Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Theodor Gottlieb von Hippel

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Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber - Theodor Gottlieb von  Hippel


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glücklich ohne persönliches Verdienst —? Thomas Payne, der den Vorwurf, ein Fürstenfeind zu seyn, höchlich von sich ablehnt, und protestirend versichert, daß Niemand treuer als Er wünschen könne, die regierenden Herren zu der glücklichen Lage der Privatmänner zu erheben, bedachte nicht, daß jeder Fürst nicht nur ein politisches, sondern auch ein Privatleben führt — daß Fürsten mehr persönliche Verdienste zeigen müssen, als andere, wenn sie geliebt und bewundert werden wollen, und daß sie Fürsten bleiben und doch sich persönlich auszeichnen können. Das ist, mit Ewr. Excellenz gnädiger Erlaubniß, der Fall mit Ihrem Geschlechte. — Quand le bon ton paroît, le bon sens se retire. — —

      Eine Gardefou, eine Warnungstafel, den Blöden zum Besten: daß ich hier mit keiner wirklichen Excellenz wirklich colloquirt habe; denn außerdem, daß ich alsdann gewiß weniger zum Wort gekommen wäre, würd' ich auch meine wenigeren Worte unschwer zu verzuckern nicht ermangelt haben. — Wenn der Künstler auf bloße Portraite eingeschränkt ist und keine Ideale mehr wagen darf, so agonisirt seine Kunst, und auch sein Genie liegt in den letzten Zügen; doch muß man in seinen Idealen eine auserlesene Sammlung von Portraiten finden, falls sie den Namen Ideale verdienen sollen. In einer Venus lag ein Extrakt von fünfhundert schönen Mädchen — Meine Excellenz ist in der Ideenwelt; sie wird indeß hoffentlich kenntlich genug geblieben seyn, und man kann ihren Widerschein gewiß mehr als fünfhundert mal finden. Die eigentliche Absicht war, vermittelst dieses magischen Spiegels mein Müthlein an der gefälligen Ungerechtigkeit zu kühlen, die unser Geschlecht dem schönen beweiset — ohne daß das letztere es dazu anlegen will, sich von seinen Königen zu befreien, wie weiland Rom, nachdem der stolze Tarquin wegen seiner Tyrannei vom Throne gestoßen und diese Handlung mit dem Grundgesetze bezeichnet ward: die königliche Regierung auf immer und ewig abzustellen. Sehr viel mehr als ein Balken-Königreich, das man aus einer alten Fabel kennt, war und ist unsere Herrschaft doch nicht — und es giebt ein moralisches Nestelknüpfen, kraft dessen (zum wahren Glück des Ganzen) nur wenige Männer zur eigentlichen Herrschaft gelangen. — Damit ich indeß dieses erste Kapitel, welches einer Parlements- oder gar National-Versammlungs-Rede nicht unähnlich ist, einlenke, so glaub' ich, dem Buche über die Ehe, diesem belobten und betadelten Ehe-Katechismus, mit dem ich es weder halten noch verderben mag, nicht zu nahe zu treten, wenn ich zur Zerstörung der galanten Bastillen, der häuslichen Zwinger und bürgerlichen Verließe, worin sich das schöne Geschlecht befindet, mit einem einzigen Operations-Plan Markt halte, und die bürgerliche Verbesserung der Weiber als ein diensames Mittel diesen Zweck zu beschleichen, empfehle, anbei aber glaubensvoll versichere, daß dieser weniger im Schweiß des Angesichts zu erringende, als so zu erhaltende Stand im Staate, beiden Hemisphären des menschlichen Geschlechtes heilsam seyn werde, zeitlich und ewiglich. — Ruhig und überzeugend gehet die Vernunft, und nur da, wo man sie mit ungleichen Waffen unrühmlich bekämpfen will, wo das Vorurtheil den Handschuh wirft, und Gewalt ihr den Weg vertritt, pflegt auch sie ihren eigentlichen wohlüberdachten Plan aufzugeben, und ihm einen andern unterzulegen, wodurch nicht das Bessere befördert, sondern Schlechtes mit Schlechterem verwechselt wird: etwas Blindes mit etwas Lahmen; man verändert, ohne zu verbessern. Ein untrügliches Merkmahl aller Schwachköpfe, vom Thron bis auf den letzten Officianten-Sessel. — Es gab, Gottlob! von je her Weiber, und es giebt ihrer noch, denen ihr Stand der Erniedrigung eine zu starke Probe ist; Weiberköpfe, die nicht ihre Weiblichkeit, sondern die willkührliche Behandlung derselben von Seiten unseres Geschlechtes beseufzten, und die ihrer Erlösung entgegen sahen — meine Schrift soll ihnen keine Heerführerdienste leisten. — Man kann durch Lehren lernen, und durch Gehorchen sich im Befehlen unterrichten. Ich leg' es so wenig darauf an, das andere Geschlecht Knall und Fall von seiner Sklaverei zu befreien, daß ich mich vielmehr begnüge es aufzumuntern, diese Erlösung zu verdienen. Des Himmels würdig werden, heißt nicht viel weniger, als ein activer Himmelsbürger seyn. — — Findet auch selbst diese bescheidene Absicht steinichte Äcker und steinerne Herzen — immerhin! — es ist ja nichts weiter als ein Buch, das ich verbreche; wahrlich eine Kleinigkeit. Wirkte je eins? auf frischer That? an Stell' und Ort? u. s. w. Erfahrungen, Empfindungen solcher positiven Übel, welche der menschlichen Natur widersprechen, wirken; und wenn gleich die Mehrheit der Hände vielfältig entschieden hat, und noch entscheiden kann, so gilt doch dieser Vorzug der Thäter nicht von der Pluralität der Leser, die sich zu Denkern etwa wie Eins zu Hundert verhalten. Und du lieber Gott! selbst die Denker! sind sie nicht eine so unsichtbare Kirche, daß nur der Herr die Seinen kennet? Wahrlich! es hat auf die Wirkung keinen Einfluß, ob ein Buch zehn, fünf oder nur Eine Auflage erlebt; und der Autor, der nach der Anzahl der verkauften Exemplare ein angeworbenes Heer mit ihm gleich denkender Menschen, die vermittelst seines Buches Handgeld genommen, berechnen will, scheint weder Bücher noch Menschen zu kennen — man muß ihn in die Schule schicken. Einer jeden Schrift, sie sey weß Standes oder Ehren sie wolle, stehet das gewöhnliche Schicksal aller Schriften bevor: gelesen und vergessen zu werden; falls sie sich bloß auf Meinungen einschränkt (die unschädlichsten, unwirksamsten Dinge in der Welt, wenn anders der Censor ihnen nicht einen Schein von Bedeutung beizulegen die ungütige Güte hat.) — Gelingt es mir indeß, Leben und Erfahrung in mein Büchlein zu legen und einen Geist in die todten Buchstaben zu hauchen; so werd' ich wenigstens auf einen Theil der Ehre rechnen können, welche sich der mündliche Vortrag gegen den schriftlichen herausnimmt, indem es von ihm heißt: der Glaube kommt durch die Predigt. —

