Geschichte der Ilchane, das ist der Mongolen in Persien. Freiherr von Joseph Hammer-Purgstall
Читать онлайн книгу.Religion, der Atabeg von Fars, Saad, mehrere Fürsten des nördlichen Persiens aus Arran, Schirwan, Aserbeidschan und Gurdschistan, welche alle, Geschenke darbringend, huldigten. Nachdem die nöthigen Schiffe und Nachen, um über den Oxus zu setzen, herbeigeschafft worden, hatte der Uebergang über denselben statt, durch welchen Persiens Loos, wie das Roms durch den Uebergang über den Rubicon, entschieden ward; am ersten Tage des letzten Mondes des 653sten Jahres der Hidschret, d. i. am ersten Januar des Jahres 1256 unserer Zeitrechnung.
Winterquartier zu Scheburghan; die beiden Dschuweini.
Um den Uebergang über den Oxus in dankbarem Andenken zu erhalten, hob Hulagu den bisher von allen Schiffen genommenen Ueberfuhrszoll auf, was von damals an während der ganzen mongolischen Herrschaft Gesetz blieb. Jenseits des Oxus wurde auf Löwen gejagt und zehn derselben erlegt. Am zehnten Tage nach dem Uebergange (am moslimischen Opferfeste) 10. Januar 1256. wurde südwestlich von Balch ausser der Stadt Scheburghan[157] gelagert, deren District bei den morgenländischen Geschichtschreibern unter dem Namen der Landschaft Dschusdschan oder Dschusdschanan bekannt[158]; die mit fliessendem Wasser reichlich bewässerten Gärten sind vorzüglich fruchtbar an Wassermelonen, welche getrocknet verführt werden. Dem Heere ward verboten, die Stadt zu betreten; ein heftiges Schneegestöber, das durch sieben Tage dauerte, von grimmiger Kälte begleitet, war vieler Lastthiere Verderben. Hulagu beschloss, hier den Rest des Winters abzuwarten. Emir Arghun brachte ein prächtiges, mit goldenen Nägeln und Stricken versehenes, goldenes Zelt zum Geschenke dar, in welchem Hulagu auf goldenem Throne sass, eine Vorbedeutung glücklicher Herrschaft, während um ihn die Prinzen und Fürsten versammelt, die gegebenen Feste verherrlichten. Nach aufgehobenen Festen begab sich Emir Arghun an den Hof des Kaan's, um demselben Bericht zu erstatten, liess aber für die Besorgung der Geschäfte seiner statt seinen Sohn Kerrai Melik und Alaeddin Athamülk Dschuweini als Staatssekretär zum Dienste Hulagu's zurück. Alaeddin Athamülk und sein älterer Bruder Schemseddin Mohammed Dschuweini sind ein leuchtendes Doppelgestirn nicht nur der Wesirschaft, sondern auch der Literatur; dieselben erscheinen so oft und wirksam in der Geschichte Hulagu's und seines Nachfolgers Abaka, dass nähere Bekanntschaft mit ihrer Herkunft und ihrem Wirken hier unabweislich. Dschuwein ist die arabisirte Aussprache von Kuwan[159], einem Distrikte der Stadt Nischabur in Chorasan, dessen Hauptort Asadwar, auch Dschuwein genannt, durch das erlauchte Brüderpaar für immer in der Geschichte geadelt worden. Sie waren die Söhne des Imams Abdulmelik Dschuweini, aus einer seit langen Jahren durch hohe Staatsdienste geehrten Familie. Als Sultan Mohammed Tekesch nach Dschuwein zog, I. J. 588/ 1192 bewillkommte ihn Behaeddin, der Urgrossvater Alaeddin's, mit einem Distichon, das er gnädig aufnahm, und sein Enkel Behaeddin, der Vater Alaeddin's, befand sich im Gefolge Dschelaleddin Mankburni's, als dieser vor den Mongolen floh. 617/ 1220 Dreizehn Jahre hernach floh Behaeddin vor den vom mongolischen Emir Dschintimur zur Dämpfung von Unruhen gesandten Truppen nach Tus, 630/ 1232 und Dschintimur ernannte ihn zum Herrn des Diwans in Chorasan und Masenderan; 633/ 1235 drei Jahre später sandte ihn Dschintimur an Ogotai, der ihn ehrenvoll empfing und in seinem Amte bestätigte; und als abermal drei Jahre später der Emir Körgös, der Statthalter von Chorasan, an den Hof des Kaan's sich zu vertheidigen ging, übertrug er in seiner Abwesenheit die Statthalterschaft Chorasan's an Behaeddin; desgleichen that der Nachfolger von Körgös, der Emir Arghun, bei seiner ersten Reise in's Hoflager; bei seiner zweiten führte er ihn mit sich; endlich starb er zu Issfahan, sechzig Jahre alt. Sein Sohn Alaeddin, im Sterbjahre Tschengischan's geboren, kam schon in früher Jugend in das Gedränge der Geschäfte des Diwan's, und verschloss, wie er selbst reuig in seiner Geschichte bekennt, das Ohr den heilsamen Ermahnungen des Vaters, welcher ihm gerathen, sich den Wissenschaften zu widmen. Später jedoch holte er das Versäumte durch Studien nach, von denen seine Geschichte Tschengischan's, welche den Titel Dschihanguscha, d. i. die Welteröffnende, führt[160], die schönste und bleibende Frucht. In seinem siebzehnten und achtzehnten Jahre begleitete er den Emir Arghun auf dessen Reisen in's Hoflager und in seinem zwanzigsten zum Kurultai der Thronbesteigung Mengkukaan's, an dem er sich mehrere Jahre aufgehalten zu haben scheint, da dort die Anforderung an ihn erging, die Geschichte Tschengischan's zu schreiben, die er im sieben und zwanzigsten Jahre seines Alters begann. Er spricht darin von seinen Reisen in Mawereinnehr, Turkistan und an die chinesische Gränze und beschreibt die in der Nähe Karakorums entdeckten Ruinen der vormaligen Hauptstadt der Uighuren. Seit der Abreise Arghun's von Schaburghan an den Hof des Kaan's versah Athamülk bei Hulagu die wichtige Stelle des Staatssekretärs, als Hulagu's unzertrennlicher Begleiter.
