Handbuch der Kunstgeschichte. Springer Anton
Читать онлайн книгу.2) umgürtet, oder durch schachbrettartige Zierathen ausgezeichnet, überhaupt der äussere Steinmantel, der sich um den massiven inneren Kern legt, mit grosser Sorgfalt gearbeitet. Die Topen sind ein Mantelbau, eine Tope wird von einer anderen umschachtelt (Fig. 3), die Trennungslinien scharf bezeichnet. Die Bestimmung der keineswegs durch ein hohes Alter bemerkenswerthen Topen (man hat in ihnen Sassaniden- und byzantinische Münzen aus dem fünften Jahrhundert gefunden) war die eines Reliquienschreines. Aus der natürlichen Vorliebe, in der Nähe der Reste buddhistischer Heiligen zu ruhen, erklärt sich das Vorkommen der zahlreichen Grabhügel in der Umgebung der Topen. Diese Bestimmung des Reliquienschreines theilen die Topen mit den übrigens auch in der Form verwandten Dagops (Fig. 4). Sie bilden entweder das Heiligthum buddhistischer Tempel (Ellora) oder stehen selbstständig da (Ceylon) und werden zu einer gewaltigen Höhe und mit grossartiger Pracht aufgeführt. Die sog. Pagode bei Rangun im Birmanenreiche z. B. steigt bei einem Umfange von 1355' zu einer Höhe von 300' empor. Der Form der Dagops wird ausdrücklich eine symbolische Bedeutung verliehen. In der Kuppelwölbung spricht sich der sansâra, der wechselnde Kreislauf der Dinge aus, der Sonnenschirm darüber (Fig. 4) versinnlicht den Himmelskreis[6] oder auch den heiligen Feigenbaum, unter welchem einst Buddha in seligen Schlummer versank.
Fig. 1. Tumulus von Bàr Robát bei Jellalabad.
Fig. 2. Tope von Kotpur.
Fig. 3. Durchschnitt der Tope von Kotpur. Fig. 4. Buddhistischer Dagop.
In der Bestimmung mit den Grabhügeln, in der Bauweise namentlich auch mit den Topen verwandt sind die berühmten ägyptischen Pyramiden. Auch sie sind nach Lepsius umfangreichen Untersuchungen ein Mantelbau, d. h. eine kleine in Absätzen aufsteigende Pyramide bildet den Kern, um welchen sich allmälig mehrere Steinmäntel herumlegten; die Stufen des äussersten Mantels wurden dann verkleidet und so die strenge Pyramidenform gewonnen. Diese theils aus Nilziegeln, theils aus Werksteinen errichteten, orientirten Königsgräber, deren Inneres Grabkammern und Steinsärge birgt, sind sowohl in Aegypten (am linken Nilufer von Abu Roasch bis nach Dahschur, bei Lischt, Meidum, in Fayum) wie in Aethiopien (Dschebel Barkal, Nuri, Assur, Naga) zu Hause, wechseln in ihren Maassen in hohem Grade — die Cheopspyramide misst 755' (724' nach Perring) im Umfange, und 461' (435' nach Perring) in senkrechter Höhe — und gehen in ihrer Bauzeit von der dritten Manethonischen Dynastie bis auf die griechische und römische Herrschaft herab. Das höchste Alter beanspruchen zwei Steinpyramiden bei Dahschur (Akanthus); jene von Gizeh stammen aus dem Jahre 5121, die jüngste pharaonische am Moerissee aus den Jahren 2192–2051 vor unserer Zeitrechnung; die Pyramiden von Meroe rühren dagegen erst aus der griechischen Periode her.
§. 5.
