Rentadep. Jens Otto Holländer
Читать онлайн книгу.gehen entspannt in den Tag. Das Diazepam morgens 10 abends 20 mg behalten wir vorerst bei. Sobald sie mir grünes Licht geben, schleichen wir das aus. Einverstanden? Bis morgen Früh Herr Karutz.“
„ Bis dann Doktor“- Er freute sich. Geil heute Abend zwei Flunnies. Da kannst du lange drauf warten, dass ich grünes Licht gebe. Du Vollpfosten. Ohne Beikonsum? Von was träumt der noch? Kopfschüttelnd ließ er sich wegsperren.
Am kommenden Morgen um 8.50 schaute der Sanitätsbeamte in die Beobachtungszelle, in der Micheal seit 20 Minuten untergebracht war. Er lag summend auf dem Bett und lächelte vor sich hin. Michael fühlte sich bombig gut. Wie verliebt und schön breit. So ließ sich sogar Knast gut aushalten. Er war um kurz vor halb neun in die B Zelle gekommen und Rolle, der Sani, hatte ihm einen Apparat hingehalten. Röhrchen in die Nase, anderes zuhalten und eins, zwei, drei, tief und nochmal tief inhalieren. Und los. Und nochmal. Los. Einen Augenblick später überflutete Michael ein Gefühl, das er gar nicht näher benennen konnte. Er dachte kurz an den Kindergarten. Er fühlte sich gehoben, geborgen, zuversichtlich und gleichzeitig so entspannt, dass er vergaß an seiner Selbstgedrehten zu ziehen. Es war anders wie Heroin, nicht so dumpf. Aber es war ganz eindeutig ein Opiat Gefühl, was er da spürte. Und zwar ein verdammt gutes. Was war das denn? So einen geilen Törn hatte er seit er 14 war, als er zum ersten Mal Thai H geschnupft hatte, nicht mehr erlebt. Und das sollte er nun vom Knast bekommen? Wo lag der Haken?
Gegen Mittag durfte er in seine Zelle, auf Abteilung B3 zurück. Nach zehn Tagen war er voll auf Euphorin eingestellt. Schon eine Stunde, bevor er die nächste Dosis bekam, freute er sich darauf und fieberte der Vergabe entgegen. Der Sanitäter kam mit einem Gerät das entfernt an eine E-Zigarette erinnerte. In einem kleinen Kolben befand sich eine ölig aussehende Flüssigkeit. Er hielt es ihm vor das Gesicht, Micha schob das Plastikröhrchen in die Nase, drückte das andere Nasenloch zu und inhalierte fest zweimal. Nach ca. 4-6 Sekunden kam die Wirkung in einer Welle, wie er es von ganz früher bei gutem Heroin kannte. Das war besser als jede ihm bekannte Droge.
Nach einer Woche saß er wieder dem Arzt gegenüber.
„ Hallo Herr Doktor.“
„Herr Karutz. Erzählen sie mir doch bitte, wie es ihnen ergangen ist.“
„Also die Umstellung ist gut gelaufen. Der Suchtdruck ist weg und ich glaube ich bin nicht mehr so unruhig. Aber morgens, nach der Nacht bin ich schon entzügig. Das geht dann aber weg, nach der Morgendosis.“
„Dann schlage ich vor, dass wir abends die Dosis um 10% erhöhen. Sonst noch etwas?“
Nein keine Klagen. Das Zeug würde er nehmen, solange er es bekommen konnte. Nach der Kalkulation von Rentadep maximal 30 Jahre, hoffentlich weniger… Er war der 4219. Gefangene, der sich freiwillig auf Euphorin umstellen ließ. Mit dieser chemischen Zwangsjacke, wurde er nach Verbüßung der Halbstrafe, gut zwei Jahre vor seinem offiziellen Haftende in die Obhut von Rentadep Deutschland entlassen. Er blieb für 8 Jahre bei Rentadep bis er bei einem Autounfall verstarb. Drüben in der Frauenabteilung der JVA Willich Anrath, verhießen die Zahlen noch bessere Ergebnisse.
Gregor
Grzeszek Kowalski, hier Gregor Kowalski, 49, Vorstandsvorsitzender und leitender Geschäftsführer von Rentadep, saß in seinem Büro, nebenan von Jo Volland in der Zentrale von Rentadep, bohrte in der Nase, während er auf seinen Bildschirm starrte. Er hatte eine in die Wand eingelassene Mediafläche, deren Größe er beliebig ändern konnte, bis zu100 Zoll diagonal. Er saß bequem in seinem drehbaren weichen Ledersessel, während sein Zeigefinger versuchte endlich den Brocken, dessen Kruste ihm immer wieder entwischte, aus seiner Nase heraus zu popeln. Dabei wurde er sich seines schlechten Atems bewusst. Ah, widerlich.. Endlich hatte er das Teil losgelöst, ein dicker nasser Batzen klebte an dem trockenen Rest. Fasziniert schmierte er ihn unter seine Schreibtischkante. Er war ein unangenehmer Zeitgenosse
Mittelgroß und schlank, hatte er, Ende Vierzig schlohweiße Haare und einen weißen dichten Vollbart, kurz gehalten. Eng stehende, stechende braune Augen und eine leicht aufgeworfene Totenkopfnase. Bart und Haare wirkten eher wie ein Fell, sahen exakt gleich aus und man konnte unmöglich sagen, wo die Koteletten in Bart übergingen, lediglich Stirn, teils die Schläfen, die Nase selbst und oberen Wangen und die Partie unter den Jochbeinen waren von rosiger Haut bedeckt. Der Rest des Schädels war von dichtem weißem Haar bedeckt, aus dem die Ohrmuscheln herausragten. Gekleidet in dunkelgraue Hosen und schwarzen Rollkragenpullover, unpassend, bei dem herrlichen Vor-Frühlingswetter. Die Fingernägel seiner Hände waren rot, geschwollen, abgebissen und entzündet. Durch ausgeprägte Mandelsteine, kleinen weißlichen kristallinen Bröckchen, die sich hinten im Rachen in den Hautfalten der Mandeln einnisteten, verströmte seinem Mund ein schwefeliger Geruch, der Gesprächspartner aller Art auf Abstand hielt und ihm selbst, beim Nägelkauen manchmal den Atem raubte. Sein Zahnarzt, der ihm mehrmals vergebens hatte zeigen wollte, wie man Mandelsteine selber entfernen konnte, trug immer schon die Maske über Nase und Mund, wenn Gregor K. alle Jahre einmal in seine Praxis kam.
