Leopold von Ranke: Historiografische Werke. Leopold von Ranke

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Leopold von Ranke: Historiografische Werke - Leopold von  Ranke


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In der Folgezeit treten auch katholische Staaten dem Papsttum entgegen, die Aufklärung des 18. Jahrhunderts ist ihm feindlich, durch die französische Revolution gerät es in schwere Bedrängnis; wieder befestigt wird es durch die Herstellung der europäischen Staatenverhältnisse nach Napoleons Sturz. Es ist als ein bedeutendes Moment der europäischen Entwicklung anerkannt, es tritt wie in früheren Zeiten für kirchliche Machtausbreitung ein; die Zukunft ist ungewiß. Der Geschichtschreiber gibt am Schlusse der Hoffnung Ausdruck, daß solche Glaubenskämpfe, wie sie früher die Welt entzweiten, doch nicht wiederkehren werden, die Bewegung der Geister gehe auf religiöse Verständigung, »über alle Gegensätze erhebt sich die Einheit eines reinen und darum seiner Sache nicht minder sicheren Gottesbewußtseins«. Diesen Schluß hat Ranke, als er in späteren Jahren das Werk von neuem herausgab,17 mit schwerem Herzen getilgt und eine Fortsetzung angefügt über das neue Anwachsen der päpstlichen Macht, das zu dem Konzil von 1870 geführt hat. Er wollte keinen Zweifel darüber lassen, welche Stellung er zu dem erneuten kirchlichen Kampfe einnehme. Gegenüber dem Vordringen der Propaganda betont er den Wert der »in sich fest begründeten protestantisch-deutschen Wissenschaft«; bei dem päpstlichen Rundschreiben von 1864, dem sogenannten Syllabus, sagt er: »Was der Papst verwarf, war, wenn auch nicht gerade in jedem Punkte, doch im allgemeinen das System der modernen Anschauungen und Lehren, die in die Überzeugung des lebenden Menschengeschlechtes übergegangen sind«; er führt an, daß dazu auch der Grundsatz der Gewissensfreiheit gehöre. Der Verlauf des Konzils zeigt, welche Mühe es kostete, die Opposition unter den versammelten Bischöfen zum Schweigen zu bringen; endlich wird die Unfehlbarkeit des selbst entscheidenden, nicht mehr an die Zustimmung der Kirche gebundenen Papstes feierlich verkündet, und in denselben Tagen bricht der deutsch-französische Krieg aus. »Wer wollte sagen, wohin es geführt hätte, wenn das Glück der Waffen zugunsten der katholischen Nation ausgefallen wäre, welches neue Übergewicht dem Papsttum dadurch hätte zuteil werden können! Der Erfolg war der entgegengesetzte. Ein überzeugter Protestant möchte sagen: es war die göttliche Entscheidung gegen die Anmaßung des Papstes, der einzige Interpret des Glaubens und der göttlichen Geheimnisse zu sein.« Das Papsttum, der weltlichen Gewalt beraubt, zieht sich nun ganz auf die Ausübung seiner geistlichen Autorität zurück; damit beginnt eine neue Epoche in dem Dasein dieser Macht. Die Zukunft ist wiederum ungewiß; Rankes Werk aber in seiner erneuten Gestalt bleibt dem deutschen Volke ein unverlierbares Gut; es lehrt, daß die neue Erhebung des Papsttums zwar auch eine geschichtlich begründete Erscheinung ist, aber mit nicht mehr Anspruch auf Geltung und Dauer, als jene Erhebung zur Gegenreformation,: der doch Einhalt getan wurde, freilich erst am Ende des verderblichsten Krieges, der über Deutschland gekommen ist.

      Als im Jahre 1836 die Geschichte der Päpste vorläufig abgeschlossen vorlag, faßte Ranke den naheliegenden Entschluß, ihr eine Geschichte der deutschen Reformation folgen zu lassen. Es war die entscheidende Wendung der deutschen Geschichte, die er darzustellen unternahm, der Ursprung der ganzen folgenden Entwicklung Deutschlands. Mit eindringender theologischer Kenntnis ging er daran, aber seine Stellung nahm er auf dem nationalen Standpunkt. Ausgehend von der Größe und dem Verfall des mittelalterlichen Kaisertums schildert die Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation zuerst die unter Kaiser Maximilian I. gemachten aber nur unvollkommen durchgeführten Versuche, dem deutschen Reich eine bessere Verfassung zu geben, dann das gewaltige Ringen der religiösen und zugleich nationalen Bewegung mit den bestehenden kirchlichen Mächten und der dynastischen Politik Karls V., endlich das Zustandekommen des Augsburger Religionsfriedens, der aber die Keime künftiger Zwietracht in sich birgt. »Glücklich die Zeiten, wo ein einziger nationaler Gedanke alle Gemüter ergreift, weil er alle befriedigt; hier war dies nicht der Fall.« Einen tröstlichen Ausblick gewährt jedoch das Schlußkapitel über die Entwicklung der Literatur: Deutschland zeigt im 16. Jahrhundert eine solche Fülle geistigen Lebens auf protestantischer Seite, daß man an seiner Zukunft trotz drohender schwerer Gefahren nicht zu verzweifeln braucht.


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