"Gott gebe, daß das Glück andauere.". Gabriele Praschl-Bichler

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wurde.

      Wenn Leopoldine die unwürdige Behandlung durch den Ehemann auch schmerzlich empfand, so hörte sie niemals auf, ihn zu lieben. Jahrelang hoffte sie, daß alle Abenteuer ein Ende haben würden und daß letztendlich sie als die Siegerin im Kampf um Dom Pedro dastehen würde. Doch er geriet in immer stärkere Abhängigkeit von seiner Mätresse und verließ eines Tages den ehelichen Haushalt, um nur noch mit Donna Domitila zu leben. Darüber geriet Leopoldine, die bis dahin alle Demütigungen schweigend ertragen hatte, erstmals derart in Zorn, daß es in der Folge zu einer heftigen Auseinandersetzung zwischen ihr und Dom Pedro kam. Dabei scheint die schwangere Leopoldine von ihrem Mann – offensichtlich sogar in Anwesenheit seiner Geliebten – geschlagen und getreten worden zu sein. Die geschundene Ehefrau konnte die körperlichen und psychischen Angriffe, die der Streit bei ihr hinterlassen hatte, nicht mehr verwinden, und sie starb wenige Wochen danach. Als ihr Vermächtnis ist ein Brief an ihre Schwester Marie Louise erhalten, in dem sie – den nahen Tod ahnend – auf den Vorfall und die Begleitumstände Bezug nahm: »Höre den Schrei eines Opfers, das nicht Rache, sondern Mitleid und den Beistand schwesterlicher Liebe für unschuldige Kinder verlangt, die als Waisen in den Händen … jener Personen (Dom Pedros und seiner Geliebten) bleiben werden, die die Urheber meines Unglücks gewesen sind und (die) mich in diesen Zustand versetzt haben, in dem ich mich befinde … Kürzlich ging er (Dom Pedro) so weit, daß er mir den letzten Beweis seines totalen Vergessens meiner Person gab, indem er mich in der Gegenwart derjenigen selbst mißhandelte, die die Ursache meines ganzen Unglücks ist … aber es fehlen mir die Kräfte, mich an ein so schreckliches Attentat zu erinnern, das zweifelsohne die Ursache meines Todes sein wird.« (undatierter Brief, zitiert in: Oberacker, S. 524) Leopoldine starb und wurde ihren Untertanen, für die sie viel gewagt und erkämpft hatte, eine Nationalheilige. Als Witwer hatte Dom Pedro vor den kritischen Augen des Volks viel stärker denn als Ehemann auf sein Benehmen zu achten. Vor allem gab er den Plan des gemeinsamen Haushalts mit der Geliebten auf. Als Familienvorstand wurde er den halbverwaisten Kindern ein aufmerksamerer Vater, der in den Monaten nach dem Tod Leopoldines um sie trauerte und zumindest nach außen hin das Andenken an sie hochhielt.

      In der Reihenfolge der Töchter und Söhne Kaiser Franz II./I. steht Erzherzogin Klementine an vierter Stelle der erwachsen gewordenen und verheirateten Kinder. Sie wurde im Alter von 18 Jahren mit dem um acht Jahre älteren Fürsten Leopold von Salerno vermählt, der der Familie der Bourbon-Sizilien entstammte. Die Beziehung zählt zu den zahlreichen Vernunftehen zwischen diesen beiden Familien, die aus einem für die Gesellschaft und Epoche typischen Grund als klassisch bezeichnet werden dürfen. Der Fürst, der seinen dynastischen Beitrag durch eine standesgemäße Heirat geleistet hatte, war als Privatmann »ein übler Schürzenjäger und Schuldenmacher, über dessen anstößiges Benehmen in der Öffentlichkeit sich die Polizei gezwungen sah … (dem Kaiser und Schwiegervater) zu berichten«. (Bourgoing II, S. 32)

      Der Ehe mit Erzherzogin Klementine entsprangen vier Kinder, von denen nur eine Tochter, Karoline, das Erwachsenenalter erreichte. Sie heiratete – nach dem Vorbild unendlich vieler Vorfahren – innerhalb der eigenen Familie. Im Jahr 1844 wurde sie die Frau Herzog Heinrichs von Aumâle aus dem Haus Bourbon-Orléans, bekam sechs Kinder, von denen nur zwei Söhne, Ludwig Philipp und Franz, das Kindesalter überlebten. Aber auch ihnen war kein langes Leben vergönnt. Sie starben unverheiratet im Alter von 21 und 18 Jahren, wodurch die Linie Herzog Heinrichs von Aumâle ausstarb.

      Sehr ähnlich gestaltete sich die Biographie der nächstälteren Schwester Klementines, Erzherzogin Karoline. Auch sie ehelichte ein Mitglied einer der wenigen Familien, mit denen die Habsburger seit Generationen Verbindungen eingingen. Da sich Österreichs Kaiser und Erzherzoge nur mit Abkömmlingen regierender und katholischer Familien verheiraten durften, war der Kreis der Auserwählten ziemlich klein. Der Großteil der deutschen Fürsten war protestantisch, weshalb man sich vorwiegend mit den Familien des katholischen – deutschen, italienischen oder französischen – Südens verband. Bevorzugt wurden Abkömmlinge der bayrischen oder sächsischen Königshäuser, mit denen man in jeder Generation zumindest eine Verbindung einging. So geschehen auch unter den Kindern Kaiser Franz II./I.: Erzherzogin Karoline wurde mit Prinz Friedrich August, dem späteren König von Sachsen aus dem Haus Wettin, vermählt.

