Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Theodor Gottlieb von Hippel

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Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber - Theodor Gottlieb von  Hippel


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ich nicht, daß ihr die Ehre erwiesen würde, die Bibliothek der erlauchten Republik des Plato zu zieren. — Zur Sache.

      Als Ludwig den Vierzehnten wegen der neuen Lasten, die er seinem schon gedrückten Volke zugedacht hatte, wirklich eine Art von Gewissens-Schauer anwandelte, fand er in dem leidigen Troste seines Beichtvaters Tellier, »daß das Vermögen seiner Unterthanen sein Eigenthum sei,« ein so sanftes Küssen für dieses aufgewachte Gewissen, daß er sich kein Bedenken gemacht haben würde, die Auflage, die ihn beunruhiget hatte, aus dem Stegreife zu verdoppeln; und ohne Zweifel ist dieser Köhlerglaube der Grund zu jener Behauptung: ich bin der Staat.

      Die Gewohnheit wird so leicht zur andern Natur, daß die Franzosen, welche die Plackereien eines Terray, und die Härte eines Meaupou ertrugen, sich hinreichend glücklich schätzten, wenn nur ein kleiner, vielleicht der unwürdigste, Theil die durch die Zehnten der Wittwen und die Sparpfennige der Elenden gefüllten Freudenbecher des Staats in unmäßigen Zügen leeren konnte, während der andere größere und arbeitende Theil, unter dem Joche der Willkühr der Despotie und der Dürftigkeit schmachtend, doch noch immer das Glück hatte, so gut es sich thun ließ', zu springen und zu singen, zu hüpfen und zu pfeifen. — Bei einem so leichten, über Alles sich wegsetzenden und mit einem Chanson sich aus aller Noth helfenden Völkchen, war diese Zuchtruthe, theils mit Peitschen, theils mit Skorpionen, um so weniger fühlbar, da es an den Gallatagen und Staatsfesten der Ausgezeichneten unter ihm, durch ein Freibillet vermittelst der Augen Theil nahm — und dieses Völkchen lernte es je länger je mehr ertragen, daß jene den Freudenkelch für sich allein behielten und es für sie alle thaten. Die Brocken, die etwa dem Künstler und der Putzmacherin von den Tischen dieser reichen Männer fielen — waren ihnen eine Segenserndte, und die Hunde der Großen leckten ihnen ihre Schwären — Dies Jammer und Elend ist kommen zu einem seligen End, und Laternenpfähle scheinen über Frankreich das Licht der Natur und einer Gleichheit aller Menschen so stark verbreitet zu haben, daß man vor lauter Licht das Licht zuweilen nicht zu erblicken scheint. Es giebt Menschen, die den Wald nicht vor den Bäumen sehen, und gar zu hell macht dunkel: auch giebt es moralische Blendlinge, die das Glück oder Unglück haben, da etwas flittern zu sehen, wo das gesunde Auge des Verstandes nichts wahrnimmt. Wie wär' es, wenn ich ohne Feldgeschrei und Sturmglocke, wie weiland Diogenes, laternisirte und mit einer Handleuchte in der schönen Welt, wo so viel Überfluss von tausend und abermal tausend Dingen für Geld oder für gute Worte zu haben ist — Menschen suchte? — Ob ich finden würde? — Einige Auflösungen sind mit Brausen verbunden; bei einigen entstehet eine Hitze, bei einigen eine Kälte. — Daß Ew. Excellenz sich nur ja nicht ereifern, vielmehr Hochdero Galle für Ihren ungetreuen Liebhaber Num. 30. besparen! — Eine Schwalbe macht keinen Sommer, und meine Laterne ist mit einem Hauch Ihres Eifers ausgeblasen. Wollten Ew. Excellenz in aller Zucht und Ehrbarkeit Sich in einen wohlgemeinten Wortwechsel mit mir einzulassen geruhen; Sie würden, wie ich nach der Liebe hoffe, Sich eines andern besinnen, und vielleicht überzeugt werden, daß ich weniger Vorwürfe verdiene, als alle Ihre Liebhaber bis auf den sub Num. 30., der es freilich außer der Weise macht, woran indeß ich und meine Schrift auch nicht auf die entferntste Weise Schuld sind — Bin ich gleich kein galanter, so bin ich doch ein treuer Verehrer eines Geschlechtes, unter welchem Sie und viele andere Ihres Gleichen so unrichtig Excellenz heißen, wogegen andere trefliche Weiber, welche diesen Ehrennamen zehnfach verdienen, aus Hof-Etiquette nicht so genannt werden.

      Keinem anderen als einem Deutschen konnte wohl ein solches Buch einfallen!

      Auch unter den Franzosen gab es Sonderlinge, die, wenn sie gleich freilich nicht mit der Thür ins Haus fielen, und an keine bürgerliche Verbesserung des schönen Geschlechtes dachten, ihm doch ein anderes Verhältniß anwiesen. Ich habe geglaubt, man müsse dem Übel die Wurzel nehmen und den Staat nicht aus dem Spiele lassen.

      Frankreich, wo jetzt alles gleich ist, ließ unser Geschlecht unangetastet.

