Blauer Himmelsstern. Bianca Wörter

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Blauer Himmelsstern - Bianca Wörter


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mich in seine Arme, strich mir über mein Haar: "Wir werden voneinander getrennt werden, aber wir werden uns wieder finden. Lass dich von deinen Gefühlen leiten."

      Ich verstand nicht.

      Er ließ mich los, blickte mich an und lächelte mir zu: "Du wirst bald verstehen. Vertrau mir."

      Etwas anderes blieb mir in dieser Situation gar nicht übrig. Er hatte mich hierher begleitet, obwohl er sagte, dass ich in diese Sternenwelt auch ohne ihn hätte gelangen können. Über das „Wie" ließ er mich im Unklaren. Wo war der Eingang, wo der Ausgang? Wie bin ich bloß in diese Situation geraten, fragte ich mich. Und was mich noch mehr bewegte: Wie kam ich hier wieder heraus?

      Don‘kar stand mir gegenüber und sah sehr ernst aus. Im nächsten Augenblick konnte ich durch ihn hindurchsehen, als ob er eine Geisterscheinung wäre. Nun war ich ganz allein in dem endlos erscheinenden Tunnel. Panik überkam mich! Was hatte er gesagt? Wir werden uns verlieren und dann wieder finden? Also, mit dem Verlieren hatte er schon einmal Recht gehabt. Nur wie ich ihn wieder finden sollte, das war mir mehr als schleierhaft. Der gleißend helle Durchgang war eine Einbahnstraße, denn an der Stelle, wo wir angekommen waren, war die Rückseite des Tors nicht zu sehen. Als ich mich allmählich beruhigte und mein Herz einen langsameren Rhythmus gefunden hatte, ging ich in dem Tunnel weiter in die Richtung, in der wir zuerst gemeinsam gelaufen waren. Der Tunnel begann langsam eine Biegung nach der nächsten aufzuweisen und hinter jeder neuen Biegung vermutete ich etwas Neues oder wenigstens ein Zeichen, wohin ich mich bewegen sollte. Ich hoffte, dort etwas anderes zu sehen als ständig die gleichen blauen, instabilen, wabernden Wände. Dies begann langsam an meinen Nerven zu zerren. Ich fühlte mich allein, verlassen, verraten und hätte am liebsten angefangen zu schimpfen, zu fluchen und am Schluss zu weinen, weil ein Schmerz in meiner Magenspitze mich innerlich zu zerreißen drohte. Ich tat nichts davon, sondern lief einfach weiter. Wäre ich doch nicht mitgegangen! Das konnte doch nach aller Logik der Natur nicht gut gehen! Wie konnte ich einem fremden Mann, der mir schöne Augen und mich neugierig machte, vertrauen? Diese Frage hatte sich mir in seiner Anwesenheit nicht gestellt. Also lief ich weiter und weiter, hing meinen Gedanken nach, überlegte, wie ich hier hergekommen war. Ich hatte vor Neugier gebrannt und mich verbrannt. Meine Gedanken schweiften immer wieder um Don‘kar und unsere gemeinsame Reise in dem Wolken wabernden Tunnel bis hierher und auch darum, wie er verschwunden war. Ich wollte ihn wieder finden, wollte ihn zumindest zur Rede stellen, was er sich denn vorstellte! Mich erst anzuzünden, um mich dann verbrennen zu lassen! Mich erst mitzunehmen an einen Ort, der fremder war als alles, was ich mir in meiner Fantasie je hätte vorstellen können und mich dann allein zu lassen! Moment, ich brannte ja immer noch! Wann würde ich endlich vernünftig werden? Das hier war also doch ein Traum. Ich war selbst daran Schuld, dass ich hier war. Ich träumte. Ich wollte wach werden, doch wie so oft in meinen Träumen konnte ich dies leider nicht beeinflussen - das bittere Ende wartete also noch auf mich! Auch, wenn der Traum ziemlich langweilig wurde, denn ich lief nur weiter durch den Tunnel, Gerade um Gerade, Biegung um Biegung. Wie viele Biegungen ich schon hinter mich gebracht hatte, wusste ich nicht, wie viele Schritte, wusste ich auch nicht. Was ich wusste war, dass ich in diesem Tunnel das Zeitgefühl verloren hatte.

      Als ich wieder eine Biegung entlang lief, wurde mir schwindelig, die Luft wurde von einem Moment zum nächsten dünner, die Wände bewegten sich auf mich zu, der Boden vibrierte, das Blau veränderte sich, wurde heller und heller und schimmerte in einem grellen Weiß - mir wurde schwarz vor Augen. Ich sank in die Knie, holte tief Luft, versuchte das schwindelige Gefühl aus meinem Kopf zu vertreiben, stützte mich mit meinen Händen auf dem Boden ab, der mir wellenartig entgegen kam, nahm das helle Summen in meinen Ohren wahr, das, wie ich zuletzt erkannte, schon die ganze Zeit um mich herum angeschwollen war, hörte das Blut in meinem Kopf rauschen, kämpfte um meine Besinnung und verlor.

      2. Ankunft

      Als ich aufwachte, zitterte ich vor Kälte. Verwundert blickte ich mich um, weil ich mich nicht erinnern konnte, wie ich in diese Umgebung gelangt war. Dann schauderte ich vor Entsetzen, als ich erkannte, wo ich mich befand. Wieso lag ich hier im Schnee? Ich erinnerte mich: Gerade erst war ich in diesem blauen Tunnel, der kein Ende nehmen wollte... Verwirrt strich ich mir das nasse Haar aus dem Gesicht.

