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Читать онлайн книгу.auf den Flüchtenden zu feuern.
Wuuuummm, wuuuuuummm, wuuuuummm! Die dumpfen Schallwellen wirkten wie Stöße gegen die Brust, die Detonationen setzten sich im Boden der Steppe fort und erfassten die Körper der Zuschauer, die gebannt und mit bangem Herzen der Szene zuschauten. Dann schien es, als würde sich die flüchtende Maschine einen Treffer eingefangen haben. In mehreren Kilometern Höhe begann sie zu trudeln und stürzte unkontrolliert ab.
„Oh nein!“, entfuhr es Shana. Doch der Pilot der scheinbar abstürzenden Maschine hatte seine Gegner genarrt. Nach ein paar Sekunden im freien Fall, während der die anderen Maschinen gefährlich nahe an ihn herangekommen waren, begannen plötzlich sämtliche Waffensysteme der abstürzenden Maschine gleichzeitig zu feuern. Weil sie im Fallen um ihre eigene Achse rotierte, wirkte das wie die Feuerkraft einer ganzen Armee. Die Angreifer hatten nicht den Hauch einer Chance. Bevor sie auch nur begriffen, dass ihr Gegner sie hereingelegt hatte, zerplatzten ihre Maschinen in der Luft, und ein Schauer aus Trümmerteilen regnete aus dem Himmel herab. Als sie auf den Boden trafen, warfen sich die Kinder flach auf den Bauch. Zischend und pfeifend schossen Querschläger durch die Gegend und verfehlten sie nur knapp. Mit rasendem Herzen schützte Shana ihren Kopf mit den Armen und traute sich kaum, aufzusehen.
Erst, als der Lärm des letzten Aufschlags schon mehrere Sekunden zurücklag, hob sie den Kopf und schaute sich um. Überall lagen die Überreste der fünf Kampfflieger herum. Hier und da qualmte ein größeres Wrackteil vor sich hin. Der Kampf war vorüber. Und es gab einen tollkühnen Sieger. In der Ferne hatte der Pilot seine Maschine abgefangen und war gerade dabei, in einem weiten Bogen zum Platz des Geschehens zurückzukehren.
Langsam setzte sich Shana auf.
„Und das soll Liebe zwischen den Welten sein?“, fragte Krissa entgeistert. „Wo ist denn da die Liebe?“
„Na ja …“, meinte Belly grinsend und versuchte, sein Sitzkissen wieder in die richtige Position zu bringen. „Eben zwischen den Welten! Da gibt’s Zoff zwischen den Einwohnern zweier Planeten. Ich sag euch, Jungs, die Kampfszenen sind super!“
Belly hob beschwichtigend die Arme, als die Mädchen wie wild protestierten. „Hey, ist ja auch Liebe dabei! Keine Sorge! Da verliebt sich nämlich der Pilot hier in ein Mädchen von dem anderen Planeten, und irgendwann geht alles gut aus. Aber vorher …“ Belly machte den Jungs ein Zeichen. „… geht die Post ab!“
„Ich hab’s nicht ausgesucht“, meinte Krissa entschuldigend und sah dabei zu, wie der Pilot der Siegermaschine mit seinem Fluggerät in den Tiefflug überging und langsamer wurde.
„Die ganzen Getränke sind umgefallen“, sagte Nora hilflos.
„Macht nix“, entgegnete Krissa. „Das kann die Wand nachher regeln. Wir haben ein brandneues Multifunktionscleaningelement.“
Stumm sahen die Kinder zu, wie der Raumgleiter immer näher kam, um dann schließlich keine zehn Meter von ihnen entfernt sanft auf dem Steppenboden aufsetzte. Ein leises Sirren ertönte, dann öffnete sich eine Luke und heraus kam …
„Cross Layer!“, rief Krissa überrascht. „Warum hast du mir nicht gesagt, dass Cross Layer mitspielt?“
„Na ja“, machte Belly verlegen. „Ich wollte was für Jungs und Mädchen, und ich wusste ja, dass du auf Cross Layer stehst …“
„Du bist ein Schatz!“, strahlte Krissa.
„Psssst!“, machte Shana. „Es geht weiter!“
Der Anifilm dauerte geschlagene zwei Stunden, aber alle fanden ihn nicht eine Minute langweilig. Am Ende bekam Cross Layer seine Geliebte vom gegnerischen Planeten und handelte einen Friedensvertrag aus. Als sich die beiden Hauptdarsteller in der letzten Szene liebten, wechselte die Multiwand die Perspektive und schwenkte zum Horizont, denn diese Einstellung war erst ab sechzehn. Der Entsperrungscode nutzte zwar beim Ausleihen, aber er trickste die eigene Multiwand nicht aus.
