Atlan-Paket 16: Im Auftrag der Kosmokraten (Teil 2). Hans Kneifel
Читать онлайн книгу.mein Herz schlug kraftvoll und in freudiger Erwartung, denn ich hatte meinen Ritter Atlan gesehen, wenn auch nur auf eine indirekte Weise und wahrscheinlich über eine Art fünfdimensionaler Weiche nur eine Mischung aus Projektionen seines und meines Unterbewusstseins.
Trotz alledem – er hatte für einen kurzen Moment gespürt, dass ich indirekt bei ihm gewesen war, und er hatte die Kraft aufgebracht, mir eine Botschaft zu übermitteln.
Die Botschaft war zwar im wesentlichen eine Warnung gewesen, doch das spielte für mich keine Rolle.
Wichtig war nur, dass ich jetzt ganz genau wusste, dass mein Ritter Atlan mich brauchte und dass er sich an einem konkreten Ort innerhalb von Manam-Turu befand (andernfalls wäre sein Hilferuf sinnlos gewesen).
Und ich hatte auch schon zwei Anhaltspunkte dafür, wo sich dieser Ort befand.
Er war identisch mit einem psionischen Knotenpunkt – und ich war absolut sicher, dass ich seine Emissionen spüren würde, sobald ich mich ihm näherte.
Und an seinem Himmel befand sich eine kleine, tiefdunkelrot leuchtende Sonne.
Woher ich das wusste, das allerdings vermochte ich nicht zu rekonstruieren. Möglicherweise hatte Guray es ermittelt und mir mitgeteilt – oder es war von anderen Kräften in mein Bewusstsein geimpft worden.
Das alles waren an sich keine Fakten, die das Auffinden eines so winzigen Objekts, wie es ein Sonnensystem war, innerhalb eines so gigantischen Sternen- und Staubgewimmels, wie es eine Galaxis darstellte, ermöglichen konnten.
Dennoch war ich zuversichtlich, Atlan zu finden, denn mein Orbiterinstinkt würde mir immer wieder Hinweise auf die Richtung liefern.
Ich rappelte mich auf und blickte zurück auf die Kornkiste. Mit leiser Wehmut dachte ich zurück an Urg, der möglicherweise kein simpler Vogel gewesen war (obwohl eigentlich kein Stück belebter und beseelter Materie simpel sein konnte), dann wandte ich mich ab und verließ diesen Ort.
Einmal war es mir, als gluckste es leise hinter mir. Doch da befand ich mich schon im Korridor, und ich mochte nicht umkehren auf einem Weg, der für mich nur noch eine Einbahnstraße war.
Als ich die Haustür aufstieß, empfingen mich blauer Himmel und heller Sonnenschein.
Ich nahm es als gute Vorzeichen.
»Goman-Largo und Neithadl-Off, macht euch bereit!«, flüsterte ich zuversichtlich.
2.
Goman-Largo
Eine Zeitgruft!
Das jedenfalls war mein erster Gedanke, als ich am Ende des getarnten Treppenschachts innerhalb eines uralt erscheinenden Tempels einen saalgroßen Raum mit kreisrundem Querschnitt entdeckte, hinter dessen teilweise abgeblättertem Wandverputz silbergraues Metallplastik zum Vorschein kam.
Ich schaltete geistig um.
Nur wie aus weiter Ferne registrierte ich, wie die Sirene der STERNENSEGLER mehrmals aufheulte. Ich dachte gar nicht darüber nach, warum das geschah, ob Neithadl-Off Hilfe benötigte oder sich etwa nur langweilte.
In mir war das Jagdfieber des Spezialisten der Zeit erwacht.
Ich leuchtete mit meinem Handscheinwerfer umher, während ich gleichzeitig eines meiner Module losschickte, um eventuelle Sicherheits- und Funktionsfelder auszuloten. Die Erinnerung an die heftige und schmerzhafte »Zurückweisung« durch die unter Quarantäne stehende Zeitgruft auf dem Planeten Polterzeit war noch zu frisch in mir, als dass ich leichtfertig hätte handeln können.
