Zeitreise auf Abwegen. Matthias Arndt
Читать онлайн книгу.hält wohl jemand von innen die Tür zu<<, gab ich Julian zu verstehen.
>>Papa, du musst mir helfen…<<.
Jetzt zogen wir zu zweit an dem Holztor, bis endlich von innen jemand öffnete.
>>Das ist ja eine Überraschung. Seit ihr wegen dem Grundstück heute hier?<<, fragte Bernd, der sich mit der Hand an einem Türpfosten festhielt.
>>Ja, es ist alles so, wie Elke es beschrieben hat, aber ich denke mal, dass da noch eine Menge Arbeit auf uns zukommt<<.
>>Ist denn Eure Finanzierung schon geregelt?<<, wollte Bernd im selben Augenblick wissen.
>>Elke hat sich in den letzten Tagen intensiv darum gekümmert, sonst hätte sie wohl kein Grundstück gekauft<<, gab ich zu verstehen.
Gemeinsam liefen wir in das Wohnzimmer, während Julian sich gleich auf einen der freien Plätze an den Wohnzimmertisch setzte. Der Kaffeetisch war bereits liebevoll gedeckt und es roch nach frischen Rhabarberkuchen. Wir warteten noch einen Moment auf Elke und Silka, ehe wir gemeinsam in froher Runde am Kaffeetisch plauderten. Das neuerworbene Grundstück war das Gesprächsthema bei Kaffee und Kuchen. Es wurde ausgelassen diskutiert und herzlich gelacht.
In einer Ecke im Wohnzimmer standen die Pflanzen und Ziersträucher, die bis vor wenigen Wochen unseren Balkon schmückten, aber irgendwie sahen sie jetzt mickrig aus.
Hinter einer der Türen zum Wohnzimmer befanden sich auch Julians Spielsachen, die in einer Holzkiste lagen. Dabei dachte ich jetzt über ein Spiel mit Julian nach, der schon ungeduldig auf seinem Stuhl zappelte. Nachdem Kaffee ging ich mit Julian in den Garten, der sich gleich hinter dem Haus befand. Zuerst spielten wir Fußball, bevor wir uns dann in eine Hollywoodschaukel fläzten und die Füße baumeln ließen. Später kam dann noch Bernd in den Garten.
>>Möchtest du ein Bier?<<, fragte mich Bernd.
Ich nickte bedächtig und öffnete die gereichte Flasche, die ein zischen von sich gab.
Die Atmosphäre entspannte sich zusehends, nachdem auch Elke und Silka in den Garten kamen. Bernd erzählte mir von dem notwendigen Ausbau des Dachgeschosses in seinem Haus, welches viel Zeit und Mühe mit sich brachte. An Hand von Modellzeichnungen, die mir Bernd im Anschluss darangab, wurde ersichtlich, welcher Aufwand nötig ist, bezüglich der Eigenleistungen, die zur Verwirklichung des Traumhauses unerlässlich sind. Während sich Elke Ratschläge von ihrer Schwester Silka holte, spielte Julian fortlaufend mit einem Ball im Garten. Nach geraumer Zeit holte Bernd einen Bratrost aus der Garage, den er mit Holzkohle befüllte. Das weckte jetzt auch die Neugierde von Julian, der akribisch genau die Arbeiten am Grill beobachtete. Noch immer saß Elke mit Silka auf einer Bank im Garten, die anscheinend endlose Diskussionen führte.
Immer wieder musste ich daran denken, wie wir gemeinsam den Hausbau vorantreiben und finanzieren wollten, wenn uns gleichzeitig noch anderen Aufgaben des Alltags bevorstanden.
Später reichte Bernd das Essen vom Grill und wir ließen uns die Steaks schmecken, dabei merkten wir kaum, wie die Zeit verstrich.
Die Glocken der Dorfkirche läuteten jetzt neunmal und es war Zeit, uns voneinander zu verabschieden.
Julian machte derweil einen Riesenaufstand, weil auch er unbedingt zurück in die Stadt wollte. Es kostete Elke und mir unendlich viele Nerven, um ein überzeugendes Argument zu finden, was Julian ohne Wenn und Aber akzeptieren musste. Letztendlich siegte die Vernunft, so dass Julian sich den Anweisungen von Elke beugen musste.
Bei unserer Rückkehr in die Stadt stellte Elke fest, dass sie die Unterlagen vom Katasteramt vergessen hatte. Ein Anruf bei Silka stellte jedoch klar, dass diese bei ihr auf dem Küchentisch lagen.