      Schnee. Überall Schnee!

      Ich lag mittendrin, leicht bekleidet, mit dem Kleid, das ich vor der Reise in den blauen Himmelsstern getragen hatte und das nun genauso nass war wie mein Haar. Hatte ich etwa gedacht, dass es nicht schlimmer werden konnte oder war ich nun von dem Traum, in dem ich gefangen war, erwacht? War dies hier die bittere Realität oder nur ein weiterer Traum? Träumte ich noch? Eine Reihe von Albträumen, die kein Ende nahmen, die mich nicht aufwachen ließen?

      Schnee. Und logischerweise kalt. Sehr kalt! Es war Sommer gewesen und plötzlich befand ich mich in meterhohem Schnee? Nur Weiß, kilometerweit um mich herum und ich war der einzige Kontrast mit meinem braunen Haar und dem schwarzen Kleid. Wo bin ich hier, wie kam ich hierher, wie komme ich wieder nach Hause? Alles Fragen, auf die ich keine Antwort wusste. Verzweifelt und frierend zog ich meine Knie an meinen Oberkörper heran, umschlang meine Beine mit den Armen, um mich wenigstens ein bisschen zu wärmen. Sollte ich hier warten, bis ich nach Hause oder in den blauen Tunnel kam, genauso, wie ich hierher kam, wo immer dieses „Hier" auch war oder sollte ich warten, bis ich aus diesem Traum aufwachte? Was, wenn dies doch kein Traum sondern brutale Realität war? Tatenlosigkeit würde mich somit unweigerlich zum Tod führen! Sollte ich in eine Richtung laufen, in der Hoffnung auf Schutz, selbst auf die Gefahr hin, die falsche Richtung zu wählen und tiefer in diese Schneewüste hineinzuirren? Der Erfrierungstod wäre mir sicher! Doch erfrieren würde ich auch, wenn ich tatenlos an dieser Stelle sitzen bleiben würde.

      Die unerbittliche Kälte ließ mich keinen klaren Gedanken mehr fassen. Ich sehnte mich nach wohliger Wärme und danach, dass dieser Zustand so schnell wie möglich eine Ende finden sollte.

      Geraume Zeit später, zwischen halber Ohnmacht und Zittern, nachdem mein nasses Haar weiß und mein Kleid durch den kalten, heftigen Wind, der ewig in dieser Eiswüste wehte, steif gefroren war, hörte ich weit hinter mir ein Geräusch, das ich zunächst nicht identifizieren konnte. Ich versuchte, meinen Körper dem Geräusch zuzuwenden, denn der Versuch, den Kopf dem Geräusch zuzudrehen, endete damit, dass ein heißer Schmerz durch mein Genick in mein Gehirn schoss und ich tunlichst darauf verzichtete, den Kopf noch einen Millimeter zu drehen. Es gelang mir zuerst nicht, meinen Körper zu drehen, obwohl ich von erneuten Schmerzen verschont blieb, denn ich war fast steif vor Kälte. Nach einem weiteren Versuch gelang es mir, mich mit meinen tauben Gliedern ein wenig zu drehen und die Ursache des Geräusches herauszufinden.

      Am Horizont, sich schnell nähernd, erkannte ich einen Reiter auf einem schwarzen Pferd, das so schnell galoppierte, dass der Schnee in Fontänen hinter seinen Hufen aufstieb. Meine Gedanken überschlugen sich: Entweder rettet er mich, tötet mich oder er reitet an mir vorbei. Alle drei Möglichkeiten würden mich von meinen Qualen erlösen, mehr oder weniger schnell - die letzten beiden Möglichkeiten sogar für immer.

      Als der Reiter näher kam, war ich mir nicht mehr sicher, ob es ein Reiter oder eine Reiterin war, weil ich das lange Haar der Person im tobenden Eiswind flattern sah.

      ‚Wir werden voneinander getrennt werden, aber wir werden uns wieder finden‘, hörte ich Don‘kars Stimme in meinen Gedanken.

      Ob er es war? Oh, Don‘kar, hilf mir hier heraus! Aber wenn er es nun doch nicht war? Sollte ich mich bemerkbar machen oder sollte ich es dem Schicksal überlassen, entdeckt zu werden? Eigentlich war ich in dieser weißen Pracht nicht zu übersehen, obwohl ich bis zur Taille im Schnee versunken war. Vor Angst, Ungewissheit und Kälte liefen mir die Tränen über die Wangen, wenngleich ich das nicht wollte. Sie waren das einzig Warme in dieser Eishölle, doch nur bis zu dem Zeitpunkt, bis die Salztropfen gefroren waren. Ich wischte mir mit der tauben Hand über mein Gesicht und die Tränen kullerten als kleine Eiszapfen in meinen Schoß. Ich fühlte, wie mein Bewusstsein langsam schwand, hörte auf zu zittern und übergab mich dem Tod durch Erfrieren. Mit meiner letzten Eingebung dankte ich einer höheren Macht für einen schnellen und schmerzlosen Tod.

      Das erste, was ich zu Gesicht bekam, als ich aus meiner Bewusstlosigkeit


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