Indienfahrt 1965. Klaus Heitmann

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Indienfahrt 1965 - Klaus Heitmann


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nahe kam. Um ein völliges Verstauben des Wageninneren zu verhindern, versuchte ich zunächst noch bei geschlossenen Fenstern zu fahren. Ich war aber, zumal angesichts der ernormen Anspannung, bald so in Schweiß gebadet, dass ich die Fenster öffnen musste. Dies wiederum bedeutete, dass der Wagen samt unserem Gepäck völlig eingestaubt wurde. Ich selbst sah bald aus, wie Max und Moritz, nachdem sie aus der Mehlkiste des Beckers geklettert waren.

      Auf diese Weise erreichten wir Marand, ohne dass das Seil nochmals gerissen wäre. Ich war völlig erschöpft und musste mich zunächst einmal vom Staub befreien, der mir Augen, Nase und Mund verklebte. In Marand ging ein großes Palaver über den Preis los, den wir für das Abschleppen bezahlen sollten. Der Fahrer des Viehtransporters wollte umgerechnet fünfundzwanzig Mark, was uns, unter Berücksichtigung des dortigen Preisniveaus, außerordentlich viel erschien. Wir hingegen gingen von weniger als zehn Mark aus. Nicht mehr zu klären war, ob wir uns beim Aushandeln des Preises missverstanden hatten oder ob der Fahrer des Viehtransporters den Preis nach erbrachter Leistung einfach drastisch erhöhte, was, wie wir inzwischen wussten, durchaus zum Verhandlungsrepertoire orientalischer Vertragspartner gehörte. Während wir mit dem Fahrer mit den begrenzten sprachlichen Möglichkeiten, die uns zur Verfügung standen, diskutierten, sammelte sich um uns eine riesige Menschenmenge, welche die hitziger werdende Verhandlung neugierig verfolgte, ohne dass sich jemand einmischte. Wir merkten an den Reaktionen der Umstehenden aber schon, dass wir mit unseren Preisvorstellungen nicht völlig daneben lagen. Schließlich drückten wir dem Fahrer umgerechnet zehn Mark in die Hand, die er mit einer obszönen Geste annahm.

      Ein sehr netter Perser, der gut französisch sprach, half nun bei der Suche nach einem Wagen, der uns nach Täbris abschleppen konnte. Wir fanden mit einiger Mühe einen Bus, der für die siebzig Kilometer siebenundzwanzig Mark haben wollte. Gertrud hatte sich bei der Kletterei auf dem Viehtransporter einen tiefen Schnitt am Fuß zugezogen, weswegen sie und Franz vorausfahren sollten. Der Zufall wollte, dass ein Studienkollege von Rajindra mit einem komfortablen Mercedes vorbeikam, der die beiden mitnahm. Niemand riss sich nach den gemachten Erfahrungen darum, den Wagen bei dem neuen Abschleppmanöver zu lenken. Offenbar war mein automobilistisches Ansehen durch die Bewältigung der Fahrt nach Marand in der Gruppe gestiegen. Jedenfalls bat man mich kollektiv, wieder das Steuer zu übernehmen. Der Bus hatte ein Stahlseil, das nicht nur lang genug war, um alle Temposchwankungen rechtzeitig ausgleichen zu können, sondern auch so dick, dass es mit Sicherheit nicht reißen würde. Das aber hatte ebenfalls seine Tücken. Wir hatten das Seil an der Stoßstange unseres Wagens befestigt, die eigentlich sehr robust war. Die Strasse überquerte aber immer wieder einen Bahndamm. Wenn der Bus oben ankommen war und auf der anderen Seite steil wieder herunterfuhr, hob sich sein Heck mit Schwung, wodurch sich das starre Stahlseil ruckartig spannte und entsprechende Zugkräfte an der Stoßstange zerrten. Im Laufe der Zeit bog sich dabei die Stoßstange in der Mitte immer weiter nach vorne. Da sie an der Seite des Wagens noch ein Stück weiterlief, hatte dies zur Folge, dass sie sich der Karosserie hier wie eine Greifzange näherte. Irgendwann war der Punkt erreicht, an dem die Zange zubiss, wodurch die vorderen Türen blockiert wurden. Wir waren völlig aufgelöst. Es schien, dass wir unserem Wagen durch das Abschleppmanöver noch den Rest gaben. Aber wir hatten keine Alternative. Der Busfahrer versprach zwar, vorsichtiger über die Bahnübergänge zu fahren. Es kam jedoch trotzdem zu erheblichen Rucks. Die Stoßstange wurde schließlich in der Mitte immer weiter herausgezogen, bis sie, als wir in Täbris einfuhren, bei einem letzten Ruck vollständig abriss und hinter dem Bus herschepperte. Zum Glück waren wir nur noch wenige hundert Meter von der VW-Werkstatt entfernt, wo der Rest der Mannschaft schon wartete. Mit vereinten Kräften schoben wir den Wagen in die Werkstatt hinein.

      Wieder schien es so, als müssten wir die Nacht vor einer Werkstatt verbringen. Es kamen aber zwei junge Männer, die sich darum rissen, uns für die Nacht zu sich einzuladen. Wir wussten nicht so recht, wie wir ihr Verhalten, das uns übermäßig engagiert erschien, einschätzen sollten. Schließlich entschlossen wir uns, mit einem jungen Mann namens Josef zu gehen, der sich als Pfadfinder vorstellte. Wir gingen einfach mal davon aus, dass er eine gute Tat begehen wollte. Er lud uns in ein einfaches Hotel ein und bezahlte alles für uns, Taxi, Hotel und das reichliche Essen. Auch dies nährte zunächst unser Misstrauen. Im Laufe des Abends fassten wir aber Zutrauen zu ihm und gewannen den Eindruck, dass sein Verhalten nur Gastfreundlichkeit war. Diese gipfelte, kaum dass er uns näher kannte, in der Behauptung, er liebe uns mehr als seinen Vater und seine Brüder.

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