Sündige Herrschaft. Andreas Nass
Читать онлайн книгу.mit Yana in unser Gemach zurück. Sollen meine Gefährten diese Stadt verwalten, für heute hatte ich genug von mir als Markgräfin.
2. Kapitel
Als ich am nächsten Morgen in der Burg von Ostmark zu Tisch saß, fiel das Frühstück nicht mehr so üppig aus.
»Was ist los? Ist die große Armut ausgebrochen?«, fragte ich spitzfindig.
»Es fehlt am Gold, werte Markgräfin«, antwortete unser Haus- und Hofmeister betrübt, »der Handel ist auf Grund des Krieges völlig zum Erliegen gekommen. Viele unserer potentiellen Käufer sind nicht mehr da. Die Waren Eurer Untertanen sind vorhanden, es fehlt jedoch an Abnehmern.«
»Hm«, überlegte ich, »dafür haben wir ja auch das Gold mitgebracht.«
»Was?«, trotzte Moi’ra. »Du willst diesem armseligen Haufen auch noch unser Gold in den Rachen werfen?«
»So, wie ich die Provinzverwaltung verstanden habe, dient das Gold als Unterstützung der Markgrafschaft, und nicht, um uns zu bereichern.« Meine Stimme nahm einen höhnischen Ton an. »Außerdem, was willst du sonst mit dem Gold hier anfangen? Darin baden?«
»Wir könnten von diesem Magier was kaufen«, grunzte Wogar.
Ich verdrehte meine Augen. »Das können wir doch immer noch«, tadelte ich, »das Gold ist doch nicht weg, es kommt in die Schatzkammer und wird bis auf das letzte Stück nachgehalten. Stimmt’s, Barnus?«
»Äh«, stotterte er von unserem Streit verwirrt, »natürlich, Markgräfin, jede Ausgabe wird peinlich genau überwacht.«
»Wehe nicht«, drohte Moi’ra, »dann rollen hier Köpfe!«
»Sehr wohl«, verneigte sich der alte Mann.
»Nachdem wir das geklärt haben«, versuchte ich, die Wogen wieder zu glätten, »will ich mir die Stadt ansehen. Insbesondere, was dort von wem hergestellt wird.«
»Hofmeister«, befahl Moi’ra, »sorgt dafür, dass uns jemand zur Seite gestellt wird, der über örtliches Wissen verfügt.«
»Ich werde es arrangieren, Markgräfin.«
»Wir treffen uns in einer Stunde am Tor«, sagte ich und verließ in Begleitung von Yana den Rittersaal.
Für einen Rundgang durch die Stadt wollte ich mich fein machen. Eine kunstvoll hochgesteckte Frisur und das zur adligen Stellung passende, elegant um meine Hüften fließende Gewand aus dunkelroter Seide bildeten in Kombination mit dem teuren Schmuck das Bild einer Göttin. Zumindest betrachtete ich mich als diese im Spiegel.
»Hübsch« flüsterte Yana und trat hinter mir ins Spiegelbild. Ihr Schmunzeln erzeugte kleine Grübchen auf ihren Wangen. Ich schenkte ihr mein Lächeln. Sie hatte ihre Magierrobe angezogen, die jedem untrüglich ihren Status bewies. Auf dem dunkelblauen, samtigen Stoff waren arkane Symbole mit Silberfäden gestickt.
Als ich im Flur auf Wogar traf, strahlte er in einem besonders auffälligen Licht. Er hatte ganz offensichtlich auf eine göttliche Kraft zurückgegriffen. Völlig eingenommen von seiner Erscheinung küsste ich seine prächtigen Muskeln zur Begrüßung. Grinsend genoss er meine Aufwartung.
Pochend hörten wir einen alten Mann auf seinem Stock die Treppe hinauf mühen. Keuchend hielt er vor uns inne.
»Ich bin Ukar«, krächzte er, »und soll Euch führen.« Er stützte sich zitternd auf seine Gehhilfe.
»Na dann«, zwinkerte ich dem Greis zu, »zeigt uns die Stadt.«
Gemächlich gingen wir hinaus. Moi’ra trafen wir am Tor und ihr Blick auf den faltigen Stadtführer war unmissverständlich. Schwäche, und sei sie durch das Alter, hatte in ihrem Leben keinen Platz.
Unter den Blicken der Wachen paradierte ich hinaus und sie mussten sich sehr konzentrieren, um nicht meinen schwingenden Hüften nachzustieren.
»Rühren!«, befahl ich ihnen schmunzelnd und ihr strammer Schritt beulte sich umso mehr.
