Leopold von Ranke: Historiografische Werke. Leopold von Ranke

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Leopold von Ranke: Historiografische Werke - Leopold von  Ranke


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immer noch bedeutend ist.42 Dann folgte »Die deutschen Mächte und der Fürstenbund«,43 wiederum hochpolitisch, aber auch mit einer Betrachtung über die Literatur jener Zeit ausgestattet und anziehend durch die lebendige Schilderung Kaiser Josephs II.; ferner »Ursprung und Beginn der Revolutionskriege 1791–92«44 zu lehrreicher Ergänzung des Sybelschen Werkes, mit einer Übersicht auch der inneren Vorgänge in Frankreich auf Grund der früher in Paris gemachten Studien. Die dann folgende Zeit zu bearbeiten erhielt Ranke einen besonderen Antrieb durch die Aufforderung des Fürsten Bismarck, die Herausgabe der bisher verschlossen gehaltenen Denkwürdigkeiten des Staatskanzlers v. Hardenberg zu übernehmen; er begleitete sie mit einer eigenen Darstellung »Hardenberg und die Geschichte des preußischen Staates von 1793–1813«.45 Bei dem großen Befreiungskriege brach er ab, weil dieser von anderen genugsam beschrieben war, auch Hardenbergs Aufzeichnungen von da an unbedeutend wurden; zwei Schlußkapitel über die 1814 getroffene Bestimmung der Grenzen Frankreichs und über die Herstellung des preußischen Staates gaben dem Werke genügenden Abschluß.

      Dem greisen Gelehrten war es vergönnt, noch über die Jahre hinaus zu wirken, die sonst dem Sterblichen als Grenze gesetzt sind. Mit wunderbarer Geisteskraft schuf er noch ein großes zusammenfassendes Werk, die Weltgeschichte; doch brachte er es nicht zu Ende. Wohl wußte er, daß ein solches Werk die Vollkommenheit nicht erreichen könne, aber er erkannte auch die Forderung der Wissenschaft, daß immer wieder der Versuch gemacht werde, das einzeln Erforschte in allgemeinen Zusammenhang zu bringen. Im Besitz eines reichen Wissens und langer Lebenserfahrung durfte er unternehmen, der Nachwelt auch noch die Wege zum höchsten Ziele der Geschichtswissenschaft zu weisen. Die Aufgabe war, das »historische Leben« darzustellen, welches sich, wie die Vorrede sagt, »fortschreitend von einer Nation zur anderen, von einem Völkerkreis zum anderen bewegt«, zugleich auch den »historischen Besitz, den das Menschengeschlecht im Laufe der Jahrhunderte erworben hat« in Religion, Kunst, Wissenschaft, gesellschaftlichen Einrichtungen, und unzertrennbar davon sind »die Erinnerungen an die Ereignisse, Gestaltungen und großen Männer der Vorzeit«. In diesem umfassenden Sinne, Allgemeines und Einzeldarstellung kunstvoll verbindend, schrieb er zunächst in drei Teilen, deren erster 1880 erschien, die Geschichte des Altertums, gestützt auf kritische Forschung, deren Schärfe und Umfang auch seine Freunde und Verehrer in Erstaunen setzte, denn sie hatten ihn immer bei späteren Jahrhunderten tätig gesehen. Aber ihm ging diese Forschung auf die Jugendzeit zurück, mit wohltuenden Erinnerungen verbunden, und mancherlei Aufzeichnungen für seine Lehrvorträge waren als Material vorhanden. So stellte er in anschaulichen Bildern die eigentümlich religiöse Kultur der Völker des Orients, die großen Staatsmänner, Dichter und Philosophen der Hellenen, das gewaltige Gefüge des römischen Staates, die Umwandlung des Erdkreises durch das Christentum dar. Dann ging er weiter zu den großen Völkerbewegungen, die vieles zerstörend doch neues Leben begründeten, zu der Welt des Islam, die sich der christlichen entgegensetzte, zu der Entfaltung der europäischen Staaten, auf deren gemeinschaftliche Entwicklung er schon in seinem ersten Jugendwerke hingewiesen hatte. Er hatte die Freude, daß sein Werk in weite Kreise drang, auch in


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