David Copperfield. Charles Dickens

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David Copperfield - Charles Dickens


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schoin Dank. Ick dau mien Schul­dig­keit an Bord.«

      »Auch der Bes­te kann nicht mehr, Mr. Peg­got­ty«, sag­te Steer­forth, der so­fort den Na­men auf­ge­fasst hat­te.

      »Wet­te, Sej do­ons auch«, sag­te Peg­got­ty und schüt­tel­te Steer­forth die Hand, »und do­ons ge­hö­rich. – Ganz ge­hö­rich! Schoin Dank, Sir. Dank Ih­nen, Sir, dat Sej mich so fründ­lich auf­ge­nom­men hew­wen. Ick bün schlecht und recht, Sir, heißt, hof­fe, bün recht, ver­ste­hen Sej? An mien Hus is noch vell to sehn, Sir, aber Sej sün will­komm, wenn Sej een­mal mit Masr Davy kommn, ick bün wie een Pa­gütz, dat bün ick«, sag­te Peg­got­ty. Er mein­te da­mit wahr­schein­lich eine Schne­cke und spiel­te auf sei­ne Lang­sam­keit im Fort­ge­hen an, denn er hat­te nach je­dem Satz ver­sucht, fort­zu­ge­hen, war aber im­mer wie­der um­ge­kehrt. »Awer ick segg Sej beid Ad­jüs und wünsch Sej veel Glüch.«

      Ham wie­der­hol­te die­sen Ge­fühls­aus­bruch, und wir schie­den von bei­den auf das herz­lichs­te. Ich fühl­te mich an die­sem Abend so ver­sucht, Steer­forth von der hüb­schen klei­nen Emly zu er­zäh­len, aber ich fürch­te­te von ihm aus­ge­lacht zu wer­den.

      Ich er­in­ne­re mich, dass ich viel und un­ru­hig über Mr. Peg­got­tys Wort nach­dach­te, dass sie ein großes Mäd­chen ge­wor­den sei, ver­warf aber die­sen Ge­dan­ken spä­ter als Un­sinn.

      Wir schlepp­ten die Kreb­se, »dat Tüch«, wie Peg­got­ty es be­schei­den be­nannt hat­te, un­be­merkt in un­ser Zim­mer und hiel­ten an die­sem Abend ein großes Fes­tes­sen. Tradd­les kam da­bei nicht gut weg. Er war ein zu großer Pech­vo­gel, als dass er sich ei­nes Es­sens, das je­dem an­de­ren Men­schen be­kam, lan­ge hät­te er­freu­en kön­nen. Es wur­de ihm in der Nacht schlecht – ganz mi­se­ra­bel schlecht – nach der Krab­be, und nach­dem er schwar­ze Trop­fen und blaue Pil­len in ei­ner Men­ge ge­schluckt hat­te, dass Dem­ple, des­sen Va­ter Arzt war, mein­te, es wäre ge­nug, um ei­nes Pfer­des Ge­sund­heit zu un­ter­gra­ben, wur­de er durch­ge­hau­en und be­kam sechs Ka­pi­tel aus dem grie­chi­schen Te­sta­ment auf, weil er sich zu beich­ten wei­ger­te.

      Den Rest des Se­mes­ters füllt ein Schwall von Erin­ne­run­gen aus an die ewi­gen Pla­gen und Müh­se­lig­kei­ten un­se­res täg­li­chen Le­bens, an den schwin­den­den Som­mer und den Wech­sel der Jah­res­zei­ten, an die küh­len Mor­gen, wenn man uns aus den Bet­ten läu­te­te und den kal­ten, kal­ten Ge­ruch der dunklen Näch­te, wenn wir wie­der ins Bett muss­ten, an die schlecht be­leuch­te­te und schlecht ge­heiz­te Abend­schul­stu­be und die Mor­gen­klas­se, die wei­ter nichts war als eine große Frös­tel­ma­schi­ne, – an die Ab­wechs­lung zwi­schen ge­koch­tem Rind­fleisch und Rin­der­bra­ten, ge­koch­tem Ham­mel­fleisch und Ham­mel­bra­ten, an But­ter­bro­te, Schul­bü­cher mit Eselsoh­ren, zer­bro­che­ne Schie­fer­ta­feln, Schreib­hef­te mit Trä­nen­fle­cken, an spa­ni­sche Rohr- und Li­neal­hie­be, Ohren­beu­tel, reg­ne­ri­sche Sonn­ta­ge, Talg­pud­dings und die schmut­zi­ge Tin­tenat­mo­sphä­re, die al­les um­gibt.

      Ich er­in­ne­re mich noch so recht an die fer­ne Hoff­nung auf die Fei­er­ta­ge, die in all der lan­gen Zeit wie der ein­zig fes­te Punkt er­schi­en. Ein Punkt, der sich uns im­mer mehr nä­her­te und be­stän­dig grö­ßer wur­de, wie wir zu­erst Mo­na­te, dann Wo­chen und dann nur mehr Tage zähl­ten, wie ich dann an­fing, zu fürch­ten, dass ich nicht wür­de nach Hau­se rei­sen dür­fen, – in­des­sen, wie Steer­forth her­aus­brach­te, schon zu Hau­se an­ge­mel­det war, – und dann von dunklen Ah­nun­gen ge­quält wur­de, ich könn­te in­zwi­schen das Bein bre­chen. Wie end­lich der Tag der Abrei­se nä­her kam, von der zweit­nächs­ten Wo­che auf die nächs­te, dann auf die ge­gen­wär­ti­ge, auf über­mor­gen, mor­gen, heu­te, heu­te Abend, – wo ich in der Post­kut­sche in Yar­mouth sit­ze und nach Hau­se fah­re.

