"Gott gebe, daß das Glück andauere.". Gabriele Praschl-Bichler

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gab, scheint ihn versöhnlicher gestimmt zu haben, denn er sagte mir, er werde nun Elisabeth schreiben, ihr ausführlich seinen Standpunkt klar machen, aber verzeihen. Seefrieds Ernennung zum Lieutenant beim 1. Infanterie Regimente in Troppau (Mähren) wird nächstens erfolgen, und schon früher wird das junge Ehepaar von Venedig hierher kommen, um Einkäufe für ihre häusliche Einrichtung zu machen und dann wollen sie nach Troppau gehen, um eine Wohnung zu suchen. Ich werde Elisabeth jetzt nicht sehen, da ich am 16. für einige Zeit nach Ofen gehe … und werde ich sie erst später sehen, wenn ihr Mann sich nach seiner Ernennung bei mir melden wird …« (ders., 7. Januar 1894) Als einige Wochen später die erste Begegnung mit der Enkelin bevorstand, überwog schon die Wiedersehensfreude über den Ärger, der – zur »dummen Geschichte« reduziert – viel an Intensität eingebüßt hatte. »Ich freue mich doch, sie wieder zu sehen und bin neugierig, ihren Mann kennen zu lernen. Eine dumme Geschichte bleibt es aber doch.« (ders., 13. Februar 1894) Als der neue Schwiegerenkel beim Kaiser in Audienz erschien, um sich für die militärische Amtsdienststelle zu bedanken, hinterließ er beim Kaiser bereits den besten Eindruck. Sein korrektes Auftreten beeindruckte ihn, wenn er mit seinem Aussehen auch nicht sehr zufrieden war. »(Seefried) ist ein bescheidener, blonder, eher blaß und kränklich aussehender Jüngling mit blondem Schnurbarte, scheint mir weichen Gemüthes und ist gewiß ein guter Mensch, nur begreife ich nicht ganz, wie man sich so für ihn montiren kann, doch das ist Geschmackssache. Vor 3 Uhr kam Elisabeth zu mir … und ich freute mich wirklich sehr, sie wieder zu sehen. Sie sieht gut aus, war sehr élégant gekleidet, war sehr gerührt, hatte beständig die Tränen in den Augen, weinte auch mitunter, sagte aber, sehr glücklich zu sein … Sie scheint sich mit Takt und Bescheidenheit bereits eine gute und ihren jetzigen Verhältnißen entsprechende Stellung eingeleitet zu haben. Das schrieb auch der Oberst Maier … der sich, von mir genau instruirt, des jungen Paares sehr angenommen hat.« (ders., 16. Februar 1894) Kaiser Franz Joseph nahm regen Anteil am gesellschaftlichen Leben seiner Enkelin, die offensichtlich ohne ihr Wissen beobachtet und beschützt wurde. Er interessierte sich für das militärische Fortkommen Seefrieds, weshalb er beim Oberst des Regiments, in dem er diente, stets nachfragen ließ. Daß er nur Zufriedenstellendes über ihn erfuhr, scheint nicht nur mit dessen Diensteifer zusammenzuhängen. Es hätte sicherlich auch niemand gewagt, dem Kaiser über seinen Schwiegerenkel Negatives zu berichten.

      Das Ehepaar Seefried wurde im Januar 1895 Eltern eines Mädchens, und Kaiser Franz Joseph kommentierte das Ereignis mit dem ihn mitunter auszeichnenden Humor: »Also wir können uns gegenseitig gratuliren, daß wir (er und seine Frau) Urgroßeltern geworden sind; eigentlich hauptsächlich ein Zeichen unseres vorgeschrittenen Alters. Wir hätten vor Zeiten kaum gedacht, daß unser erstes Urenkelkind eine Baronin Seefried sein würde. Aber so geht es eben in der Welt!« (ders., 5. Januar 1895) Als das kleine Mädchen wenige Tage nach der Geburt starb, trauerte er aus tiefstem Herzen um die Urenkelin.

      Kaiser Franz Joseph interessierte sich auch später für alles, was das Leben seiner unstandesgemäß verheirateten Enkelin und ihrer Familie betraf. Die Entwicklung erreichte ihren Höhepunkt im Jahr 1904, elf Jahre nachdem der heimliche Bund geschlossen worden war, als er ein verspätetes Hochzeitsgeschenk nachreichte und Baron Seefried und seine Familie in den Grafenstand erhob.

       Prinzessin Elisabeth von Bayern

       1

      Kaiser Franz II./I. und seine Kinder

       »Ich werde versuchen, Dir zuliebe sehr dick zu werden, um die Reize der Spintin zu verdunkeln.«

      (Brief Maria Ludovikas an Kaiser Franz II./I.)

      Sicherlich gibt es sie zumindest genauso lang wie die standesgemäßen, einwandfreien und ›guten‹ Verbindungen: die morganatischen und illegitimen Beziehungen, die den verschieden Betroffenen viel Lebensfreude, aber auch Leid und Ärger bescherten. Wenn man sich das Habsburger Hausgesetz vor Augen führt – demzufolge man künftige Ehepartner nur aus bestimmten regierenden Dynastien erwählen durfte –, kann man sich leicht vorstellen, daß nicht jedes Mitglied den Partner erhielt, der eine gute Beziehung gewährleistete.

