Zersplittert. Teri Terry

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Zersplittert - Teri Terry


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was die Lorder ihnen und anderen angetan haben. Und dass ich später Nico treffen werde, dass wir etwas tun müssen.

      Wir gehen über das Schulgelände und entdecken eine freie Bank. Als die Jungs, die auf der anderen Bank sitzen, uns kommen sehen, verteilen sie sich schnell auf beide Bänke.

      »Wie nett«, sagt Cam.

      »Daran habe ich mich schon gewöhnt. Bist du dir sicher, dass du mit mir gesehen werden willst?«

      »Machst du Witze? Du bist doch echt süß.«

      Ich lache. »Süß und geslated, vergiss das nicht.«

      »Was haben die denn für ein Problem?« Er dreht sich um. »Soll ich denen mal eine Lektion verpassen?« Er geht in Boxerposition und reißt die Fäuste hoch.

      »Allen drei? Was würdest du tun, wenn ich Ja sage?«

      Er schaut sich um. »Wegrennen. Aber ich habe Mittel und Wege, es den Leuten heimzuzahlen, wenn sie am wenigsten damit rechnen.« Und er gibt ein übertriebenes Schurkenlachen von sich.

      »Klar, natürlich.«

      »Ist es dir egal, wie sie dich behandeln?«

      »Früher nicht. Aber …« Ich unterbreche mich.

      »Aber was?«

      »Ständig verschwinden Leute aus meinem näheren Umfeld. Das könnte ein Grund für ihr Verhalten sein und irgendwie kann ich es ihnen auch nicht verübeln.«

      »Verschwinden?« Sein Gesicht nimmt einen ernsten Ausdruck an. Anscheinend hat auch er eine andere Seite. »Das passiert überall.« Mich überrascht die Bitterkeit in seiner Stimme.

      »Schau, da ist eine andere«, sage ich und zeige auf eine leere Bank hinter dem Verwaltungsgebäude. »Wenn du dich traust.«

      »Lass mich kurz überlegen. Hast du ein tragbares Bermuda-Dreieck, das dir überallhin folgt?«

      Ich blicke an mir hinab. »Hab ich heute wohl zu Hause vergessen.«

      »Schmierst du mir Unsichtbarkeitscreme aufs Sandwich, wenn ich gerade nicht aufpasse?«

      »Nein!«

      »Dann werd ich’s riskieren.«

      Den eigentlichen Grund, warum es mir nicht mehr so viel ausmacht, sage ich ihm nicht. Die Liste der Dinge, die mir Sorgen machen, ist wirklich und wahrhaftig lang genug. Dumme Schüler, die mich ignorieren, stehen da ganz weit unten.

      Schweigend essen wir unsere Brote und dann holt er den Kuchen raus.

      »Es sind ja zwei Stücke«, sage ich. »Hast du das etwa geplant?«

      »Wer, ich? Nein. Ich wachse gerade und packe deshalb immer zwei Stück Kuchen ein. Aber ich teile gern.« Er reicht mir eines und ich nehme einen großen Bissen davon.

      Er ist leicht, süß – lecker! »Ich wünschte, meine Mum würde gern backen.«

      »Wie lang wohnst du schon hier?«

      Ich sehe ihn von der Seite an. »Noch nicht lang. Knapp zwei Monate.«

      »Fragst du dich manchmal, wer deine anderen Eltern waren?«

      »Meine anderen Eltern?« Ich zögere, obwohl ich weiß, was er meint. Dieses Gespräch nimmt gerade eine völlig verbotene Richtung und handelt von Dingen, an die ich besser gar nicht erst denken, geschweige denn darüber reden sollte. Slater haben keine Vergangenheit; sie fangen neu an. Zurückblicken ist nicht erlaubt.

      »Du weißt schon. Bevor du geslated wurdest.«

      »Manchmal«, gebe ich zu.

      »Würdest du sie ausfindig machen wollen, wenn du das könntest?«

      Weil mir dieses Gesprächsthema unangenehm ist, beschäftige ich mich mit Kauen. Mein altes Leben zurückzuverfolgen, wäre vollkommen illegal. Es könnte bereits gefährlich sein, wenn jemand dieses Gespräch belauschen würde. Und wer weiß, wer gerade zuhört? Den Lordern würde ich es durchaus zutrauen, dass sie jede Bank in der Schule verwanzen. Sie und ihre Spione, wie Mrs Ali, sind überall.

