Handbuch der Kunstgeschichte. Springer Anton

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Handbuch der Kunstgeschichte - Springer Anton


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ohne desshalb späteren Kunstperioden, welche für sich die höchste Ausbildung der Malerkunst in Anspruch nehmen, nahe zu treten oder die hervorragende Bedeutung der griechischen Skulptur zu verkennen. Nichts berechtigt zu der Annahme, die griechischen Künstler hätten in ihren Gemälden die specifisch malerischen Wirkungen, die Reflexe des Lufttones, das eigenthümliche Licht- und Schattenspiel angestrebt, welches wir an Werken der neueren Zeit bewundern; es blieb vielmehr auch hier der Umriss, die Modellirung, die Form die Hauptsache, die tiefere innere Einheit mit der Plastik bewahrt. Den Beweis dafür liefert, in Ermangelung der Originaldenkmäler, deren Verlust wir leider sämmtlich zu beklagen haben, ausser Quintilians Erzählung von dem Verfahren der Maler, die einzelnen Figuren auseinander zu halten, dass nicht die Schattenwirkung die Einheit der Form beeinträchtige, die Art und Weise, wie die Nachwelt die Entstehung der Malerei auffasste und als Sage überlieferte. Sie erzählt von der Tochter des korinthischen Töpfers Butades, welche den Schattenriss des scheidenden Geliebten an der Wand festhielt, (auch Kleanthes von Korinth und der Aegypter Philokles werden als die Erfinder der Umrisszeichnung gepriesen) von dem Korinther Ardices und dem Sikyonier Telephanes, welche den äusseren Umrissen auch innere Linien zur Andeutung der Körperformen hinzufügten, von dem Korinther Kleophant, welcher zuerst einfarbige Bilder (Monochromen) fertigte, von dem Athener Eumarus, welcher bereits die Geschlechter auch in der Farbe unterschied u. s. w., bis allmälig das lange Zeit gültige System der Tetrachromie, die Anwendung von vier Hauptfarben: Weiss, Roth, Gelb und Schwarz sich herausbildete. Können wir in diesen Sagen auch nur die kunstphilosophische Anschauung einer späteren Zeit, wie sich dieselbe die Entwicklung der Kunst dachte, nicht deren reale Geschichte erkennen, so bleibt dennoch die vorausgesetzte plastische Richtung auch der ältesten Malerei, die Stellung, welche man derselben zur Skulptur einräumte, im höchsten Grade charakteristisch.

      So mager auch diese ästhetische Erkenntniss ist, wir wären dennoch trotz der zahlreichen Nachrichten über die Maler des Alterthums bei römischen und griechischen Schriftstellern über den herrschenden Styl nicht viel besser unterrichtet, kämen uns nicht glücklicher Weise die zahllosen Vasengemälde zu Hülfe, welche noch unaufhörlich dem griechischen und italischen Boden entlockt werden, eine verhältnissmässig geschlossene geschichtliche Entwicklung an sich offenbaren, und nachdem sie die längste Zeit zu einem unfruchtbaren archäologischen Spielzeuge dienten, jüngst auch eine geläuterte wissenschaftliche Behandlung erfahren.

      Die Fundorte für bemalte Vasen sind in Griechenland namentlich Athen, Korinth, die Inseln, dann in Italien: Sizilien (Girgenti), auf altem bruttischem Boden Locri, ferner Apulien (Rubi), Lukanien (Armento, Anxia), Kampanien (Nola) und im Norden der Tiber auf etrurischem Gebiete: Veji, Caere, Vulci, Volaterrae u. a. Die nolanischen Vasen, zierlich geformt, intensiv und glänzend gefärbt, die Bilder nicht figurenreich, mit Vorliebe auch das Privatleben behandelnd und die inschriftenreichen vulcentischen, in der vollendeten Technik den erstgenannten gleichstehend, aber im Style gemessener, höher gegriffen als jene, bilden mit Recht die berühmtesten Gruppen. Der ehemals vorausgesetzte etruskische Ursprung der Vasen ist gegenwärtig allgemein zurückgewiesen, die griechische Abstammung über jeden Zweifel hinaus festgestellt, und zwar weisen die in der älteren Zeit vorherrschenden dorischen Inschriften auf Korinth, der später ausgebildete reine Atticismus auf Athen als den Fabriksort hin, womit auch der bekannte Ruhm beider Städte in der Erzeugung von Töpferwaaren übereinstimmt. Dass namentlich seit der Zerrüttung der öffentlichen Verhältnisse Griechenlands neben der Einfuhr eine einheimische Fabrikation in Italien bestand, wird keineswegs geläugnet; für Apulien und Lukanien, wo es an griechischen Kunstanregungen keineswegs fehlte, dann für Etrurien, wo die Neigung für den älteren Styl herrschend blieb, gilt dieser selbständige Betrieb als unbestrittene Thatsache; nur sind griechische Vasen überhaupt in der Mehrzahl vorhanden, und ihre Benützung als Vorbilder auch für die einheimisch italienische Produktion ebenso gewiss als die letztere selbst. Die Gefässformen, welche wir an den gewöhnlich in Gräbern gefundenen bemalten Vasen bemerken, haben bis jetzt noch keine scharf bestimmte, klare Eintheilung erfahren, besser sind wir über die Stylentwicklung der Vasenbilder unterrichtet.