      Der Grund, warum man sich nach diesem Heiratsgesetz richtete, ist einfach: Man wollte Macht und Frieden zwischen den Familien und Staaten erhalten; im besten Fall sogar mehren. Dieser Grundsatz war für die meisten Geschlechter der Grundstein ihrer Politik. Um Verallgemeinerungen über diese aus Staatsräson geschlossenen, mehr oder minder erfolgreichen Ehen vorzubeugen, sei darauf hingewiesen, daß zumindest ebensoviele gute und schlechte zustande kamen wie bei den auf Liebe gegründeten.

      Aus welchen Gründen auch immer solche Verbindungen geschlossen wurden, sie sind meist ebenso verlaufen wie bürgerliche oder bäuerliche Vergleichsbeispiele, die übrigens nach denselben Grundsätzen zustande kamen: denn kein vermögender Bürger oder Bauer hätte geduldet, daß eines seiner Kinder unstandesgemäß heiratete. Machtmehrung und soziale Verbesserung galten in allen Gesellschaftsschichten und Jahrhunderten als das überzeugendste Argument, eine Verbindung einzugehen. Nach diesem Rezept arrangierten die Bourbonen, die Hohenzollern, die Fugger, die Rothschilds und auch die Habsburger die Heiraten ihres Nachwuchses. Unter letzteren stach jener Kaiser hervor, der in die österreichische Geschichte mit zwei Numerierungen einging: Als Franz II. markiert er den Schlußpunkt einer langen, beinahe lückenlosen Reihe von Habsburgern als römisch-deutsche Kaiser. Als Franz I. steht er am Anfang einer kurzen und tragischen Episode von österreichischen Kaisern, die nur noch drei Amtsnachfolger hervorbringen sollte: seinen Sohn Ferdinand, seinen Enkel Franz Joseph und seinen Ururenkel Karl. Besonders ›vorbildlich‹ verhielt er sich als Dynastieerhalter, als welcher er es auf insgesamt vier standesgemäße Ehen und dreizehn ebensolche Kinder brachte. Seine ersten drei Frauen starben jung, und erst die vierte, die um 24 Jahre jüngere Caroline Auguste, überlebte den Ehemann.

      Die erste Frau Kaiser Franz II./I., Elisabeth Wilhelmine, war die Tochter Herzog Friedrich Eugens von Württemberg. Sie war bei der Eheschließung 21 Jahre alt. Nach zwei Jahren gebar sie das erste Kind und gab – wie viele ihrer Zeitgenossinnen – mit der Geburt der Tochter auch ihr Leben hin. Das Mädchen, das man Ludovika nannte, folgte seiner Mutter nur ein Jahr später ins Grab. Die zweite Ehefrau, Marie Therese, die Tochter König Ferdinands I. beider Sizilien, gebar dem Kaiser nach Habsburger Art zwölf Kinder, von denen allerdings nur sieben erwachsen und fünf älter als 31 Jahre alt wurden. Das Leben dieser Gemahlin verlosch ebenfalls kurz nach der Geburt des letzten Kindes, das noch vor der Mutter sein Leben ließ. Um der großen Kinderschar eine neue Mutter zu geben, heiratete Kaiser Franz II./I. sieben Monate nach dem Tod seiner zweiten Frau Maria Ludovika, die Tochter Erzherzog Ferdinands von Österreich aus der Linie der Herzoge von Modena. Unter allen Gemahlinnen des Kaisers sprach man ihr die höchste Intelligenz zu. Sie wurde seinen zahlreichen Kindern eine liebevolle Mutter, nahm sich interessiert ihrer Erziehung an und sorgte vor allem dafür, daß der kränkliche und seiner Entwicklung nachhinkende Thronfolger Ferdinand in die Hände der richtigen Lehrer kam. Ihrem Einfluß ist es zu verdanken, daß aus dem beinahe aufgegebenen Kind ein normaler Erwachsener wurde. Denn abgesehen von seinen körperlichen Leiden (Epilepsie und Wasserkopf) war er psychisch gesund. In der Zeit der folgenden Studien, die von seiner Stiefmutter geleitet wurden, holte er alles Versäumte nach und entwickelte sich von einem apathischen Kind zu einem immer fröhlicher heranwachsenden Menschen.

      Wie viele geistige Gaben Kaiserin Maria Ludovika auch besaß, so konnten sie allesamt ihre angegriffene Gesundheit nicht aufwiegen. Sie litt seit ihrer Jugend an Tuberkulose, mußte sich körperlich ständig schonen und durfte ihrem Mann vor allem keine Kinder gebären. Wenn man sich vor Augen hält, daß Kaiser Franz von den beiden ersten Frauen schon dreizehn Kinder geboren worden waren und daß beide dafür ihr Leben gegeben hatten, würde man annehmen, daß der Mann genug Verständnis für das Leiden seiner dritten Frau aufgebracht hätte. Weit gefehlt. Nicht nur, daß er ihre schwere Krankheit als weibliche Überempfindlichkeit abtat, schien er nichts dringender im Sinn gehabt zu haben, als seine Männlichkeit – wenn nicht im Ehebett, dann auf anderen Lagern – unter Beweis zu stellen. Maria Ludovika litt unsäglich darunter. Wenn sie


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