      Ich schlum­me­re mei­len­wei­se in der Kut­sche und habe einen zu­sam­men­hän­gen­den Traum von al­len die­sen Din­gen. Aber wenn ich manch­mal auf­wa­che, ist die Ge­gend drau­ßen vor dem Fens­ter nicht der Spiel­platz von Sa­lem­haus, und was in mei­ne Ohren ruft, ist nicht Mr. Cre­akle, der eben Tradd­les prü­gelt, son­dern der Kut­scher, der die Pfer­de an­treibt.

      Als wir vor Ta­ge­s­an­bruch vor dem Gast­hof hiel­ten, aber nicht vor dem, wo mein Freund, der Kell­ner diente, wies man mir ein klei­nes, hüb­sches Schlaf­zim­mer zu, über des­sen Türe »Del­phin« stand. Ich fror sehr trotz des hei­ßen Tees, den sie mir un­ten vor ei­nem großen Feu­er ein­ge­schenkt hat­ten, und leg­te mich gern in das Bett des »Del­phins«, wi­ckel­te mich in die Bett­de­cke des »Del­phins« und schlief ein.

      Mr. Bar­kis, der Fuhr­mann, soll­te mich mor­gen früh um neun Uhr ab­ho­len. Ich stand um acht Uhr auf, ein we­nig ver­schla­fen nach dem kur­z­en Schlum­mer, und war­te­te auf ihn noch lan­ge vor der Zeit. Er nahm mich auf, als ob seit un­serm letz­ten Zu­sam­men­sein nicht fünf Mi­nu­ten ver­stri­chen wä­ren und ich bloß in den Gast­hof ge­gan­gen sei, um Klein­geld ein­zu­wech­seln.

      So­bald ich und mein Kof­fer im Wa­gen wa­ren und er sei­nen Platz ein­ge­nom­men hat­te, setz­te sich das fau­le Pferd in sei­nen ge­wohn­ten Trott.

      »Sie se­hen sehr gut aus, Mr. Bar­kis«, fing ich an.

      Mr. Bar­kis rieb sich sei­ne Ba­cken mit dem Är­mel und sah dann hin, als ob er dar­auf die Blü­te sei­nes Ge­sichts ab­ge­färbt zu se­hen er­war­te­te. Wei­ter gab er kein Zei­chen der Aner­ken­nung mei­nes Kom­pli­ments von sich.

      »Ich habe Ihren Auf­trag aus­ge­rich­tet, Mr. Bar­kis«, sag­te ich, »und an Peg­got­ty ge­schrie­ben.«

      »Hm«, mein­te Mr. Bar­kis.

      Er schi­en ver­drieß­lich zu sein und ant­wor­te­te sehr kurz.

      »Wars nicht rich­tig, Mr. Bar­kis?« frag­te ich nach ei­ni­gem Zö­gern.

      »Nun, nein«, sag­te Bar­kis.

      »Falsch aus­ge­rich­tet?«

      »Aus­ge­rich­tet wars schon gut«, sag­te Mr. Bar­kis, »aber dann wars aus.«

      Da ich nicht ver­stand, was er mein­te, wie­der­hol­te ich fra­gend:

      »Dann wars aus, Mr. Bar­kis?«

      »Wur­de nichts draus«, er­klär­te er und blick­te mich von der Sei­te an. »Kei­ne Ant­wort.«

      »Sie er­war­te­ten also eine Ant­wort, Mr. Bar­kis?« sag­te ich und riss die Au­gen auf, denn das kam mir ganz über­ra­schend.

      »Wenn ein Mensch sagt, er will«, sag­te Mr. Bar­kis und wen­de­te sei­ne Au­gen lang­sam wie­der auf mich, »heißts doch so viel wie, man war­tet auf Ant­wort.«

      »Wirk­lich, Mr. Bar­kis?«

      »Wirk­lich«, sag­te Mr. Bar­kis und ziel­te mit den Au­gen nach den Pfer­deoh­ren. »Der Mensch war­tet im­mer noch auf die Ant­wort.«

      »Ha­ben Sie ihr das ge­sagt, Mr. Bar­kis?«

      »Hm«, brumm­te Mr. Bar­kis und dach­te dar­über nach. »Hab mich noch nicht ent­schlos­sen. Sprach noch kei­ne sechs Wor­te mit ihr. Kanns ihr nicht sa­gen.«

      »Soll ichs ihr viel­leicht sa­gen, Mr. Bar­kis?« frag­te ich schüch­tern.

      »Könn­ten s schon, wenn Sie woll­ten«, sag­te Mr. Bar­kis wie­der mit


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