      Bei solchen Umständen ist mein Zweck freilich eine Reise um die Welt, ohne daß ich mein Zimmer verlasse. Ob dies gerade die gemächlichste Art zu reisen sei, mag unentschieden bleiben; die unfruchtbarste ist sie wenigstens nicht. Newton maß in seinem Lehnsessel die Erde, und bestimmte, ohne den Chimborasso bestiegen und in Tornea gefroren zu haben, ihre Figur, Jahre lang früher, als die Herren Condamine und Maupertuis; auch bin ich nicht der Erste, der so reiset. —

      Wie, wenn ich die gegenwärtige passive Existenz des schönen Geschlechtes in ihrer wahren Blöße zu zeigen glücklich genug wäre, um den Vorzug verdächtig zu machen, im Nichtthun stark zu seyn! wenn ich einem genußgierigen Volke, das für den sinnlichen Luxus oft selbst den moralischen verschwendet, indem es für die Nothwendigkeit knickert, ökonomischere Grundsätze beibrächte, und es bewegen könnte, über Leib und Seele Credit und Debet zu verzeichnen und Buch zu halten! wenn meine wohlgemeinten Vorstellungen bewirkten, daß die Weiber nicht in dem Grade männlich würden, wie die Männer weiblich, sondern daß Mann und Weib sich Mühe gäben, wirklich Mann und Weib zu seyn, da jetzt, aus verjährter Unordnung, in Hinsicht der Geschlechter Niemand recht weiß, wer Koch oder Kellner ist! wenn ich, frei von jeder Explosion, bloß jenes Ziel näher brächte, welches die Natur in eigner hoher Person angewiesen hat! wenn mich das gewöhnliche Schicksal der Reformatoren nicht träfe, die Alles außer der Jahreszeit hervorbringen wollen, denen es an Geist und Nachdruck gebricht, den Zeitpunkt schneller herbei zu führen, und die, was noch ärger ist, sich auf die Pulsschläge der Zeit so wenig verstehen, daß sie gemeiniglich zu früh, und, wenn das Glück gut ist, zu spät zu kommen die Ehre haben! — Des hoffnungstrunkenen Schriftstellers! Man hat in unserer Zeit so sehr die bürgerliche Verbesserung der Juden empfohlen; sollte ein wirkliches Volk Gottes (das andere Geschlecht) weniger diese Sorgfalt verdienen, als das so genannte? — Liegt der Same der Erbsünde nicht in den Müttern? und lagen die Verhinderungen einer moralischen Verbesserung des menschlichen Geschlechtes — welche Verbesserung die besten Menschen in der Welt, und unter diesen Friedrich der Zweite, anfänglich so thätig bezweckten, nachher aber betrübt aufgaben — nicht vorzüglich darin, daß man das schöne Geschlecht in seinen Ruinen ließ und diesen Tempel bloß aus unserm Geschlecht errichten wollte? Ist es nicht unverzeihlich, die Hälfte der menschlichen Kräfte ungekannt, ungeschätzt und ungebraucht schlummern zu lassen —? Gesellschaft setzt unter den Verbundenen eine Gleichheit voraus, wozu es der Urheber der Menschen auch angelegt hat, der die Menschen aufrichtig machte; nur leider! suchen sie viele Künste. In allen Gesellschaften, woran Weiber Theil nehmen, verbreitet sich Anstand; und sollte dies nicht auch der Fall beim Staate seyn, in dessen Geschäfte ein andres Licht und Leben kommen würde, wenn Weiber den Zutritt hätten, in ihnen ihr Licht leuchten zu lassen und ihnen einen anderen Schwung beizulegen? — Wir haben für unsere Gesellschaften noch keine Pflichtvorschriften; und doch führt man sich hier ohne Gesetzbuch so


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