      »Und du?«, frage ich, als von meinem Kuchen nur noch Krümel übrig sind.

      »Was?«

      »Du hast gesagt, dass dein Vater abgehauen ist. Hast du noch Kontakt zu ihm?«

      Der ernste Blick ist wieder zurück und das Schweigen dauert an.

      »Kyla, hör zu.« Seine Stimme wird leiser. »Vorhin habe ich doch gesagt, dass überall Menschen verschwinden?«

      Ich nicke.

      »Mein Vater ist nicht abgehauen. Die Lorder haben ihn geholt. Sie sind mitten in der Nacht in unser Haus eingebrochen und haben ihn verschleppt. Seitdem haben wir nichts mehr von ihm gehört.«

      »Oh, Cam.« Entsetzt starre ich ihn an. Nach außen hin wirkt er so sorglos, so unkompliziert. Aber auch er trauert um einen Menschen, der einfach so verschwunden ist. Wie Ben.

      »Ja. Er war in ein paar Dinge verwickelt, die ihnen nicht gepasst haben. Hat was damit zu tun, Vermisste zu finden. Illegale Webseiten und so.«

      MIA?

      Ich sehe mich nervös um. Niemand ist in Hörweite, dennoch ist mir das Gespräch nicht ganz geheuer. »Und deine Mutter?«, frage ich dann doch.

      »Uns hätten sie bestimmt auch noch geholt, wenn ihre Forschungsarbeit nicht sehr wichtig wäre. Viel weiß ich nicht darüber, aber die Lorder wollen, dass sie weitermacht. Mich haben sie zu meiner Tante und meinem Onkel gebracht, um sie bei der Stange zu halten.«

      »Wie schrecklich. Es tut mir so leid. Ich hätte nicht fragen sollen.«

      »Ist doch nicht deine Schuld. Du warst nicht nah genug dran, um deine geheimen Verschwindetechniken einzusetzen! Es sei denn, deine Kräfte wirken auch noch ein paar hundert Kilometer nördlich von hier.«

      Und schon wieder macht Cam Witze. Aber er spielt mir nicht länger etwas vor. In ihm geht mehr vor, als ich mir je hätte vorstellen können.

      »Hör zu«, sagt er. »Hast du Lust, später eine Runde mit dem Auto zu drehen? Ich würde wirklich gern reden. Aber hier ist das nicht möglich.«

      Ich bin neugierig, aber trotzdem vorsichtig. Doch ich muss keine Entscheidung treffen, noch nicht. »Heute kann ich nicht. Muss heute länger bleiben.«

      »Warum das?«

      »Hab noch was zu erledigen.«

      »Was?«

      »Irgendwelche Sachen.«

      »Was für Sachen?«

      »Hey, Mr Neugierde, ich hab einfach noch zu tun, okay?«

      Er schweigt. »Ich kann warten. Soll ich dich heimfahren?«

      »Ich weiß nicht, wie lang es dauert.«

      »Macht nichts. Ich hab sonst eh nichts vor.«

      Ich versuche, es ihm auszureden. Sonst reite ich ihn womöglich noch rein und bringe ihn mit meinen magischen Fähigkeiten auch noch zum Verschwinden. Das will ich auf keinen Fall, seine Mutter hat schon genügend Probleme. Aber er lässt sich nicht davon abbringen, beim Wagen auf mich zu warten. Also sollte ich nachher lieber auftauchen, wenn ich nicht will, dass er bis morgen früh dort steht.

      Der Flur ist leer. Ich klopfe einmal an; Nicos Tür geht auf. Ich gehe rein und er verschließt sie.

      »Wie geht’s Tori?«, frage ich.

      »Sie putzt ganz gut«, sagt er. »Sie braucht nur ein paar warme Mahlzeiten und muss ihren verstauchten Knöchel schonen, das genügt schon. Körperlich zumindest.«

      »Sie hat keinen Ärger gemacht?«

      »Nein, bisher nicht. Falls doch, wirst du’s sicher erfahren. Bald kann ich sie anderswo unterbringen, ich muss nur noch ein paar Details klären. Obwohl sie behauptet,


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