Beruflich auf der Erfolgspur, war Gregor Kowalski ein begnadeter Betriebswirt, Absolvent der Harvard Buisness Shool und wirtschaftliches Genie und hatte es, durch seine skrupellose Art und sein pragmatisches, oft an Zynismus grenzendes Vorgehen, zum Vorstandsvorsitzenden und Geschäftsführer, der Rentadep gebracht. Nebenbei hatte er noch in klinischer Psychologie promoviert und befasste sich gerne mit Verhaltenslehre. Er sprach fließend und akzentfrei Deutsch, Englisch, Französisch; Spanisch und Russisch nur gut und seine Heimatsprache Polnisch. Er war unverheiratet und kinderlos. Über sein Privatleben war nichts bekannt, was daran lag, dass er das so wollte. Er bewohnte einen kleinen alten Bauernhof, auch oben auf der Alb und hatte immer sechs bis acht Hausschweine, einer altdeutschen Rasse. Ab und an kam der Metzger mit seinem Elektrogerät und dann schlachtete Kowalski selbst und zerwirkte das Tier fachmännisch.
Ungebunden und unfähig Liebesbeziehungen einzugehen, war er höchst illegales Mitglied in einem elitären Internet SM Club im Dark Net, genannt Gender Horror, bei dem man sich nach entsprechender Bezahlung, mittels Internetwährung, live mit anschauen konnte, wie Frauen, Männer, Kinder gefoltert, operiert und gequält und dann getötet wurden. Das kostete zwar immer eine viertel Million, aber man gönnte sich ja sonst so wenig… Alle sechs bis acht Wochen, wenn sein PC wieder ein neues Meeting ankündigte, geriet er in einen Rausch, der einem normalen Menschen Angst eingejagt hätte. Gender Horror nannte sich die Plattform. Die Opfer waren von Vorpubertär bis ca. 40 und stets geschockt und paralysiert, wenn sie aus ihrer Betäubung erwachten und sich, umgeben von Kameras ihren Folterknechten gegenüber sahen, während ihnen die zunehmenden Schmerzen an den Handgelenken klar werden ließ, dass sie an einem Haken von der Decke baumelten, oder auf einem Tisch festgeschnallt waren.. Verdammt wirklich.
Allein dieses Szenarium machte Gregor geil. Die Folterkammern waren mit jeglichem Mobiliar eingerichtet, was sich nutzen oder auch zweckentfremdet nutzen ließ, alle möglichen Werkzeuge, Substanzen Geräte, elektrisch oder benzingetrieben, wie z.B. eine der größeren Kettensägen.
Vor allem ältere Frauen hatten es ihm angetan. Diese Drecksfotzen.
Er könnte oft brüllen, vor aufgestauter Wut, Lust, Zerstörungswut, keine Ahnung. Er war ja kein Psycho. Keiner der auf die Couch musste und seinem Therapeuten die Ohren vollheulte, bis der irgendwann sagte, die Zeit sei rum, bis kommende Woche.
Ohne Vater aufgewachsen, hatte es ihm stets an irgendeinem Bild gefehlt, dem er nacheifern oder gegen das er revoltieren konnte. Ohne Geschwister, von einer, in katholischem Wahn entrückten Mutter erzogen, die ihm als zwei bis vierjährigen, den Penis mit einer Schnur zu band, wenn er in die Hose oder das Bett gemacht hatte. Er musste zusehen, wenn sie masturbierte und bekam Schläge, wenn er weg sah. Er musste sie oral befriedigen, für aktiven Geschlechtsverkehr war er noch nicht in der körperlichen Lage. Die Frau, die sich Mutter nannte, verbrannte seinen After mit Zigaretten und bestrafte ihn mit stundenlangem stehen, nackt vor dem offenen Fenster, wenn draußen Minusgrade herrschten.
Er sozialisierte sich nie richtig und war von der Grundschule an ein Einzelgänger und Sonderling. Seine Mutter misshandelte ihn sexuell bis er dreizehn Jahre alt war. In der Pubertät bekam er die Mandelsteine. Danach mieden ihn die Kinder erst