangten in kurzem zu den Schiffen der Myrmidonen. Hier fanden sie den Achill,

       wie er auf der schönen gewölbten Leier mit silbernem Stege, einer Beute aus Eëtions Stadt, sein Herz

       erlabend spielte und Siegestaten der Helden dazu sang. Ihm gegenüber saß sein Freund Patroklos

       und harrte schweigend, bis jener den Gesang beendigt hätte. Als der Pelide die Abgesandten,

       Odysseus an der Spitze, kommen sah, erhub er sich staunend von seinem Sitze, die Leier in der Hand

       behaltend. Auch Patroklos stand auf, sobald er ihrer ansichtig wurde; beide gingen ihnen entgegen,

       und Achill faßte den Phönix und den Odysseus bei den Händen und rief »Freude sei mit euch, ihr

       Teuren! Zwar führt euch gewiß irgendeine Not zu mir her; doch ich liebe euch so sehr vor allen

       Griechen, daß ihr auch dem Zürnenden willkommen seid. « Schnell brachte jetzt Patroklos einen

       großen Krug Weines herbei. Achill selbst steckte den Rücken einer Ziege und eines Schafes und das

       Schulterblatt eines Mastschweins an den Spieß und briet alles mit Hilfe seines Gefährten Automedon.

       Nachdem sie sich nun, um das Mahl gelagert, an Speise und Trank gelabt hatten, winkte Ajax dem

       Phönix; Odysseus aber kam diesem zuvor, füllte den Becher mit Wein und trank dem Peliden mit

       einem Handschlage zu; dann begann er: »Heil dir, Pelide, deinem Schmaus gebricht es nicht an Fülle;

       aber nicht das liebliche Mahl ist's, wonach uns verlangt, sondern unser großes Unglück führt uns zu

       dir. Denn jetzt gilt es unsere Rettung oder unsern Untergang, je nachdem du mit uns gehest oder

       nicht. Die Trojaner bedrohen den Steinwall und unsere Schiffe; Hektor, die Augen voll Mordlust,

       wütet, auf Zeus vertrauend. Erhebe dich denn, die Griechen wenn auch spät, zu befreien; bändige

       den Stolz deines Herzens; glaube mir, freundlicher Sinn ist besser als verderblicher Zank. Hat dir doch

       dein Vater Peleus selbst solche Ermahnungen mit auf den Zug gegeben!« Dann zählte ihm Odysseus

       alle die herrlichen Gaben auf, die Agamemnon ihm zur Sühne anbieten ließ und noch weiter

       versprach.

       Aber Achill erwiderte: »Edler Sohn


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