Leopold von Ranke: Historiografische Werke. Leopold von Ranke

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Leopold von Ranke: Historiografische Werke - Leopold von  Ranke


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ihre erste Einrichtung. Das Geschützwesen hat er auf einen ganz andern Fuß gebracht; eben hier bewährte sich sein erfinderischer Geist am glänzendsten; da übertraf er die Meister selbst. Seine Biographen schreiben ihm eine ganze Anzahl von glücklichen Verbesserungen zu; auch die Spanier, die unter ihm dienten, sagen sie, habe er zum Gebrauch des Handgeschützes angeleitet. Die Widersetzlichkeit, die sich in diesem Söldnerhaufen bei der Unregelmäßigkeit seiner Finanzerträge oftmals erhob, wußte er, wo er persönlich zugegen war, noch in der Regel zu beseitigen; man erinnert sich, daß er in hohen Nöten den Unmut der Leute durch die Possen eines Narren, den er rufen ließ, beschwichtigte.

      Und auch in seinem öffentlichen Leben würden wir ihm Unrecht tun, wenn wir bei den mißlungenen Versuchen, das Reich zu konstituieren, stehen bleiben wollten. Den Staatsformen, welche zwischen Oberhaupt und Ständen Kompetenzen um die höchste Gewalt hervorrufen, hängt es als ein fast unvermeidlicher Mangel an, daß dann auch das Oberhaupt sein persönliches Interesse von dem der Gesamtheit trennt. Maximilian hat das Reich nicht verabsäumt. In Rom erinnerte man sich noch lange nach ihm, daß er der Kurie gegenüber seine Absichten ins Werk setzte und erst dann um Genehmhaltung einkam. Er war der letzte König von Germanien, der eben nur deutscher Fürst war. Aber dabei ist doch unleugbar, daß er bei seinem Tun und Lassen noch mehr die Zukunft des eigenen Hauses im Auge hatte als den Vorteil des Reiches an sich.

      Als achtzehnjähriger Jüngling war er nach den Niederlanden gegangen und hatte durch die Verbindung von Burgund und Österreich eine neue europäische Macht begründet. Es gibt überall, im Staate wie in den Wissenschaften, vermittelnde Tätigkeiten, die das Neue zwar noch nicht zustande bringen, aber aus allen Kräften vorbereiten. Die Macht, die sich bildete, kam unter Maximilian noch nicht zu voller Erscheinung. Aber dadurch, daß er die fürstlichen Gerechtsame so in den Niederlanden wie in Österreich aufrecht erhielt, dort die Franzosen, hier die Ungarn abwehrte, daß er die große spanische Erbschaft herbeiführte, zu der ungarisch-böhmischen definitiv den Grund legte, ist seine Tätigkeit doch von dem größten Einfluß auf die folgenden Jahrhunderte gewesen. Wie ganz anders als damals, da sein Vater von Österreich verjagt, er selber in Brügge gefangen war, standen nun seine Enkel! Nie hatte ein Geschlecht großartigere, umfassendere Aussichten. Aus diesem Gesichtspunkte sah er auch die deutschen Verhältnisse an.

      5. Kaiser Karl V

       Inhaltsverzeichnis

      Die Osmanen und die spanische Monarchie, Werke Bd. 35, 36 S. 90 ff. Deutsche Geschichte I, Werke Bd. 1 S. 325.

      Wenn die alte Sage ihre Helden schildert, gedenkt sie zuweilen auch solcher, die erst eine lange Jugend hindurch untätig zu Hause sitzen, aber alsdann, nachdem sie sich einmal erhoben, nie wieder ruhen, sondern in unermüdlicher Freudigkeit von Unternehmung zu Unternehmung fortgehen. Erst die gesammelte Kraft findet die Laufbahn, die ihr angemessen ist. Man wird Karl V. mit einer solchen Natur vergleichen können. Bereits in seinem sechzehnten Jahre war er zur Regierung berufen, doch fehlte viel, daß er in seiner Entwicklung dahin gewesen wäre, sie zu übernehmen. Lange war man versucht, einen Spottnamen, den sein Vater gehabt, weil er seinen Räten allzu viel glaubte, auch auf ihn zu übertragen. Sein Schild führte das Wort: »noch nicht«. Ein Herr von Croy leitete ihn und seinen Staat vollkommen. Während seine Heere Italien unterwarfen und wiederholte Siege über die tapfersten Feinde davontrugen, hielt man ihn, der indes ruhig in Spanien saß, für unteilnehmend, schwach und abhängig. Man hielt ihn solange dafür, bis er im Jahre 1529, im dreißigsten seines Lebens, in Italien erschien.

      Wie viel anders zeigte er sich da, als man erwartete! Wie zuerst so ganz sein eigen und vollkommen entschieden! Sein geheimer Rat hatte nicht gewollt, daß er nach Italien ginge, hatte ihn vor Andrea Doria gewarnt und ihm Genua verdächtig gemacht. Man erstaunte, daß er dennoch nach Italien ging, daß er gerade auf Doria sein Vertrauen setzte, daß er dabei blieb, in Genua ans Land steigen zu wollen. So war er durchaus. Man nahm keinen überwiegenden Einfluß eines Ministers wahr; an ihm selber fand man weder Leidenschaft noch Übereilung, alle seine Entschlüsse waren gereift, es war alles überlegt; sein erstes Wort war sein letztes. Dies bemerkte man zuerst an ihm, darauf, wie selbsttätig, wie arbeitsam er war. Es erforderte einige Geduld, die langen Reden der italienischen Gesandten anzuhören; er bemühte sich, die verwickelten Verhältnisse ihrer Fürsten und Mächte genau zu fassen. Der venetianische Botschafter wunderte sich, ihn um nicht weniges zugänglicher und gesprächiger zu finden, als er drei Jahre zuvor in Spanien gewesen war. In Bologna hatte er ausdrücklich darum eine Wohnung genommen, aus welcher er den Papst unbemerkt besuchen konnte, um dies so oft zu tun wie möglich, um alle Streitpunkte selbst aufs reine zu bringen.


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