"Dies Kind soll leben". Helene Holzman
Читать онлайн книгу.werde, katholisch zu werden.
Am Morgen schlief er auf seinem Lehnstuhl ein. Ich lief nach Hause, holte die besprochenen Wertsachen. Als ich zurückkam, traf ich schon die Angestellten des Generalrats, die sorglos und ausgeschlafen in den Dienst kamen. Wir besprachen die Einzelheiten der Flucht. Der Rat telefonierte mit dem Direktor des Lebensmitteltrusts. Am nächsten Tage sollte uns ein Lastauto mit nach Krottingen nehmen. Er gab uns eine Fahrbescheinigung, daß wir» dienstlich «nach Krottingen reisen müßten. Von dort müßten wir uns selbst weitere Fahrgelegenheit suchen.
Wieder rüsteten wir zur Flucht. Unsere Köfferchen standen noch von früher gepackt. Aber in der hellen Mittagsstunde erschien mir auf einmal alles in anderem Lichte. Vielleicht hat der Rat in seinem Rausche alles schwärzer gesehen, als es ist. Und wozu fliehen? Was sollen wir den langen Winter bei den fremden Bauern? Womöglich wollen sie uns gar nicht aufnehmen. Und schon waren wir beide entschlossen, hier zu bleiben. Wir waren jetzt ganz ruhig. Die blasse Novembersonne beleuchtete für kurze Zeit die Küche. Wir hatten seit gestern früh nichts gegessen. Wir machten Feuer im Herd, wärmten unsere Suppe und aßen. Der vergangene Tag erschien wie ein böser Spuk. Wir waren zu schwach zur Flucht, aber von einem unbegreiflichen Irgendwoher kam uns auf einmal tiefer Trost und Ruhe.
Am andern Morgen ging ich allein zum Rat, erklärte ihm unseren Entschluß, erbat die Wertsachen zurück. Er war diesmal nüchtern, und auch ihm erschien jetzt die geplante Flucht zu phantastisch, so daß er zufrieden war mit unserem Entschluß. Aber Gretchen solle nicht mehr in den Dienst kommen. Er fürchte die bösen Zungen der Mitarbeiter. Aus meinem Schmuck habe er sich erlaubt, ein Stück zu nehmen, um es einer Schauspielerin zu schenken, der Frau eines Angestellten.»Als Schweigegeld«, erklärte er. Es war eine Brosche, die ich gern getragen hatte, eine kleine Blume aus Gold und Perlen, ein altmodisches Erbstück aus der Familie meines Mannes. Wenn wir in Gefahr seien, könnten wir jederzeit auf ein paar Tage zu ihm kommen, wenn nötig, auch später noch zu seinen Verwandten fahren. Einige Zeit später wurde er seines Amtes entsetzt, verhaftet und in ein Konzentrationslager nach Deutschland verschleppt. Man hat nicht wieder von ihm gehört.
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