Deutsche Geschichte (Band 1-3). Ricarda Huch
Читать онлайн книгу.bestanden habe, durch eine so unerhörte Neuerung und anmaßende Überhebung gemindert werde. »Ich selbst werde ohne Wanken eher in den Tod gehen, als unter unserer Regierung solch einen schmachvollen Umsturz dulden.« Der Papst hoffte, wenigstens die geistlichen Reichsfürsten auf seine Seite ziehen zu können; aber er mußte erleben, daß sie einmütig zum Kaiser hielten. Sie teilten Hadrian in einem gemeinsamen Schreiben mit, der Kaiser habe ihnen auf ihr Ersuchen in geziemender Weise seinen Standpunkt erklärt. Zwei Rechtsquellen gebe es für die Reichsregierung, habe er ihnen geschrieben, die Gesetze des Kaisers und das Gewohnheitsrecht. Die Schranken der Kirche wolle er nicht überschreiten, dem Heiligen Vater wolle er gern die schuldige Ehrfurcht erweisen, aber die freie Krone seines Kaiserreiches halte er einzig für Gottes Beneficium. Bei der Wahl habe der Erzbischof von Mainz die erste Stimme, dann folgten die übrigen Fürsten, die Salbung zum Könige stehe dem Erzbischof von Köln zu, die höchste, die zum Kaiser, dem Papst, was darüber hinausgehe sei vom Übel. Er werde eher die Krone niederlegen, als zu einer Erniedrigung der Krone und zugleich seiner Person seine Zustimmung geben. Der Wiedergabe des kaiserlichen Schreibens fügten die Bischöfe die Bitte hinzu, der Papst möge ihre Schwäche schonen und den Kaiser besänftigen, damit die Kirche sich der Ruhe erfreue und das Reich seines Ruhmes genieße. Anders als vor hundert Jahren Heinrich IV. führte Friedrich I. das Zepter. Hadrian sah sich gezwungen nachzugeben, um so mehr, als er erfuhr, daß Rainald von Dassel und Otto von Wittelsbach, die feurigsten Ritter der kaiserlichen Ehre, bereits als kaiserliche Gesandte in Italien eingetroffen waren. Zwei Kardinäle mußten ein Schreiben nach Augsburg bringen, wo der Kaiser sich aufhielt, in dem er erklärte, daß er das Wort Beneficium nicht im Sinne von Lehen, sondern von Wohltat gebraucht habe.
Der Treue sämtlicher Fürsten sicher, führte Friedrich ein großes Heer nach Italien und erzwang die Unterwerfung Mailands. Seine Stellung verstärkte sich noch dadurch, daß der Tod zweier Kirchenfürsten ihm ermöglichte, die höchsten Reichswürden mit Männern von unerschütterlich reichstreuer Gesinnung zu besetzen: Rainald von Dassel wurde Erzbischof von Köln und einige Jahre später Christian, der nach Rainald Kanzler geworden war, Erzbischof von Mainz. Daß der mächtigste weltliche Fürst und die beiden höchsten geistlichen Fürsten, Heinrich der Löwe, Rainald von Dassel und Christian von Beichlingen, geniale Persönlichkeiten und kaiserlich gesinnt waren, das war ein Zusammenströmen von Kräften, wie es die Mittagszeiten der Völker zu bezeichnen pflegt. Sowohl Mailand wie der Papst mußten sich der Übermacht beugen; allerdings aber war es nur ein Zurückweichen vor der Gewalt, kein Aufgeben der Ansprüche. Unausgetragen blieb der Streit über die Mathildischen Güter, über Sizilien und Apulien, über die Investitur; der Kaiser beklagte sich, daß der Papst ohne ihn zu fragen, Gesandte nach Deutschland, der Papst, daß der Kaiser Gesandte nach Rom schickte, wo alles, Leute und Regalien, ihm gehöre. Da er nach Gottes Anordnung römischer Kaiser heiße, sagte Friedrich, so würde er nur ein Schattenkaiser mit leerem Namen ohne Bedeutung sein, wenn er die Gewalt über die Stadt Rom aus der Hand ließe. Als Hadrian im Jahre 1159 im Sterben lag, ließ er die Kardinäle schwören, nur einen solchen Papst zu wählen, der den Kampf gegen den Kaiser zu Ende führe; so wenigstens sagte und glaubte man. Die Kardinäle waren geteilter Meinung: diejenigen die den Frieden wollten, wählten Oktavian, der sich als Papst Viktor IV. nannte, die Gegner des Kaisers jenen Roland, der den verhängnisvollen Auftritt auf dem Reichstage zu Besançon herbeigeführt hatte; er hieß als Papst Alexander III. Friedrich hielt es für richtig, sich nicht selbst für einen Papst zu entscheiden, sondern ein Konzil zu berufen; in Dingen, die Gott beträfen, sagte er, stehe ihm kein Urteil zu, aber er habe das Recht, Konzilien zu berufen, wie Konstantin, Theodosius, Karl und Otto getan hätten. Persönlich beiwohnen tat er dem Konzil, das in Pavia stattfand, nicht. Nach langen Untersuchungen und Zweifeln erklärte sich die Versammlung für Viktor; die Verwerfung Alexanders wurde damit begründet, daß er sich dem Konzil nicht gestellt habe, daß er sich offen als Reichsfeind zeige, indem er sich mit Mailand und Sizilien verbündet habe, wodurch die Zwietracht zwischen Kaisertum und Priestertum verewigt werde. Da die lombardischen Städte im Augenblick wehrlos waren, blieben dem schismatischen Papst Alexander nur zwei Mächte, auf die er sich stützen konnte: das Normannenreich Sizilien und Frankreich.