4. Kapitel
Nur mit Mühe kam ich an diesem Morgen in die Gänge, als ich in mein Fahrzeug stieg und zu meiner Arbeitsstätte fuhr. Gleich zu Beginn der neuen Woche gab es Probleme mit den antriebstechnischen Anlagen in der Firma. Eine Maschinenrevision, die in der Vorwoche stattfinden sollte, wurde aus obligatorischen Gründen abgesagt. Es war nicht das erste Mal, dass so etwas vorkam. Hin und wieder gab es technische Probleme aller Art, die dann so fern sie nicht gleich geklärt wurden, zu Missverständnissen zwischen der Belegschaft und der Geschäftsleitung führten. Auch diesmal war guter Rat teuer, zumal ein Stillstand zweier Maschinen die Firma vor eine Katastrophe stellte. Ich konnte mir nicht so recht erklären, ob es einen Zusammenhang mit der von mir geleisteten Arbeit gab, die ich ansonsten stets Gewissenhaft und zur Zufriedenheit aller erfüllte. Nach einem klärenden Gespräch mit einem Vorgesetzten konnte ich meine Arbeit jedoch unverhofft fortsetzen. Insgesamt gestalteten sich die Revisionsarbeiten eher langwierig und zogen sich scheinbar in einem endlosen Spiel bis weit nach Feierabend hin.
Ein Zug der Deutschen Bahn hastete an dem alten Bahnhof hinter der Firma entlang und stieß einen lauten Pfiff aus.
Elke hatte sich für den Abend nicht vor zwanzig Uhr angemeldet, weshalb ich spontan wieder in das Zentrum der Stadt fahren wollte.
Mir war es dabei einerlei, ob ich ohne Wasser und Strom in unserer Wohnung herumsitze oder meinen individuellen Bedürfnissen nachgehe.
Die Wolken am Horizont verdichteten sich zunehmend und es setzte ein leichter Nieselregen ein, der sich zugleich in einen grauen Schleier am Firmament verwandelte.
An einer Straßenecke bog ich mit meinem PKW rechts ab und gelangte auf einem der angrenzenden Parkplätze. Von da aus lief ich zu Fuß direkt auf eine Einkaufsgalerie zu.
Die Rolltreppe im Einkaufscenter setzte sich in Bewegung, sobald ich die unterste Stufe erreicht hatte. Es dauerte nicht lange, bis ich das Restaurant gefunden hatte, welches ich anvisierte. Nachdem ich mich für eine Vorauswahl an Speisen entschied, bestellte ich mir ein kleines Menü mit gemischten Salat.
An einer gegenüberliegenden Fassade befand sich ein Porträt der Sixtinischen Madonna, dabei bildete ich mir ein, dieses Motiv schon einmal irgendwo gesehen zu haben.
Nach ein paar Minuten servierte der Kellner des Restaurants das Essen.
>>Kennen wir uns nicht?<<, fragte der Kellner.
Als ich aufschaute grinste mich der Kellner von der Seite an, der mir gleich auf die Schulter klopfte. Jetzt erkannte ich meinen Cousin Michael.
>>Sag bloß, du kellnerst hier?<<, wollte ich wissen.
>>Seit sechs Wochen bin ich hier im Restaurant, aber lass mich raten wann wir uns das letzte Mal begegnet sind<<.
>>Ich glaube vor etwa zwei Jahren in einer Klubgaststätte<<, gab ich zur Antwort.
>>Ja genau, da waren doch diese Chaoten, die die gesamte Einrichtung dort demoliert haben, bevor dann die Bullen angerückt sind und den Laden aufgemischt haben. Haben dich damals die Bullen auch kontrolliert oder bist du vorher nach Hause gegangen?<<, fragte Michael.
>>Na klar haben die mich kontrolliert und wie. Ich dachte schon, dass die mich mit aufs Revier nehmen, dabei stand ich doch den ganzen Abend über nur an der Bar, bis Elke mich mit dem Auto abholte<<.
>>Clemens, warst du da schon verheiratet?<<.
>>Aber sicher, ich war doch noch zuvor mit Elke in dem alten Musikschuppen…<<.
>>Dort spiele ich auch noch ab und zu, aber der Laden ist ziemlich heruntergekommen, weswegen der wohl bald dicht gemacht wird<<.
>>Übrigens, ich hoffe dein Essen schmeckt einigermaßen<<, ließ ich anmerken, während ich mit der Gabel in den Nudeln stocherte.
>>Clemens, das habe ich nicht zubereitet, da musst du in der Küche nachfragen<<.
>>Bist du eigentlich immer noch als Alleinunterhalter in der Stadt unterwegs?<<.
>>Vorige Woche habe ich ein Gastspiel in der Ring Bar gegeben und ich dachte du kommst vielleicht