Leopold von Ranke: Historiografische Werke. Leopold von Ranke

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Leopold von Ranke: Historiografische Werke - Leopold von  Ranke


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unbarmherzige Beurteilung. Im übrigen ließ Ranke jedes Talent in seiner individuellen Bewegung gewähren, eingedenk der höchsten pädagogischen Regel, daß die Schule nicht Abrichtung, sondern Entfaltung der persönlichen Kräfte zur Aufgabe hat.«

      Die Reise des Jahres 1843 brachte dem welterfahrenen Manne, der doch die Vorliebe des deutschen Gelehrten für stilles Studieren niemals verleugnete, das Glück einer behaglichen Häuslichkeit. In Paris lernte er die Tochter eines in Dublin wohnenden englischen Rechtsgelehrten kennen, die durch früheren Aufenthalt in Bonn mit deutscher Bildung vertraut war; in England sah er sie wieder und warb um ihre Hand. Sie folgte ihm gern nach Berlin und lebte sich rasch ein in die gelehrten Kreise, die so mannigfache Beziehungen zum Auslande hatten. Ranke freute sich der geistig belebten Häuslichkeit um so mehr, da nach dem Tode seiner Eltern das Band der Gemeinschaft mit Geschwistern und Verwandten loser geworden war. Von den Brüdern, mit denen er in herzlichem Briefverkehr stand, kam ihm jetzt Ferdinand besonders nahe, 1842 als Gymnasialdirektor nach Berlin berufen. Oft lasen sie miteinander in Abendstunden griechische Klassiker; auch für den Druck der Geschichtswerke leistete Ferdinand tätige Hilfe.

      Die Stürme des Jahres 1848 störten die wissenschaftliche Tätigkeit, gaben aber dem Geschichtskenner Anlaß, seine politische Einsicht in den Dienst des Vaterlandes zu stellen. Nicht wollte er wie Thiers als Abgeordneter oder gar Minister in die Bewegung eingreifen; er hielt sich zurück als stiller Beobachter, aber da der König vertrauensvoll seinen Rat begehrte, verfaßte er mehrere politische Denkschriften, die durch Vermittlung des Flügeladjutanten Edwin von Manteuffel dem Könige zugingen. Sie blieben damals natürlich geheim; erst 1887 sind sie in den Sämtlichen Werken (Band 49 und 50) veröffentlicht worden. In den liberalen Kreisen der Hauptstadt galt Ranke, da er an dem Fortgang der Verfassungsbewegung öffentlich nicht Anteil genommen hatte, als reaktionär gesinnt; die Denkschriften aber zeigen ihn, wie früher die »Historisch-politische Zeitschrift«, auf der Bahn des besonnenen Fortschritts, sehr empfänglich für die großen Aussichten einer neuen Zeit, sofern sie mit fester Staatsordnung vereinbar waren. Die erste Denkschrift, im Mai 1848 verfaßt, als in Berlin die preußische Nationalversammlung zusammentrat, tadelt unverhohlen das von den Ministern zugestandene allzu freie Wahlgesetz, warnt vor weiterer Nachgiebigkeit gegen den Radikalismus, billigt aber die von der Regierung eingeschlagene konstitutionelle Richtung. Die zweite, Anfang Juli, spricht die Zuversicht aus, daß die revolutionären Zuckungen, die sich über das ganze einst von Napoleon überwundene Gebiet verbreitet haben, keinen Bestand haben werden, »namentlich da England und Rußland sich halten,« aber zu wünschen sei, daß von Deutschland, »dem Mutterlande eines gesunden, mit den Interessen der Bevölkerung verbündeten Königtums,« eine selbständige, kluge und kraftvolle Bekämpfung der Anarchie ausgehe. Die dritte Denkschrift, Ende Oktober verfaßt, als die preußische Regierung sich zu entscheidendem Eingreifen anschickte, beantwortet die Frage, ob für Preußen eine konstitutionelle Verfassung anzuraten sei, mit deutlichem Ja, besonders wegen des Verhältnisses zum übrigen Deutschland, denn ratsam sei auch die Annahme des Kaisertums, wovon jetzt so viel und so ernstlich geredet werde: »das konstitutionelle Wesen muß nur ohne Vorliebe und ohne Haß angesehen werden als eine Form, in welcher die jetzigen Menschen nun einmal leben wollen; man muß die Verfassung so einrichten, daß man dabei bestehen kann«; also kein revolutionär-konstitutionelles Königtum, worin »die königliche Macht als Ausfluß des Volkswillens erscheint«, während sie in England bei aller Beschränkung durch das Parlament doch etwas »ureigenes, unabgeleitetes, ursprüngliches« ist: daher keine Abhängigkeit der Minister von der Volksvertretung, kein allgemeines Wahlrecht; wohl aber könne man den materiellen Wünschen der Menge durch eine gewisse Organisation der Arbeit, z. B. bei den öffentlichen Bauten, bei Urbarmachung des Landes entgegenkommen.


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