Ein anderer mächtiger Keim zu Bauformen tritt uns in den Felsen- und Steinaltären entgegen. In der einfachsten Gestalt erscheinen dieselben als abgeplattete Bergkuppen, welche Pausanias in Griechenland erwähnt (Apesus bei Nemea), oder aus unbehauenen Steinen auf Bergen errichtete Steinaltäre, wie sie Moses den Israeliten vorschreibt. Aus einzelnen Steinen zusammengesetzte Opferaltäre, so dass zwei oder mehrere aufrecht gestellte Blöcke eine grosse Tafel stützen, kommen unter dem Namen Lichaven und Dolmen in der Bretagne (Locmariaquer, Kerdaniel, Carnac u. s. w.) in Anjou, Puy de Dôme, bei Namur, in England vor, und werden auf die Celten zurückgeführt. Eine reichere Entwicklung gewann der Altarbau in den Stufenpyramiden, deren oberste Platte mit einem Altare oder Tempel bekrönt war. Diese Form trug der Birs Nimrud westlich vom Euphrat, im Umkreise Babylons, (der Nimrodspalast der Araber, der Kerker Nebukadnezars bei den Juden, der babylonische Thurm bei älteren Reisenden) wenigstens an der einen Seite an sich; die andere Seite fiel nach Layard's Vermuthung vertikal (?) ab und war gleich den babylonischen Palästen bemalt (Fig. 5).
Fig. 5. Birs Nimrud von der Ostseite nach Layard's Restauration.Gleiche Bildungen fand Layard westlich von Mosul bei Abou Khamera, Mokhamur u. s. w. vor.[7] Auch die mexikanischen Teokallis aus der Aztekenperiode (u. 1100 u. Z.) besitzen die gleiche Gestalt; auch sie steigen in Absätzen zur Höhe von 50 Fuss und darüber empor, und haben auf der Plattform Tempel, Hallen oft von bedeutendem Umfange, wenn auch selten von grosser Höhe. Die Gliederung ist in vielen Fällen reich belebt und namentlich der ornamentale Theil (Zickzacklinien, Mäander, verschlungene Bänder, Kassetten) übermässig bedacht. Sie finden sich in grosser Zahl von anderen Bauten umgeben in Mexico, Veracruz (Papantla, Fig. 6), Oaxaca, Chiapa, Yukatan u. s. w. vor, haben aber bis jetzt keine ausführlich technische Untersuchung erfahren.[8]
Fig. 6. Teokalli von Papantla in Veracruz.§. 6.
Fig. 7. Feengrotte bei Tours.
Wenn die bisher betrachteten Bauwerke: Hügel, Pyramiden, Altäre, Massenbauten darstellen, ohne eine Scheidung des inneren Raumes von der äusseren architektonischen Hülle zuzulassen, so sind andere Bauwerke, bei aller Rohheit in der Anlage, dadurch bemerkenswerth, dass das Steinwerk einen inneren Raum als Umwallung mehr oder weniger regelmässig umschliesst, also der Bau in einen äusseren und inneren sich gliedert. Die einfachste Form des Gliederbaues sind die celtischen »Feengrotten«, erweiterte Dolmen (Fig. 7); Decke und Wand sind geschieden, ebenso ein Eingang angedeutet und das Innere (bei Essé unweit Rennes) zuweilen in zwei Kammern getheilt. Noch reicher ist die Anordnung der Steinkreise (cromlech, stonehenge), welche nicht allein in England, in der Bretagne und in Deutschland (bei Helmstedt) vorkommen, sondern auch nach Meadow Taylor's Mittheilungen[9] in Dekkan bei Heiderabad angetroffen werden. Concentrische Steinringe, die einzelnen Steine zu Pfeilern bearbeitet und mit wagrechten Steinen belastet, umschliessen einen inneren Raum, das Heiligthum, wo ähnliche Kreise isolirte Steinpfeiler umgeben. Die berühmtesten Denkmäler dieser Gattung sind der Stonehenge bei Salisbury (Fig. 8) und der von einem Wallgraben eingeschlossene und mit Pfeileralleen verbundene Cromlech bei Abury (Fig. 9). Den Beginn des eigentlichen Tempelbaues versinnlichen auch die heiligen Stätten der Südseeinsulaner, Morai. Ein grosser regelmässiger Platz mit Korallenplatten gepflastert und von Prellsteinen oder einem hölzernen Zaun umgeben, führt zur Behausung des Gottes, einer kleinen Hütte, in welcher das Götzenbild bewahrt wird.
Fig. 8. Stonehenge bei Salisbury. Fig. 9. Cromlech von Abury.§. 7.
Die Anfänge der Plastik sind nicht weniger roh und ungebildet, als die ersten Keime der Baukunst. Auch hier beginnt die Kunstthätigkeit mit der Errichtung gestaltloser Gedächtnisszeichen,