Sämtliche Werke von Shakespeare in einem Band: Zweisprachige Ausgabe (Deutsch-Englisch). William Shakespeare
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Daß du ihn meinem Vater überreichst.
Gib mir das Licht; aufs Leben bind ichs dir,
Was du auch hörst und siehst, bleib in der Ferne
Und unterbrich mich nicht in meinem Tun.
Ich steig in dieses Totenbett hinab,
Teils meiner Gattin Angesicht zu sehn,
Vornehmlich aber einen kostbarn Ring
Von ihrem toten Finger abzuziehn,
Den ich zu einem wichtgen Werk bedarf.
Drum auf und geh! Und kehrest du zurück,
Vorwitzig meiner Absicht nachzuspähn,
Bei Gott, so reiß ich dich in Stücke, säe
Auf diesen giergen Boden deine Glieder.
Die Nacht und mein Gemüt sind wütend wild,
Viel grimmer und viel unerbittlicher
Als durstge Tiger und die wüste See.
BALTHASAR
So will ich weggehn, Herr, und Euch nicht stören.
ROMEO
Dann tust du als mein Freund. Nimm, guter Mensch!
Leb und sei glücklich und gehab dich wohl!
BALTHASAR
[für sich.] Trotz allem dem will ich mich hier verstecken; Ich trau ihm nicht, sein Blick erregt mir Schrecken. Entfernt sich.
ROMEO
O du verhaßter Schlund, du Bauch des Todes,
Der du der Erde Köstlichstes verschlangst,
So brech ich deine morschen Kiefer auf
Er bricht die Tür des Grabmals auf. Und will, zum Trotz, noch mehr dich überfüllen. [Er bricht die Tür des Gewölbes auf.]
PARIS
Ha, der verbannte, stolze Montague,
Der Juliens Vetter mordete; man glaubt,
An diesem Grame starb das holde Wesen.
Hier kommt er jetzt, um niederträchtgen Schimpf
Den Leichen anzutun; ich will ihn greifen!
Tritt hervor. Laß dein verruchtes Werk, du Montague! Wird Rache übern Tod hinaus verfolgt? Verdammter Bube, ich verhafte dich; Gehorch und folge mir, denn du mußt sterben.
ROMEO
Fürwahr, das muß ich; darum kam ich her.
Versuch nicht, guter Jüngling, den Verzweifelnden!
Entflieh und laß mich; denke dieser Toten!
Laß sie dich schrecken! - Ich beschwör dich, Jüngling,
Lad auf mein Haupt nicht eine neue Sünde,
Wenn du zur Wut mich reizest; geh, o geh,
Bei Gott, ich liebe mehr dich wie mich selbst,
Denn gegen mich gewaffnet komm ich her.
Fort, eile, leb und nenn barmherzig ihn,
Den Rasenden, der dir gebot zu fliehn!
PARIS
Ich kümmre mich um dein Beschwören nicht
Und greife dich als Missetäter hier.
ROMEO
Willst du mich zwingen? Knabe, sieh dich vor!
Sie fechten.
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Sie fechten! Gott, ich will die Wache rufen.
PARIS
O ich bin hin! -
Fällt. Hast du Erbarmen, öffne Die Gruft und lege mich zu Julien. Er stirbt.
ROMEO
Auf Ehr, ich wills. - Laßt sein Gesicht mich schaun.
Mercutios edler Vetter ists, Graf Paris.
Was sagte doch mein Diener, weil wir ritten,
Als die bestürmte Seel es nicht vernahm?
Ich glaube, Julia habe sich mit Paris
Vermählen sollen: sagt' er mir nicht so?
Wie, oder träumt ichs? Oder bild ichs mir
Im Wahnsinn ein, weil er von Julien sprach?
O gib mir deine Hand, du, so wie ich,
Ins Buch des herben Unglücks eingezeichnet!
Ich bette dich in eine stolze Gruft.
Doch Gruft? Nein, helle Wölbung, Jungerschlagner!
Denn hier liegt Julia: ihre Schönheit macht
Dies Grab zur Feierhalle voll von Licht.
Toter, lieg da, von totem Mann begraben!
Er legt Paris in das Begräbnis. Wie oft sind Menschen, schon des Todes Raub, Noch fröhlich worden! Ihre Wärter nennens Den letzten Lebensblitz. Wohl mag nun dies Ein Blitz mir heißen. - O mein Herz! Mein Weib! Der Tod, der deines Odems Balsam sog, Hat über deine Schönheit nichts vermocht. Noch bist du nicht besiegt; der Schönheit Fahne Weht purpurn noch auf Lipp und Wange dir; Hier pflanzte nicht der Tod sein bleiches Banner. - Liegst du da, Tybalt, in dem blutgen Tuch? O welchen größern Dienst kann ich dir tun, Als mit der Hand, die deine Jugend fällte, Des Jugend, der dein Feind war, zu zerreißen? Vergib mir, Vetter! - Liebe Julia, Warum bist du so schön noch? Soll ich glauben, Der körperlose Tod entbrenn in Lieb Und der verhaßte, hagre Unhold halte Als seine Buhle hier im Dunkeln dich? Aus Furcht davor will ich dich nie verlassen Und will aus diesem Palast dichter Nacht Nie wieder weichen. Hier, hier will ich bleiben Mit Würmern, so dir Dienerinnen sind. O hier bau ich die ewge Ruhstatt mir Und schüttle von dem lebensmüden Leibe Das Joch feindseliger Gestirne. - Augen, Blickt euer Letztes! Arme, nehmt die letzte Umarmung! Und, o Lippen, ihr, die Tore Des Odems, siegelt mit rechtmäßgem Kusse Den ewigen Vertrag dem Wuchrer Tod. Komm, bittrer Führer, widriger Gefährt, Verzweifelter Pilot! Nun treib auf einmal Dein sturmerkranktes Schiff in Felsenbrandung! Dies auf dein Wohl, wo du auch stranden magst! Dies meiner Lieben! - Er trinkt. O wackrer Apotheker, Dein Trank wirkt schnell. - Und so im Kusse sterb ich. Er stirbt, Bruder Lorenzo kommt vom andern Ende des Kirchhofes mit Laterne Brecheisen und Spaten.
LORENZO
Helf mir Sankt Franz! Wie oft sind über Gräber
Nicht meine alten Füße heut gestolpert.
Wer ist da?
Wer ists, der noch so spät zu Toten geht?[»Who is it that consorts, so late, the dead?« Dieser Vers findet sich in der Fassung des »Project Gutenberg Shakespeare Team's«, fehlt aber in allen anderen mir bekannten Ausgaben.]
BALTHASAR
Ein Freund, und einer, dem Ihr wohl bekannt.
LORENZO
Gott segne dich! Sag mir, mein guter Freund,
Welch eine Fackel ists, die dort ihr Licht
Umsonst den Würmern leiht und blinden Schädeln?
Mir scheint, sie brennt in Capulets Begräbnis.
BALTHASAR
Ja, würdger Pater, und mein Herr ist dort,
Ein Freund von Euch.
LORENZO
Wer ist es?
BALTHASAR
Romeo.
LORENZO
Wie lange schon?
BALTHASAR
Voll eine halbe Stunde.
LORENZO