Leopold von Ranke: Historiografische Werke. Leopold von Ranke

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Leopold von Ranke: Historiografische Werke - Leopold von  Ranke


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den südeuropäischen wie mit den nordischen Gebieten und mit Deutschland. Die Engländer machten die Bemerkung, daß dieser große Weltverkehr, durch den sie in Schatten gestellt und benachteiligt wurden, doch eigentlich auf England beruhe. Der ganze Reichtum der Holländer, so wurde gesagt, gründe sich auf die Fischerei in der englischen und schottischen See, ihr Gewinn davon belaufe sich auf Millionen; ihnen komme die englische Wolle zugut, die mit spanischer vermischt den Stoff für ihre Manufakturen liefere; die englische Manufaktur selbst müsse ihnen dienen, insofern die englische Arbeit in Holland erst zum Verkauf zugerichtet werde. Den größten Gewinn bringe ihnen der noch immer andauernde Vertrieb fremder Produkte in England, zumal bei dem höheren Wert des englischen Geldes, das man hier nicht nach seinem wahren Verhältnis zu fremden Münzsorten anschlage; wenn ja irgendwo der Preis durch die Engländer höher getrieben werde, so seien sie auf das rascheste bei der Hand, um davon Vorteil zu ziehen. Der alten Handelseifersucht gesellte sich die Meinung bei, daß England sich seiner natürlichen Übermacht nur zu bedienen brauche, um den unbequemen Nachbar zu erdrücken.

      Briefe verraten eine immer feindseligere Ungeduld. Er sagt endlich unumwunden, daß von diplomatischen Unterhandlungen nichts mehr zu erwarten sei; man müsse die Holländer mit ihrer Münze bezahlen und Repressalien gegen sie brauchen; nur wer ihnen weh tue, finde Rücksicht bei ihnen. Unter dem Eindruck dieser Berichte und der von verschiedenen Handelsgesellschaften eingehenden Klagen über holländische Übergriffe beschloß das Parlament im April 1664, den König um Abhilfe derselben zu ersuchen. Es versprach ihm zugleich, ihn gegen allen Widerstand, den er dabei finde, mit Gut und Blut zu unterstützen. Karl II. war bisher durch die Besorgnis zurückgehalten worden, daß das Bedürfnis parlamentarischer Unterstützung seiner Autorität nachteilig werden könne; die Initiative, die das Parlament ergriff, machte seiner Bedenklichkeit ein Ende. Er antwortete, er werde noch einmal den Weg der Unterhandlung versuchen; sollte es ihm unmöglich sein, seinen Untertanen auf demselben Gerechtigkeit zu verschaffen, so rechne er auf die Erfüllung des von dem Parlament gegebenen Versprechens.

      Es war nicht eigentlich die holländische Regierung, sondern die Holländisch-westindische Kompagnie, mit der man hier sowie noch an andern Stellen zusammenstieß. Karl II. hatte vor kurzem eine ältere, zum Handel nach Afrika gestiftete Gesellschaft erneuert und seinen Bruder an ihre Spitze gestellt. Die Unternehmungen derselben waren vornehmlich nach Guinea gerichtet; aus dem Golde, das ihre Schiffe von der Goldküste zurückbrachten, hat man die ersten Guineen geprägt. Einen sicheren Gewinn warf der Sklavenhandel nach Barbadoes und andern Kolonien ab. Auch in Afrika waren jedoch die Holländer im Vorteil. Ihre Manufakte von Leyden entsprachen dem Geschmack der Eingebornen; mit den einen im Frieden, mit den andern im Krieg griffen sie immer weiter um sich. Damals hatten sie sich in Besitz des vielleicht besten Platzes an der ganzen Küste, Kap Corso – es ist die Station Coastcastle – gesetzt; überall sahen sich die Engländer ausgeschlossen oder benachteiligt.

      Nach diesen beiden Regionen nun richteten die Engländer ihre Angriffe, die sie als Repressalien gegen vermeintlich oder wirklich erlittene Unbill bezeichneten. Ein kleines Geschwader der Afrikanischen Kompagnie, zu dem auch der König ein paar Fahrzeuge stoßen ließ, bemächtigte sich des Kap Corso; ein andres, mit einer hinreichenden Anzahl von Landungstruppen ausgerüstet, nahm seinen Lauf nach Neu-Niederland und machte sich ohne viel Mühe zum Meister von Neu-Amsterdam. Der Führer, Oberst Nicholas, der dem Hofhalt des Herzogs von York angehörte, gab der Stadt den Namen New-York.

      Wenn man bemerkt, wie gleich darauf Tabago, das von ein paar seeländischen Kaufleuten in Besitz genommen war und durch seine vor der Wut der Orkane gesicherten Häfen die beste Station in den Antillen bildete, von den Engländern überfallen und weggenommen wurde, so ermißt man erst die ganze Tragweite dieses Friedensbruches. Man sollte ihn fast einem überlegten Plane, etwa nach dem Rat des von Karl II. eingerichteten Handels-Kommitee zuschreiben. Denn auf das beste greifen diese Unternehmungen zusammen. Es war, als wollte England, indem es die nordamerikanische Küste ausschließend in seine Hand brachte, zugleich die große Seestraße, die sich zwischen den beiden Kontinenten im Angesicht von Britannien eröffnet, entweder in Besitz nehmen oder doch mit einem Schlage von den verhaßten Nebenbuhlern säubern.

      Die Republik sah sich in ihrer großen maritimen Stellung angegriffen. De Ruyter, der vor Malaga kreuzte, erhielt Befehl, sich nach der afrikanischen Küste zu verfügen, um die Engländer zu verjagen und hierauf auch ihre westindischen und nordamerikanischen Ansiedlungen heimzusuchen. Die Unterhandlungen, die indes in Gang gesetzt waren, betrafen hauptsächlich Geldforderungen der englischen


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