„Schade …“, meinte Krissa gedehnt.
„Sind auch Jungs da“, lachte Shana. „Die dürfen das noch nicht sehen!“
Als der Film zu Ende war, zogen sich die Projektoren zurück und Krissas Zimmer verwandelte sich in sein normales Aussehen.
„Multiwand!“, rief Krissa fröhlich. „Aufräumen! Saubermachen! Chip ausgeben!“
In der Wand entstand ein rechteckiges Loch, aus dem ein kleines Reinigungsgerät hervorsurrte, das sich sofort daran machte, die umgekippten Getränkebecher aufzusammeln, die Flecken zu entfernen und die Krümel der Zitronenröllchen zu entsorgen.
„Hat jemand Hunger?“, fragte Krissa in die Runde. „Wie wär’s mit McBeam?“
Ein begeistertes Ja! kam zur Antwort. McBeam gehörte einfach zu jedem Geburtstag. Krissa nahm den Chip aus dem Bedienteil heraus und reichte ihn Belly zurück.
„Danke. Der Film war klasse! Den seh ich mir garantiert noch mal an!“
„Ja, wenn du sechzehn bist!“, lachte Lasita. „Damit du die letzte Szene sehen kannst!“
Als sich die Freunde kichernd auf den Weg zu McBeam machten, wofür sie Krissas Beamer benutzten, ging Shana durch den Kopf, was sie dort wohl essen konnte. Denn so lecker es auch bei McBeam war, es gab dort kaum etwas, von dem man nicht zunahm.
„Na, egal“, dachte sie. „Heute mach ich mal eine Ausnahme. Dafür esse ich morgen nicht viel, wenn ich draußen bin.“
Für einen Moment dachte sie noch daran, wie es morgen wohl sein mochte, wenn sie wieder einmal heimlich in die unerwünschte Zone ging. Niemand ahnte, dass sie das tat. Es war zwar nicht verboten, aber alle Eltern impften ihren Kindern ein, es nicht zu tun. Es sei zu gefährlich. Shana lächelte. Gefährlich war es nicht. Das hatte sie inzwischen herausgefunden. Aber es war anders als jeder Anifilm. Ganz anders. Sie wünschte, sie könnte morgen jemanden mitnehmen. Aber sie wusste nicht, wen sie fragen sollte. Die anderen würden niemals mit nach draußen gehen. Sie würden ja auch nicht weit kommen, so dick wie sie waren.
Shana seufzte. Dann bemerkte sie, dass ihre Freunde schon längst durch Krissas Beamer durchgegangen waren und sie als Letzte im Zimmer ihrer Freundin stand. Entschlossen tat sie zwei Schritte und verschwand durch den flimmernden Rahmen zu McBeam.
*
Kapitel 2
Am nächsten Morgen begannen die Ferien. Das bedeutete jedoch nicht, dass Kinder nichts zu tun hatten. Es bedeutete lediglich, dass sie nicht sechs Stunden hintereinander in der Videokonferenz gemeinsam lernten, sondern dass sie ihre vielen Ferienhausaufgaben machen konnten, wann sie wollten. Hauptsache, sie waren fertig, wenn die Schule wieder losging.
Shana war eine gute Schülerin. Sie wusste, dass sie die Aufgaben, die ihr gestellt worden waren, locker in der letzten Ferienwoche bewältigen konnte. Wenn das auch hieß, dass sie dann einige Stunden pro Tag am Stück opfern musste. Aber jetzt wollte sie nicht daran denken, sondern einfach tun und lassen, was sie wollte. Und sie wusste ganz genau, was sie wollte. Aber das mussten ihre Eltern nicht unbedingt mitbekommen.
Im Moment saß sie gemeinsam mit ihrer Mutter und ihrem Bruder Marten in der Küche und wählte am Automaten ihr Frühstück aus.
„Hallo Automat! Frühstück für Shana bitte. Orangensaft, zwei weich gekochte Eier, eine Scheibe Toast, mittlere Stufe gebräunt, und einen Apfel der Marke Braeburn.“
Der Automat antwortete mit knisternder Stimme, wobei er ein paar Silben verschluckte.
„Shana registriert … kkrrzzz … zw … eich gekochte Eier … ei ... Sch … Toast … ei … Apfel Mark … Brrr .. brrnnn.“
„Wie oft habe ich Vati schon gesagt, dass er das Ding reparieren lassen soll!“, mokierte sich Shanas Mutter.
„Soll ich der Multiwand