Unbeachtet meiner Possierlichkeiten erzählte der alte Mann von den Gegebenheiten in der Stadt.
»Hier in Ostmark findet sich alles, was den Durchreisenden ihren Aufenthalt erleichtert. Und auch ihre Geldbörse. Wir haben drei Tavernen und zwei Gasthöfe, jeder mit der Möglichkeit, seine Reittiere unterzustellen. Was diesen Rakshasa anbelangt – der ist wirklich ein habgieriges Exemplar. Aber zurzeit …«, einem Kichern folgte ein übler Hustenanfall, »… zurzeit hat er nur wenig Kunden.
Ein großer Teil der Einnahmen besteht aus den Käufen der Abenteurer, die sich hier für eine Reise in die Narbenlande ausrüsten. Verrückte sind das, aber sie lassen ihr Gold hier. Bis auf wenige Ausnahmen gehören sämtliche Läden entweder diesem Rakshasa oder dem Ghorrn-Schrein.
Von den Tavernen hat sich die ›Zum Grünen Wyrm‹ auf Waldfrüchte spezialisiert. Ein Gaumenschmaus, den ich Euch nahe legen möchte.
Im Moment befinden sich nur zwei Reisende in der Stadt, ein Barde und ein bärtiger Mann, der aus dem Süden kam. Letzterer ist im Gasthof ›Pralle Birne‹ eingekehrt, der für seinen ausgezeichneten Birnenschnaps bekannt ist.«
»Na, dann wollen wir diesen mal probieren«, donnerte Wogar unternehmungslustig.
Wir schwenkten in eine breite Gasse. Auch hier bestanden nahezu alle Gebäude aus Holz.
»Auf das Holz«, fasste der alte Mann meinen Gedanken auf, »sind wir sehr stolz. Es ist der vorwiegende Baustoff. Ja, die ostmarkischen Eichen liefern das beste Holz weit und breit. Und durch einen nur uns bekannten Prozess wird es zudem noch recht resistent gegen Feuer. In meiner Jugend habe ich als Holzfäller ein gutes Auskommen gehabt. Ja. Oh, wir sind schon an der Prallen Birne angelangt.«
Völlig überrascht versuchte eine Bedienstete im Schankraum, unsere Wünsche entgegen zu nehmen.
»Wir wollen den Schnaps testen!«, erklärte Wogar herrisch.
»Sind Gäste eingekehrt?«, erkundigte ich mich.
»Ein Zimmer ist belegt, Hoheit«, stotterte die dralle Frau, »bitte, nehmt doch Platz.« Schweiß bildete sich auf ihrer Stirn und sie war froh, uns hinter sich lassen zu können.
Nur Augenblicke, nachdem sie hinter der Theke verschwand, kam ein Mann mit auffälligem Doppelkinn und frisch gescheiteltem Haar auf uns zu. In seiner Hand hielt er ein Tablett mit Gläsern und grün schimmernden Flaschen.
»Welch große Ehre für mich, Euch hier in der Prallen Birne bewirten zu dürfen! Ich bin der Wirt, William Holzbearn. Bitte«, der Wirt stellte das Tablett ab und verteilte die Gläser, »probiert meinen Birnenschnaps. Er geht auf Kosten des Hauses.«
»Na dann, schenkt gut ein, Wirt!«, lachte Wogar kehlig.
Moi’ra roch zunächst an dem grünlich schimmernden Getränk, nahm einen großen Schluck und atmete mehrere Sekunden lang beschwerlich ein und aus.
Ich nippte und roch schon bevor meine Zunge brannte, wie stark der Schnaps war. Das Birnenaroma war sehr lecker und mundete angenehm frisch und beständig.
»Nicht schlecht«, bewertete unser Halbdrache heiser, nachdem er in einem Zug sein Glas geleert hatte.
»Hoffentlich verbrennst du nicht von innen«, feixte ich.
Yana hustete und unterdrückte mutig mit einem Schluck weitere Beschwerden. Ihre Wangen wurden rosig.
»Sagt, William, wie läuft das Geschäft im Moment?«, lenkte ich die Aufmerksam des Wirtes auf mich.
»Nicht sehr gut, Markgräfin, gar nicht gut. Ein alter Reisender ist unser einziger Gast.«
»Das ist was für dich«, meinte Moi’ra und füllte ihr Glas bis zum Rand auf.
»Such ihn auf«, ergänzte Wogar, »und lerne ihn kennen.«
Unterbewusst nahm ich eine Veränderung im Fluss der Energien wahr und verspürte