      Der ältesten Zeit gehören die sogen. ägyptisirenden Vasen von blassgelbem Thone und schwarzbraunen Malereien an, welche letztere ausser Pflanzenmotiven und anderen Ornamenten phantastisch gebildete Thiergestalten enthalten. Der häufigste Fundort ist ausser Nola, Vulci, Veji u. a. Griechenland, wohin die eigenthümliche Dekorationsweise wohl aus assyrisch-babylonischen Landschaften sich verpflanzt hatte.

      Eine zweite Stylepoche, durch mehrere Mittelstufen mit der erstgenannten verknüpft (Françoisvase in Florenz), wird durch die schwarzen Figuren auf rothem Grunde vertreten. Bei höchst sauberer Ausführung ist doch alle Bewegung und Kraft auf den eigentlichen Körper concentrirt, und diese mit heftiger Gewaltsamkeit ausgedrückt; dagegen mangelt den stets im Profil gezeichneten Köpfen ebenso sehr die Schönheit als das Leben. Noch während diese Vasengattung im Gebrauche war (man rechnet die Dauer des alten Styles etwa bis zur 114. Olymp.), begann man bei der Bilderfertigung das entgegengesetzte Verfahren einzuschlagen und die Gestalten auf schwarzem Grunde roth zu färben, ja zuweilen wurden beide Weisen, rothe und schwarze Figuren, auf einem Bilde vereinigt. An die erstgenannten legt sich alle weitere Entwicklung der Vasenmalerei an. Man unterscheidet einen älteren strengen Styl, den äginetischen oder lycischen Skulpturen vergleichbar, und den jüngeren schönen Styl (bis Alexander den Grossen). Schon bei jenem verschwinden alle symbolischen Beihülfen einer noch ungelenken Zeichnung; die letztere erscheint durchgebildeter, scharf bestimmt, die Composition lebendiger, gruppenreich, wenn auch beides, Zeichnung und Composition, noch eine mannigfache Gebundenheit, jene an das Profil, das Unverkürzte, diese an das gemessen Würdevolle, Züchtige in der Empfindung, offenbaren. Im schönen Style tritt bei übrigens gleicher Technik und schlanken, höchst eleganten Gefässformen die Richtung auf das Anmuthige, Ueppigweiche in den Umrissen und in den mit Vorliebe behandelten jugendlichen und weiblichen Formen in den Vordergrund, wofür namentlich die Schilderungen des bacchischen Lebenskreises die geeignetsten Vorwürfe abgaben. Erst nachdem in Attika die Vasenfabrikation sank, seit dem dritten Jahrhundert v. Chr., bildet sich in Lukanien und Apulien ein selbständiger Betrieb aus. Die hier vorherrschende griechische Bildung erklärt das hellenische Element namentlich im Inhalte der Darstellungen. Die späte Zeit, das in dem fremden Lande nicht so wie auf griechischem Boden heimische ideale Maass der Phantasie macht die Flüchtigkeit und Ueberladenheit des Styles begreiflich. Der Name von Prachtvasen mag den dieser Gattung angehörigen Gefässen billig bleiben, nur darf dabei nicht an einen tieferen künstlerischen Werth gedacht werden. Gleichzeitig mit Apulien und Lukanien entwickelte sich auch in Etrurien eine heimische Vasenfabrikation, ohne aber die Bedeutung der früher genannten zu erringen, bis die vordringende Römerherrschaft dem ganzen Kunstzweige ein Ende setzte.

      Von den Vasenbildern nun lassen sich einzelne Züge auch für die griechische Malerei abstrahiren, unter der Einschränkung jedoch, dass man den Unterschied zwischen dem handwerksmässigen Betriebe und der künstlerischen Schöpfung stets festhält und die Parallele auf die späteren Perioden (Alexandrinisches Zeitalter) nicht ausdehnt. Damals nämlich trat in der Malerei das Streben nach Coloriteffekten in den Vordergrund, wofür die nur durch den Contrast der glänzend schwarzen Farbe zum natürlichen Roth des Thones und sonst nur durch die ideale Zeichnung wirksamen Vasenbilder auch nicht die entfernteste Andeutung gewähren können.

      §. 50.

      Die ersten Entwicklungsstufen der griechischen Malerei, von der Umrisszeichnung zur Andeutung der Muskulatur und des Gliederbaues durch flüchtige Linien, zu mannigfachen Kopfwendungen, schärferem Gliederausdruck, bestimmter Muskelbezeichnung und freierem Faltenwurfe, welches Alles dem Kimon von Kleonai zuerst zugeschrieben wird u. s. w., wurden bereits früher erwähnt. Nähere Nachrichten über den weiteren Gang der Entwicklung besitzen wir nicht, wenn gleich einzelne Künstlernamen (Bularchos von Kandaules u.A.) und Bildernamen (Uebergang des Darius über den Bosporus vom Baumeister Mandrokles nach Samos geweiht) aufbewahrt sind. Erst das Zeitalter des Phidias bringt uns über die Schicksale der Malerei nähere Kunde und zeigt die athenische Schule bereits in hoher Blüthe.

      Um den Thasier Polygnot, des Malers Aglaophon Sohn (u. 79. Olymp.), reiht sich eine zahlreiche Künstlergruppe: Panänos,


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