Leopold von Ranke: Historiografische Werke. Leopold von Ranke

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Leopold von Ranke: Historiografische Werke - Leopold von  Ranke


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rel="nofollow" href="#ulink_a1d617a1-d82b-59c5-98f7-fb03816d6950">78 wo er erwarten konnte, die ganze Opposition, gegen Karl V. in voller Tätigkeit zu finden, am 4. Mai 1529, erhob sich Suleiman mit einem Heere, das man auf dritthalbhunderttausend Mann berechnet hat, zum heiligen Kriege. Vor ihm her brach der Hospodar der Moldau in Siebenbürgen ein und trieb die Anhänger Ferdinands auseinander; dann stieg Johann Zapolya mit der kleinen Truppe, die sich um ihn gesammelt, von den Karpathen herunter. Er hatte das Glück, auf die ferdinandeischen Ungarn zu treffen, ehe sie sich mit den Deutschen vereinigten, um sie zu schlagen. Auf dem Schlachtfelde von Mohacz kam er mit dem Sultan zusammen. Suleiman fragte ihn, wodurch er sich bewogen fühle, zu ihm zu kommen, der Verschiedenheit ihres Glaubens ungeachtet. »Der Padischah,« antwortete Johann, »ist die Zuflucht der Welt, und seine Diener sind unzählig, sowohl Moslems als Ungläubige.« Von dem Papst und der Christenheit ausgestoßen, floh Zapolya unter den Schutz des Sultans. Eben dieses Bedürfnis momentanen Schutzes war es von jeher gewesen, was das osmanische Reich groß gemacht hatte.

      Bei diesem allgemeinen Abfall konnte man nicht darauf rechnen, daß die deutschen Besatzungen, die es in einigen festen Plätzen gab, dieselben zu behaupten vermögen würden. In Ofen standen ungefähr 700 vor kurzem angeworbene Landsknechte unter dem Oberst Besserer. Sie hielten einige Stürme aus; als aber die Stadt genommen und die Burg von St. Gerhardsberg her, der sie beherrschte, fast in Grund geschossen war, verzweifelten sie, mit ihren langen Lanzen das Feuer des Feindes bestehen zu können, und hielten sich berechtigt, auf ihre Rettung zu denken. Sie nötigten ihren Anführer zu kapitulieren; sie wußten jedoch nicht, mit wem sie es zu tun hatten. Ibrahim Pascha versprach ihnen auf das feierlichste freien Abzug; noch in den Toren von Ofen wurden sie sämtlich niedergehauen.

      Und von da an wälzte sich nun ohne weiteren Widerstand das barbarische Heer nach den deutschen Grenzen, nach einem Lande, sagen die osmanischen Geschichtschreiber, das noch nie von den Hufen moslemischer Rosse geschlagen worden. Da traf die orientalische Weltmacht, die über zertrümmerten, in den unentwickelten Anfängen oder dem schon wieder halb barbarisierten Absterben der Kultur begriffenen Reichen errichtet worden, zuerst mit den Kernlanden des occidentalischen Lebens, in denen die ununterbrochene Kontinuation des Fortschrittes des allgemeinen Geistes ihren Sitz genommen und in vollen Trieben war, zusammen. Die Osmanen empfanden doch einen Unterschied, als sie unser Vaterland berührten. Sie bezeichnen es auch als ein Land der Kafern, denn ihnen gilt alles, was ihren Propheten nicht bekennt, als derselbe Unglaube; als ein waldiges Reich, schwer zu durchziehen. Aber sie bemerken doch, daß es von den Fackeln des Unglaubens ganz besonders erleuchtet, von einem streitbaren Volke bewohnt, allenthalben von Burgen, Städten, ummauerten Kirchen beschützt sei, es macht auf sie Eindruck, daß sie, sowie sie die Grenze überschritten haben, alles im Überfluß finden dessen das tägliche Leben bedarf. Sie nehmen wahr, daß sie ein von den Elementen der Kultur durchdrungenes, in seinen Wohnsitzen gut eingerichtetes, tapferes, religiöses Volk vor sich haben.


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