      Unverzeihlich! wie konnte ein Volk, das (wie weiland Voltaire par et pour die Komödianten lebte) par et pour das schöne Geschlecht existirt, bei der weltgepriesenen allgemeinen Gleichheit ein Geschlecht vernachlässigen, das eine Königin hat, derengleichen es gewiß wenige in der Welt gab. —

      Wenn ich nur selbst wüßte, wie ich mich hier ins Mittel legen könnte, um aus diesem excellenten Handel mit Ehren herauszukommen! — Wohlan! ich will den gegenwärtigen Weltlauf der Damen copiren, die in Einem Athem trotzen und bitten, fluchen und segnen — —

      Vielleicht war das menschliche Geschlecht bloß darum so vielem Wechsel von Licht und Finsterniß, von Veredlung und Herabwürdigung, von Paradies und Fall ausgesetzt, weil man die Rechnung ohne die schöne Welt machte. Es ebbte und fluthete, je nachdem man von dieser andern Hälfte Notiz nahm und je nachdem man sie als etwas Wesentliches in der Menschheit oder als etwas Beiläufiges ansah, das schon die Ehre haben würde, der Principalsache zu folgen. Man sah das schöne Geschlecht, wie den Reim, kaum für etwas mehr, als für eine Krücke an, wodurch sich der Gedanke forthilft; und bei Messiaden und andern Werken der Dichtkunst, wo man ohne Krücken ging — mußte das andere Geschlecht sich gefallen lassen, zu kurz zu kommen. Jener Römische Rechtsspruch: Mit dem Rechtsmaß, mit dem man Andere mißt, muß man sich selbst messen; schien hier völlig seine Kraft verloren zu haben, wenn er gleich zu jenen ins Herz geschriebenen gehört, die zu übertreten eine Sünde wider den heiligen Geist ist. — Wie ist ein Stoff zu organisiren, wenn es nicht auf die Vereinfachung des Vielfachen angelegt wird? Wie ist dem menschlichen Geschlechte zu rathen und zu helfen, wenn man so entsetzlich einseitig verfährt? Der Himmel der alten Welt hatte seine Göttinnen so gut wie seine Götter; nur unter den Menschen soll es keine anderen Götter geben neben den Männern von Gottes Gnaden! — Ist es ein Seelenfest, wenn entfernte, einander völlig fremd gewordene Gegenstände in der Geisterwelt sich zusammen finden; wenn sich oft das Allerverschiedenste in einem Berührungspunkte des Denkens trifft, wo seine ursprüngliche Verwandtschaft wieder einleuchtend wird; wenn sich dergleichen von einander abgekommene Gegenstände Hände und Trauringe geben und eine Himmelsstimme sich hören läßt: was Gott zusammen fügt, soll der Mensch nicht scheiden; ist es unaussprechliche Wonne, wenn Freunde nach langen See- und Landreisen sich wieder an Stell' und Ort umarmen und sich an die paradiesischen Jahre ihrer Jugend erinnern, wo sie Ein Herz und Eine Seele waren: wie weit herrlicher wird es seyn, wenn das andere Geschlecht sich wieder zu dem unsrigen verhält, wie Eva zu Adam, und nicht wie Ew. Excellenz zu Num. 30! — Laßt uns dies Werk der Zeit überlassen, die bisweilen aus unbegreiflicher Güte Combinationen zusammen bringt, auf welche, nach dem gewöhnlichen Laufe der Dinge, weder zu rechnen, noch Jagd zu machen war — Laßt uns auf den Zeitpunkt uns freuen, wo der Tag der Erlösung für das schöne Geschlecht anbrechen wird, wenn man Menschen, die zu gleichen Rechten berufen sind, nicht mehr in der Ausübung derselben behindert — und wenn man das, was so augenscheinlich gleich ist, nicht so willkührlich unterscheidet. — Ich würd' ein Frauenknecht in bester Form seyn, wenn ich behaupten wollte, daß diese goldene Zeit vom Himmel fallen werde. Verdienst und Würdigkeit sind die Bedingungen menschlicher Glückseligkeit, und der Mensch, sein eigener Bildner, kann aus dem Marmorwürfel, den die Natur ihm zuwarf, einen Gott und ein Thier machen — nach Belieben. Bloß auf die Behauptung schränk' ich mich ein, daß der Stoff, woraus eine Venus ward, sich eben so gut zu einem Merkur verarbeiten läßt; daß den Weibern das Recht der Gerade gebührt; und daß, wenn die Natur das menschliche Geschlecht zu schaffen anfing, sie den größeren Theil uns selbst überließ, um die Ehre der Schöpfung mit uns zu theilen. Thätigkeit ist die Würze des Genusses, und Genuß die Würze der Thätigkeit. — Es ist dem Menschen angeboren, sagt Cicero (mit andern Worten), daß, wenn er sich Gott denkt, die menschliche Natur vor ihm schwebt. — Man definire den Menschen, wie weiland der göttliche Plato, als ein zweifüßiges Thier ohne Federn, oder als ein Geschöpf, das sich wie ein Tanzmeister gerade hält, als Gott, als Thier: nirgends sind Weiber ausgeschlossen; nur müssen sie auch nicht sich selbst ausschließen — und wollen und werden sie das? Wesley, der Stifter des Methodismus, hatte die Maxime, daß es ohne Fasten und Frühaufstehen unmöglich sei, in der Gnade zu wachsen — Was gilt das beste Recht, wenn man sich desselben unwürdig macht! Das fräuliche Geschlecht soll in der


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