Das Erbe. Wolfgang Ziegler

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Das Erbe - Wolfgang Ziegler


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schon lange wissen, wohin Du mit dem Material mußt. Das Licht der Schwarzen Sonne möge Dir leuchten.“ Ein braunes Blatt Papier mit diesen Sätzen lag schließlich unter allen Gegenständen.

      Die Mitteilung seines Vaters erstaunte ihn nun nicht mehr. Die Erwähnung der Schwarzen Sonne ließ jedoch alles noch viel ernster und wichtiger werden. Wußte er doch von der geheimnisvollen Vereinigung, der sein Vater angehörte. Dieser hatte zwar nur in wenigen Andeutungen darüber gesprochen, doch Wolf hatte ihm immer sehr interessiert zugehört. Da war unter vier Augen die Sprache auch auf mysteriöse Flugobjekte und andere Dinge und Zusammenhänge gekommen, die auf eine gewisse Art das Fortbestehen des Reiches auch nach einem verlorenen Krieg sichern sollten ...

      Schnell aber vorsichtig verstaute Wolf den Inhalt des kleinen Wandsafes im Rucksack. Im Raum flackerte nun erneut beun-ruhigend das Deckenlicht, als wolle es jeden Moment völlig ausfallen. Er beschloß, dennoch einen kleinen Erkundungsgang zu machen. Sollte wirklich völlige Dunkelheit einkehren, hatte er ja immer noch den Handscheinwerfer, und zur Bahn war es auch nicht weit. Ob die dann aber noch funktionieren würde, war mehr als ungewiß, ging es ihm durch den Kopf. Eilig durchquerte er die geisterhaft verlassenen Laboratoriumsräume. Überall sah es aus, als würden die einstigen Nutzer jeden Moment an ihre Arbeitsplätze zurückkehren. Ein kleines Schaltpult weckte seine Aufmerksamkeit. Es stand in einer durch einen grauen Vorhang abgeteilten Ecke und war mit einer Menge Knöpfen, Kontrollämpchen und Drehschaltern bestückt. Darüber befanden sich zudem drei inzwischen jedoch etwas staubig gewordene kleine Bildschirme. Jedem von ihnen waren einige Stellknöpfe deutlich zugeordnet. Ein Hauptschalter in der Mitte der Konsole sicherte offenbar das gesamte Pult. Neugierig geworden, legte Wolf den Hauptschalter um. Unsichtbare Relais klickten, Röhren summten und die Kontrollämpchen auf dem Pult erwachten zu einem bunten Leben. Nun schaltete er den mittleren Bildschirm an. Es dauerte einige Zeit, ehe sich dann jedoch tatsächlich ein Bild zeigte. Er probierte an den Knöpfen, bis sich die Helligkeit aufregelte und er besser Einzelheiten erkennen konnte. Was er jedoch nun zu sehen bekam, war wohl nur für wenige Augen bestimmt gewesen. Die irgendwo in den Tiefen des Berges installierte Übertragungskamera zeigte eine Art Kühlraum, in dem an den Wänden glänzende, zylinderförmige Behälter standen. Sie waren in der oberen Hälfte aus glasartigem Material gefertigt, und in ihnen standen Menschen. Die stillen Körper mit ihren geschlossenen Augen in den futuristischen Behältnissen machten einen unwirklichen, ja geradezu gespenstischen Eindruck. Dazu kam, daß sie sich im schwachen Schein bläulich-kalter, indirekt leuchtender Lichtquellen befanden. Sprachlos starrte Wolf auf die Mattscheibe. Was war das, was sich hier zeigte? Ein Schauer lief ihm über den Rücken. Begann jetzt nicht auch in diesem Raum, aus dem das Bild übertragen wurde, jenes merkwürdige Licht leicht zu flackern und öffnete da eine der unheimlichen Gestalten allmählich langsam die Augen? Wolf sträubten sich jetzt geradezu die Haare. Was hatten sie hier unten nur für Experimente gemacht!?

      Nachdenklich und etwas erschreckt vom scheinbar Gesehenen schaltete er nach einiger Zeit den Bildschirm wieder aus. Er beschloß, die Sache vorerst allein für sich zu behalten. Nun wurde es aber Zeit, diese Räume und die Anlage überhaupt wieder zu verlassen. Die geborgenen Dinge mußten schnell und unbeschadet abtransportiert werden. Er schritt durch das Labor und wandte sich wieder dem Schleusenausgang zu. Das Licht flackerte noch immer. Er beeilte sich, den kleinen Gang zur unterirdischen Bahnstrecke zu passieren. Hier wurde die Luft wieder deutlich kälter und frischer. Rasch lief er den kurzen Tunnel entlang und durchquerte wieder das Schott mit dem Zahlenschloß. Nachdem sich die dicke Stahltür hinter ihm automatisch verriegelt hatte stand er am Bahnsteig. Alles schien unverändert. Die kleine Elektrodraisine glänzte im Schein der spärlichen Lampen und wartete auf ihren Passagier. Wolf nahm den Rucksack mit dem wertvollen Inhalt nicht vom Rücken, als er sich wieder auf die Sitzbank niederließ. Vorsichtig betätigte er den Fahrschalter, und wahrhaftig setzte sich das Fahrzeug erneut in brummend in Bewegung. Alles war hervorragend eingerichtet und funktionierte noch immer. Mit leisem Poltern an den Schienenstößen nahm er wieder die Fahrt in die langen unterirdischen Tunnelstrecken auf.

