Verfluchtes Drachenherz. Inka Loreen Minden
Читать онлайн книгу.keinen Aufzug.«
»Das ist kein Problem; ich bin gut zu Fuß.«
Er warf einen Blick über seine Schulter und musterte ihre nackten Füße in den Riemchensandalen – woraufhin ihre Zehen plötzlich ganz heiß wurden und prickelten. Verdammt, egal, was der Mann machte, sie reagierte darauf!
Sie versuchte, nicht die ganze Zeit auf seinen sexy Hintern zu starren, über dessen stramme Pobacken sich der Stoff seiner Hose spannte, sondern das ehemalige Hotel in Augenschein zu nehmen. Solch eine Einrichtung zu leiten wäre ein Lebenstraum! Loan hatte offensichtlich keine Kosten gescheut, alles wirkte wie neu oder wurde hochwertig restauriert. Trotzdem war der ehemalige Charme des Anwesens erhalten geblieben. Obwohl hier sonst niemand außer ihm und Francis zu leben schien – es war totenstill und sie hatte bisher keine weitere Menschenseele gesehen –, flog nicht die kleinste Staubflocke irgendwo herum.
»Um das alles sauber zu halten, braucht man gewiss eine Putzkolonne«, sagte sie mehr zu sich selbst als zu Loan, gerade als sie im zweiten Stock ankamen und in den rechten Gang bogen.
Zartgrüne, fast durchsichtige Tücher hingen vor dem ersten Rundbogen des Flures und waren seitlich befestigt worden. Dadurch wirkte es so, als würde sich der Durchgang zu einem Feenreich öffnen. Bequem aussehende, sandfarbene Korbsessel standen in Zweiergruppen an der Wand, darüber hing jeweils immer ein großer runder Spiegel mit einem aus Ästen geflochtenen Rahmen. Dschungelartig anmutende Pflanzen waren in großen Kübeln verteilt worden, vor allem kleine Palmen und farbenprächtige Bromelien – die Fay immer an die Stiele von Ananas erinnerten. Sie zauberten zu all dem Grün gelbe und rote Tupfer in den Gang.
Dicke Honigkerzen, die jedoch nicht brannten, standen auf hölzernen, kunstvoll gedrechselten Ständern zu beiden Seiten jeder Tür; es duftete nach Blüten, obwohl keine zu sehen waren. Alles wirkte sehr geschmackvoll und harmonierte perfekt.
»Ja, die Putzkolonne kommt einmal in der Woche vorbei«, antwortete Loan mit einem neuen Blick über seine Schulter und riss Fay aus ihrer Schwärmerei. »Um meine privaten Räume kümmert sich jedoch ausschließlich Baxter.«
»Er ist noch ganz schön jung«, bemerkte sie vorsichtig.
»Hm, und wirklich auf Zack.«
»Was machen denn seine Eltern? Sind die auch hier beschäftigt?« Sie fand es seltsam, dass ein Teenager schon als Butler arbeitete. Die Ausbildung dauerte zwar meist nur ein paar Wochen, soweit sie gehört hatte. Aber welcher Jugendliche – und für Fay war Francis das noch – wollte denn mitten in der Einöde den Diener spielen, Tag und Nacht? In seinem Alter hatte man doch ganz andere Interessen? Traf sich mit Freunden? Machte Partys?
Loan hielt vor einer Zimmertür, auf der eine Holztafel mit einem kleinen, eingeschnitzten Motiv angebracht war. Es erinnerte Fay an die Fee Tinker Bell aus dem Film »Peter Pan«. Gab es hier keine Nummern?
Loan stellte den Koffer neben der Tür ab. »Seine ganze Familie ist vor ein paar Jahren bei einem Unglück ums Leben gekommen. Ich habe ihn aufgenommen.«
»Oh nein, wie schrecklich! Das tut mir sehr leid.« Ob Loan mit Francis verwandt war? Oder warum hatte er sich um ihn gekümmert?
Sie wollte nicht indiskret sein und nachbohren. Aber sobald sie Loan besser kannte, musste sie die Geschichte unbedingt hören.
»Ich habe mich noch für kein Schließsystem entscheiden können, deshalb sind alle Zimmer aktuell frei zugänglich. Aber Sie können Ihren Raum von innen verriegeln.« Er öffnete die Tür und machte eine einladende Handbewegung. »Nach Ihnen.«
Als Fay das Zimmer betrat, blieb ihr abermals vor Erstaunen fast die Luft weg. Der große Raum war mit einem zartgrünen, weichen Teppich ausgelegt, auch hier standen in jeder Ecke und zwischen diversen Möbelstücken verschieden große Topfpflanzen – von kleinen Bäumchen bis Büschen war alles dabei. Eine Fototapete mit einem wunderschönen Wald zierte die Wand hinter dem großen Himmelbett, dessen Bettwäsche ebenfalls farblich mit dem Raum abgestimmt war. Die Zimmerdecke schillerte in einem zarten Pastellblau, auf der weiße Wolken aufgemalt worden waren. Wenn sich Fay ins Bett legen würde, könnte sie fast glauben, in den echten Himmel zu schauen. »Das ist so schön!«
»Ich habe mir gedacht, dass Ihnen das Feenzimmer gefallen könnte«, raunte er, plötzlich dicht neben ihr, und stellte ihren Koffer vor dem Bett ab.