      Ihre Lebensgeschichte erzählt sich wie die von zahlreichen anderen weiblichen Vorfahren schnell. Sie führte eine zufriedene Ehe, wie sie mit Mitgliedern des sächsischen Königshauses zur Tradition gehörte. Die Wettiner liebten es, bürgerlich und unzeremoniös zu leben. Sie waren bekannt für ihr bescheidenes Auftreten und für ihre verschiedensten wissenschaftlichen Neigungen, die sie mit großer Akribie betrieben. Zudem waren sie sehr gläubig, und die Wertschätzung und Achtung ihrer Ehefrauen, Kinder und der anderen Familienmitglieder zählten zu den hervorstechendsten wettinischen Charaktermerkmalen. Genug Voraussetzungen also, um am Hof von Dresden ein erfülltes Leben zu führen. Doch Karoline traf das Schicksal vieler Frauen ihrer Generation – vor allem auch vieler Mitglieder der sächsischen Königsfamilie. Sie ließ in einer Zeit, als die Medizin wenig fortgeschritten war, früh ihr junges Leben. Im Alter von 18 Jahren hatte sie den Kronprinzen von Sachsen geheiratet, 31jährig starb sie nach einer glücklich geführten Ehe, ohne die Freude gehabt zu haben, der Familie Kinder schenken zu dürfen.

      Eine der besten Beziehungen, die unter den Kindern Kaiser Franz II./I. zustande kam, war die seines Sohnes Erzherzog Franz Carl mit Prinzessin Sophie von Bayern. Geschichtlich sollte diese Ehe nachhaltige Bedeutung erhalten, da von diesem Paar die beiden letzten Kaiser von Österreich abstammen: der Sohn, Kaiser Franz Joseph, und der Urenkel, Kaiser Karl. Doch zunächst zeichnete sich diese Entwicklung lange nicht ab, denn Erzherzog Franz Carl galt wie sein Bruder Ferdinand, der spätere Kaiser, als schwächliches, wenig entwicklungsfähiges Kind. Allerdings scheint er über eine fröhliche Natur und kreative Begabung verfügt zu haben, die ihn zur Ausführung vieler origineller Ideen veranlaßte. Seine älteren Schwestern brachten ihm deshalb viel Aufmerksamkeit und Zuneigung entgegen, da er in ihr wenig abwechslungsreiches Leben am Wiener Hof Freude und Unterhaltung einbrachte.

      Wenn Franz Carl in seiner Jugend auch unter seinem wenig vorteilhaften Aussehen litt – sein fragiler, schwächlicher Körper wurde wie der vieler männlicher Habsburger von einem unproportioniert großen, langgezogenen Schädel mit prägnanter Unterlippe dominiert –, so zählte er im heiratsfähigen Alter trotzdem zu den besten Partien Europas. Sein ältester Bruder Ferdinand galt lange Zeit als so krank, daß man weder daran dachte, ihn zu verheiraten, noch ihm zumuten wollte, jemals die Regierungsgeschäfte selbst zu leiten. Da der nächstältere Bruder Josef im Kindesalter verstorben war, befand sich Franz Carl am sicheren zweiten Platz in der Thronfolge. So standen den Schwächen der äußeren Erscheinung große Werte entgegen, die zudem durch eine besonders liebevolle Persönlichkeit unterstrichen wurden. Als man zu Beginn der zwanziger Jahre des 19. Jahrhunderts daran dachte, den knapp zwanzigjährigen Erzherzog zu verheiraten, richteten sich die Wünsche wie schon so viele Generationen zuvor in Richtung Bayern, wo König Maximilian I. über eine bedeutende Schar von Töchtern verfügte.

      Die Wahl fiel bald auf die im Alter entsprechende Prinzessin Sophie, die im Mai 1824 in Tegernsee, am Besitz ihres Vaters, das erste Mal mit ihrem möglichen künftigen Ehemann zusammentraf. Man darf annehmen, daß Erzherzog Franz Carl ein wenig gehemmt war, auf dem ungewohnten Terrain eine gute Figur zu machen und den charmanten Plauderer zu spielen. Es ist daher nicht verwunderlich, wenn Sophie den ihr vorgeschlagenen Bräutigam zunächst nicht sehr ansprechend und vor allem langweilig fand. Trotzdem gelang es ihrer Familie, sie von den Vorteilen, die diese Heirat mit sich bringen würde, zu überzeugen, und sie freundete sich langsam mit dem Gedanken an, Erzherzog Franz Carls Ehefrau zu werden. Als sie ihre positive Entscheidung bekanntgab, löste sie sowohl bei den Wittelsbachern als auch bei den Habsburgern aufrichtige Freude aus.

      Am meisten freute sich Sophies Halbschwester, Caroline Auguste, die in Wien lebte und mit Kaiser Franz II./I. verheiratet war. Sie sollte ein herzlich geliebtes Mitglied ihrer Familie zur Gesellschaft bekommen, das mit der Heirat – streng nach der Stammtafel – von der Halbschwester zur Stiefschwiegertochter mutierte. Als Caroline Auguste von der bevorstehenden Hochzeit ihres Stiefsohnes Franz Carl erfuhr, teilte sie ihm ihre Gefühle in einem von Glück strahlenden Schreiben mit: »Lieber, guter Franz! Der Brief (von der Verlobung) liegt vor mir, ich habe ihn gelesen und wieder gelesen und immer mit neuer Rührung,


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