Von dem Augenblick an, wo es nicht mehr durch innere Zerwürfnisse geschwächt war, blickte Frankreich eifersüchtig auf das Römische Reich deutscher Nation. Allerdings dämpfte der beginnende Gegensatz zwischen England und Frankreich die Feindseligkeit Ludwigs VII., aber sie war doch so wenig verhehlt, daß Alexander III. sich mit ihm verständigen konnte; es gelang ihm sogar, einen Frieden zwischen England und Frankreich zustande zu bringen. Damit begann das sich immer erneuernde und festigende Bündnis, dessen Spitze sich gegen Deutschland kehrte, von dem der französische König als Frucht die Übertragung des Kaisertums von Deutschland auf Frankreich erhoffte.
Der Tod Viktors IV. im Jahre 1164 gab Gelegenheit, das Schisma aufzuheben, wenn Friedrich sich zur Anerkennung Alexanders bequemte. Es ist anzunehmen, daß er dazu geneigt war. Ein Schisma führte viel Unzuträglichkeiten für das ganze Reich mit, es gehörte zu den ersten Pflichten des Kaisers, die gute Beziehung zwischen Kurie und Imperium herzustellen. Wie konnte er wissen, wie lange die Treue der Fürsten in so gespannter Lage ausdauern würde. Aber schon seit einer Reihe von Jahren herrschte ein anderer neben dem Kaiser: Rainald von Dassel. Der stolze Sachse erwog nichts als seinen Haß und seine Kraft; kein Zweifel kam ihm an, ob er in dem ungeheuren Kampfe siegen könnte. Um dem Kaiser die Möglichkeit der Versöhnung abzuschneiden, betrieb er in Eile die Wahl eines neuen kaiserlichen Papstes; es war Paschalis III. Wenn der Kaiser über die Eigenmächtigkeit des Erzbischofs verstimmt war, so war er es nicht auf lange; auch daß Rainald mit einem Bruder des Kaisers im Streite lag, wurde verziehen. Als Zeichen seiner Gunst beschenkte Friedrich seinen Getreuen mit einer Reliquie von unschätzbarem Wert, den Leibern der Heiligen Drei Könige, der Magier, wie man sie zu nennen pflegte. Der Sage nach führte der Erzbischof den wundertätigen Schatz, der seine Stadt zum heiligen Köln machte, durch die zierliche Pforte bei Sankt Maria im Kapitol heim, nachdem er sich auf Umwegen durch Hochburgund reisend vor den Nachstellungen des Papstes und Frankreichs gerettet hatte. Um seiner Politik Erfolg zu sichern, ging er nach England und brachte ein Bündnis mit König Heinrich II. zustande. Nicht nur die Verbindung einer Tochter des englischen Königs mit einem Sohne Barbarossas wurde zur Besiegelung des Bundes ins Auge gefaßt, sondern auch die Vermählung von Heinrichs Tochter Mathilde mit Heinrich dem Löwen; die Ehe des Herzogs mit Clementia von Zähringen mußte zu diesem Zweck aufgelöst werden. Auf einem Reichstage zu Würzburg im Frühling des Jahres 1165 errang Rainald einen fast erschreckenden Triumph, indem er den Kaiser und alle anwesenden Fürsten bewog, sich durch einen Eid zu verpflichten, daß sie immer an Paschalis festhalten, niemals zu Alexander übergehen wollten. Um so erstaunlicher war der Erfolg, als nicht nur der Kaiser einen so gewalttätigen Schritt mißbilligte, sondern auch ein so bedeutender und einflußreicher Mann wie der Erzbischof Wichmann von Magdeburg dagegen war. War sein Wille der Zauber, der die Herzen wendete? Das des Kaisers gehörte wieder ganz ihm. Im Hochgefühl seiner weltbeherrschenden Macht ließ Friedrich, als er in Aachen das Weihnachtsfest feierte, den Sarkophag Karls des Großen öffnen und den Begründer des Reiches durch Paschalis heiligsprechen. Aachener Goldschmiede bekamen den Auftrag, einen Schrein zur Aufnahme der Gebeine herzustellen.
Die augenscheinliche Absicht der Mailänder, ihre zerstörte Stadt wieder aufzubauen, und die Umtriebe des Gegenpapstes Alexander führten den Kaiser nach Italien; Rainald war ihm vorausgegangen, um Paschalis nach Rom zu führen. Während der Kaiser siegreich die Lombardei durchzog, kam es um Pfingsten 1167 bei Tusculum zur Schlacht. Diese stets kaiserliche Stadt hatte Rainald mit seinem kleinen Heer Kölner Ritter aufgenommen und wurde nun durch ein an Zahl weit überlegenes römisches belagert. Die Lage der Eingeschlossenen war verzweifelt, als in letzter Stunde Erzbischof Christian von Mainz mit brabantischen Soldaten heranrückte, um Tusculum zu entsetzen. Dem Heer der Römer gegenüber war ihre Zahl so gering, daß sie trotz aller Tapferkeit zu weichen begannen; da brach Rainald mit seinen kölnischen Rittern, hochedle nannte er selbst sie, aus der Stadt hervor, und die beiden kriegerischen Erzbischöfe erfochten gemeinsam einen vollständigen, einen überwältigenden Sieg. Von 30 000 Römern kehrten nach Rainalds Angabe nur 2000 zurück. Die Beute, so schrieb er seinen Kölnern, hätten seine Kölner Ritter, mit dem Siege zufrieden, den Brabantern überlassen, um ihren hohen Sinn gegenüber den Söldnern zu zeigen. Rainald hatte seine Aufgabe gelöst: er führte Kaiser und Papst nach