»Feenzimmer?«
Er nickte, ohne von ihr abzurücken. »Jedes Zimmer wurde anders gestaltet, hauptsächlich nach den Lebensräumen von Märchenfiguren oder anderen Wesen.«
»Es ist wirklich märchenhaft!« Sie konnte sich beinahe vorstellen, zwischen den Pflanzen buntschillernde Feen flattern zu sehen … oder sich mit Loan auf diesem Bett zu wälzen. Waren in ihrer heißen Vision mit ihm Wolken auf die Decke gemalt gewesen? Sie konnte sich nicht erinnern. Dafür erinnerte sie sich noch sehr genau, wie fantastisch sich dieser sexy Mann auf ihr angefühlt hatte.
Loan stand immer noch dicht vor ihr und schien mit seinen dunklen Blicken ihren Mund zu fixieren. Fay wollte ihn nur noch küssen, musste wissen, wie er schmeckte. Sie vermisste es, in starken Männerarmen zu liegen und einfach nur gehalten zu werden.
Plötzlich ging die Deckenlampe wie von Geisterhand an. Drei überdimensional große Glühbirnen erstrahlten über ihr, in denen es zu glitzern und glimmen anfing, als würden hunderte Glühwürmchen darin schweben.
Überrascht machte Fay einen Schritt zurück und legte den Kopf in den Nacken. »Wow, hören Sie auf, Loan, ich bekomme vor lauter Staunen fast schon keine Luft mehr!«
Er lachte. »Das war ich nicht. Baxter hat bloß den Strom angestellt. Solange die Räume nicht genutzt werden, ist er meistens ganz aus.«
Schmunzelnd schüttelte sie den Kopf. »Sie wissen, was ich meine. Das alles ist … großartig. Überwältigend!«
»Dann dürfen Sie nicht ins Badezimmer sehen«, murmelte er verschmitzt.
»Was ist dort?«, rief sie grinsend und lief bereits auf die zweite Tür im Raum zu, auch, um seiner betörenden Nähe für einen Moment zu entfliehen. Fay war sich noch nicht sicher, ob sie sich mit diesem Mann, der so viele Geheimnisse zu haben schien und zudem eine gewisse Düsternis ausstrahlte, in ein Abenteuer stürzen wollte. Doch es würde geschehen, ob sie wollte oder nicht.
Im Nebenraum fand sie einen hell gefliesten, großzügigen Bereich mit Whirlpool und Regendusche vor, in dem ebenfalls Dschungelpflanzen standen. Als sie das Licht anschaltete, glitzerten und schillerten die Kacheln in sanften Pastelltönen, aus einem Lautsprecher drang leises Vogelgezwitscher und ein fruchtiger Duft breitete sich aus. Weiche Handtücher lagen in einem Regal – ob Baxter dafür verantwortlich war? Nur die üblichen Mini-Fläschchen mit Shampoo, Conditioner und Creme fehlten. Ansonsten fühlte sie sich tatsächlich wie in einem Hotel.
»Sie müssen unbedingt Gäste einladen, Loan, hören Sie!«, sagte sie, als sie zu ihm zurückkehrte.
Er lehnte schmunzelnd und mit verschränkten Armen an einem Pfosten des Himmelbetts und schien sich über ihre Euphorie zu amüsieren.
»Wirklich!«, setzte sie mit Nachdruck hinzu. »Etwas Vergleichbares habe ich noch nirgendwo gesehen!«
Weil sie schon wieder alles zu ihm hinzog, sie aber nichts überstürzen wollte, öffnete sie eins der hohen, doppelflügeligen Fenster, um die klare Sommerluft hereinzulassen. Dabei bot sich ihr ein herrlicher Blick auf die Rückseite des Grundstückes und auf eine riesige Gartenanlage, die aus einem früheren Jahrhundert zu stammen schien. Es gab sogar einen Irrgarten aus Büschen mit einem riesigen Springbrunnen in der Mitte!
Lächelnd wirbelte Fay auf dem Absatz herum. »Warum vermieten Sie die Zimmer nicht?«
Er kratzte sich am Nacken und stieß sich vom Pfosten ab, um auf sie zuzuschlendern. »Das hatte ich vor, aber … Sie wissen ja … so viele bürokratische Hürden und Vorschriften. Und ich liebe meine Ruhe. Bin mir noch nicht wirklich sicher, ob ich das Hotel eröffnen soll.«
»Loan, das wäre ein Traumresort! Sicher könnten Sie sich vor Gästen