Keitbuka belagert die Schlösser der Assassinen.
Keitbuka der Dschelaire war mit dem Vortrabe des Heeres gleich nach dem Kurultai, auf welchem der Feldzug nach Westen beschlossen worden, gegen Kuhistan aufgebrochen und mit fünftausend Fussgängern in Kuhistan, d. i. im Gebirgslande der Assassinen, an den Fuss des Schlosses Girdkjuh, d. i. Kreisberg, einer ihrer beträchtlichsten Festen, gelangt. Girdkjuh, auch Derikunbed, d. i. das Gewölbthor, genannt, liegt drei Farasangen von Demghan in der Landschaft Kumis in der Nähe von Manssurabad oder Manssurije[161]. Die Belagerungsweise war eine neue, vordem und seitdem unerhörte, ächt mongolische oder chinesische; rund um das Schloss wurde ein Graben gezogen, hinter demselben eine Mauer aufgeführt, hinter der Mauer stand das Heer und hinter demselben abermal eine hohe Mauer aufgebaut, damit es so von vornen als hinten wider Ueberfälle geschützt und auf allen Seiten der Weg zur Feldflucht gesperrt sei[162]; so war das Bergschloss von einem dreifachen Kreise, dem des Heeres und der beiden Mauern, umzüngelt, und verdiente im eigentlichsten Sinne den Namen Kreisberg. Da das Schloss festhielt, zog er mit Truppenabtheilungen nach den anderen Schlössern, von denen die Geschichte dieses Feldzugs ein Dutzend nennt, von denen nicht nur bisher auf den bessten Karten keine Spur, sondern deren Namen sogar in den bessten geographischen Werken des Morgenlandes über Persien, in den arabischen Abulfeda's[163], dem persischen Hamdallah Mestufi's[164] und im türkischen Hadschi[165] Chalfa's, der aus beiden geschöpft, fehlen. So zog er belagernd vor die Schlösser Mehrin, vor dem er Wurfmaschinen aufstellte, Schahdis, wo er einen Haufen von Feinden tödtete und zurückkehrte bis Tarim und Rudbar, die er verwüstete, an den Fuss von Manssurije und Ohlomischin, wo durch achtzehn Tage gekämpfet ward; die von Schirkjuh machten indessen einen nächtlichen Ueberfall, in welchem sie den Belagerungswall verheerten[166]. Die beiden Schlösser Schir und Sirkjuh[167] wurden berennt, Mehrin genommen; die Besatzung von Girdkjuh hatte indessen an Alaeddin Mohammed, den Grossmeister, Wort gesandt, dass trotz der tapferen Vertheidigung sie sich würden bald ergeben müssen; Schaaban 651/ Nov. 1255 da sandte der Grossmeister zwei seiner Hauptleute[168] mit hundert zehn Tapferen, jeden mit drei Menn Henna und drei Menn Salz, an welchem das Schloss Mangel litt; das Henna nicht zum gewöhnlichen Gebrauche der Bartfärbung oder Nägelschminke, sondern als Mittel wider die grassirende Pest; denn man hatte bei der Hochzeit der Tochter eines Emirs die Erfahrung gemacht, dass alle, welche (ob Wassermangels) von dem Wasser, worin das Henna aufgelöset worden, getrunken, von der Pest frei geblieben waren. Indessen ward Alaeddin der Grossmeister, dessen Vater und Nachfolger vor Einem Jahre[169] durch die nächsten Verwandten vergiftet worden, durch den Meuchler Hasan von Masenderan und hierauf der Mörder selbst auf Befehl Chorschah's, des Sohnes und Nachfolgers Alaeddin's, getödtet. letzten Schaaban 653/ Dec. 1255 Der Vatermord rächte den Vettermord; der Meuchler ward gemeuchelt. Alaeddin war als zehnjähriger Knabe auf den Herrscherstuhl gesetzt worden, den er durch vier und dreissig Jahre mit Blut und Gräueln aller Art befleckte. Hasan aus Masenderan hatte ihm, bis sein Bart grau zu werden anfing, zum Lotterbuben gedient, dann hatte er ihm eine seiner Sklavinnen geschenkt; da er aber nichtsdestoweniger den Mann und das Weib in beider Gegenwart, diese an jenes statt, jenen als diese, zu misbrauchen fortfuhr, ergrimmte Hasan über so schändlichen Misbrauch des Herrschergelüstes und schwur ihm den Tod; er theilte sein blutiges Vorhaben jedoch dem mit dem Vater stets entzweiten Sohne mit, und als dieser dazu schwieg, führte er, unter vorausgesetzter stillschweigender Beistimmung, das Werk der Rache aus. Der Dichter Schemseddin Ejub Tausi verfertigte auf den Tod Alaeddin's ein Gedicht, woraus die Verse:
Der Todesengel trug ihn zu der Hölle Strafen,
Um in geschmolznem Pech den Rausch dort auszuschlafen;
Entgegen kamen ihm der Hölle Feuerschenken,
Um als Gefährten ihn mit Gluthenschwall