       Der Zwischenfall

      Die Alarmmeldung einer der von ihm höchstpersönlich nach-installierten Sicherheitsanlagen erreichte Kommandant Hahnfeld, als er gerade wieder die Zentrale verlassen wollte, um seine persönlichen Unterkunftsräume aufzusuchen. Das plötzliche durch-dringende Summen, verbunden mit einem hektisch aufleuchtenden roten Blinklicht, ließ ihn regelrecht erstarren. Von dieser Warnanlage wußte außer ihm niemand. Er hatte nach dem Herbst 1947 alle Sicherheitseinrichtungen gründlich untersucht und sie um seine eigenen Konstruktionen ergänzt. Immerhin saß er hier völlig allein in der Basis. Zwar hatte er hier einige Machtmittel zur Verfügung, von denen die Alliierten da draußen wahrscheinlich nicht einmal ansatzweise etwas ahnten, aber vor folgenschweren Überraschungen mußte er sich dennoch hüten.

      Blitzartig reagierend beobachtete Hahnfeld aufmerksam die Anzeigen, die ihm den genauen Auslösungspunkt des Alarms im gesamten System der riesigen Untergrundbasis zeigten. In der Art des Weichenbildes eines Stellwerks waren hier alle sensiblen Tunnel, Versorgungsgschächte, Hallen usw. dargestellt. Und dies alles mehrfach, entsprechend der verschiedenen Ebenen. Und das hetische, rote Blinken kam aus den Laboratorien der Ebene V.

      Der Major nahm es mit einem leichten Grausen wahr. Er wußte natürlich, was man dort zu schaffen versucht hatte. In seinen Augen war dies das Teufelswerk einiger irrer Wissenschaftler. Er konnte persönlich sich nie mit dem Gedanken anfreunden, irgendwelche seelenlose, wenn auch fast unverwundbare Kreaturen zu befehligen und sie in den Kampf zu schicken. Das war ihm alles andere als geheuer. Bei den Landsern und ihren Offizieren wußte er wenigstens halbwegs, woran er war. Aber so etwas ... Er schüttelte sich. Eine hintergründige Angst machte sich in ihm breit.

      ‚Keine Panik!‘, befahl er schließlich sich selbst. Sollten die Kreaturen durch irgendeinen Defekt sich wahrhaftig selbständig gemacht haben, konnte er dies im Moment jedoch nicht ändern. Es galt nun aber, dies schnellstens festzustellen. Er hatte die Laboratorien, seitdem sie die Wissenschaftler nun schon vor langen Jahren verließen, nie wieder betreten. Der Weg von der Zentrale bis dorthin war jedoch relativ weit, selbst wenn er den Expreßlift hinunter zur Ebene V benutzte. Es blieben dann noch immer lange Tunnelstrecken, in denen er so gut wie ungeschützt und fast ohne jede Deckung wäre.

      Hahnfeld überlegte nun krampfhaft. Sich selbst durfte er keinesfalls gefährden. Sein überraschender, unnatürlicher Tod würde, aufgrund des an seinem Körper angebrachten Sensors und kleinen Senders, nur wenige Stunden später die nukleare Vernichtung der Basis zur Folge haben. Das war sozusagen die ultimative und letzte Sicherheitsoption überhaupt, die man schuf, um, bei einem Eindringen des Gegners in die Basis, so unwahrscheinlich dies auch war, einen Zugriff auf die hier ruhenden wichtigen Geheimnisse des Reiches zu verhindern und ihn gleichzeitig umfassend zu vernichten. Träfe ihn bei einem Angriff z.B. ein überraschender Schuß oder eine andere Verwundung und er würde handlungsunfähig, ginge die Anlage in einen für Eindringlinge überaus verderblichen Selbstschutzzustand über. Und eine Stunde später aktivierte sich dann automatisch der Zündmecha-nismus des Atommeilers, sofern der Prozeß nicht von Hand abgebrochen wurde. Große Vorsicht war daher angebracht.

      Hahnfeld ging eilig zu den schmalen Metallschränken in der Nähe des zentralen Kontrollpultes. Er öffnete einen von ihnen. Zum Vorschein kam ein vollständiger Schutzanzug mit luftdicht verschließbarem Helm. Das plexiglasähnliche Material der Sichtscheibe blinkte matt im Schein der Lampen. Hastig nahm er den Anzug heraus, streifte ihn mühselig über und eilte zurück zur Kontroll- und Schalteinrichtung. Dort legte er einige Sperren frei und betätigte anschließend den Schalter, der die gesamte Untergrundbasis in den Zustand erhöhten Selbstschutzes versetzte. Nun schlossen sich in den mehretagigen und kilometerweiten Gangsystemen zusätzliche Schotte, verschiedene automatische Waffensysteme wurden aktiviert und absolut tödliche Fallen gingen in den aktiven Zustand über - die riesige Basis war nun zur tödlichen Bedrohung für jedes Wesen geworden, das sich unbefugt in ihr aufhielt ...

      Mit einem leiser werdenden Surren verstummte der Motor der Draisine. Das Fahrzeug rollte aus und blieb endgültig inmitten des dunklen Tunnels stehen. Wolf nahm den Umstand zuerst mit Erstaunen zur Kenntnis. Dann setzte hintergründig so etwas wie ein leises, aber immer deutlicheres Unwohlsein ein. Er war von seinem


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