Die paar Wochen, die seitdem vergangen waren, hatten nichts zu bedeuten, zumal sie blass und ereignisarm gewesen waren. Anima mochte anders darüber denken. Für sie war der Aufenthalt auf Barquass wahrscheinlich schicksalhaft und voller Aufregungen gewesen. Deshalb hatten die Vigpanderin und ich sie auch gewähren lassen. Sie musste sich endlich über ihre Gefühle zu dem toten Hartmann vom Silberstern und zu dem offenkundig sehr lebendigen Atlan von Arkon klarwerden.
Mir bedeutete das allerdings nur insoweit etwas, als dass ich darauf hoffte, endlich weiter nach denen vom Orden der Zeitchirurgen, nach der Zeitschule von Rhuf und nach meinem eigenen Volk forschen zu können, ohne durch den seelischen Ballast behindert zu werden, den Anima bisher mit sich herumgeschleppt hatte.
Wo steckte sie eigentlich?
Nach dem fluchtartigen Abzug der Piraten und sonstigen Bewohner des Planeten hatte ich sie nur ein paar Mal flüchtig gesehen. Ansonsten war sie rastlos umhergestrichen.
Neithadl-Off hatte sie ab und zu zum Reden gebracht und war zu der Auffassung gekommen, Anima litte unter der Einbildung, auf der ganzen Linie versagt zu haben, und würde sich am liebsten opfern.
Ich hielt das allerdings für blühenden Unsinn. Nur Frauen konnten so unter eingebildetem Versagen leiden und den Drang verspüren, ihr Leben wegzuwerfen. Dabei hatten sie auch nur eines.
Nun, ja, ich sollte lieber nicht gar zu kritisch über Frauen denken, sonst passierte es mir wieder wie damals, als ich in Gegenwart meiner Partnerin plötzlich laut gedacht hatte – und das über ein Thema, das für sie das sprichwörtliche rote Tuch war.
Anschließend war ich in einer verbalen Springflut untergegangen. Als Neithadl-Off endlich einsah, dass sie mich irgendwann noch brauchen würde und mich deshalb nicht völlig in Grund und Boden reden durfte, war ich sooo klein gewesen.
Nie wieder!
Wenn Weiber von einer fixen Idee besessen waren, sollte man sie gewähren lassen!
Ich schob diese Überlegungen weit von mir, als ich das charakteristische »Knistern« im Modular-Rezeptorischen Sektor meines Gehirns spürte, in dem die Rückkopplung mit aktivierten Modulen stattfand und von dem aus ich sie steuern, kontrollieren und programmieren konnte.
Im nächsten Augenblick wusste ich, dass mein erster Eindruck diesmal getrogen hatte.
Hier gab es keine Zeitgruft!
Ich hätte es mir eigentlich gleich denken können, denn andernfalls hätte unser Time-Shuttle darauf reagiert – als wir damals mit ihm nach Barquass gekommen waren.
Der Gedanke an das Time-Shuttle, das ich von Barquass aus zu der zuletzt tangierten Zeitgruft zurückgeschickt hatte, damit es in Sicherheit war, wenn die Vigpanderin und ich es wieder benötigten – und wir würden es früher oder später auf jeden Fall wieder benötigen –, machte mich kribbelig. Ich war durch und durch ein Spezialist der Zeit, und deshalb ließ alles, was mit den natürlichen und künstlichen Phänomenen der Zeit zu tun hatte, meine metabolischen Funktionen rasen.
Es dauerte eine Weile, bis ich mich wieder beruhigt hatte und gelassen darüber nachdenken konnte, was ich denn nun wirklich entdeckt hatte, wenn es keine Zeitgruft war. Denn irgend etwas Bedeutungsvolles musste es sein, sonst wäre es nicht zirka zwanzig Meter unter dem Tempel verborgen und hätte nicht, im Unterschied zu fast allen anderen Bauten auf Barquass, Wände aus Metallplastik gehabt.
Ich programmierte das Modul, das vorübergehend untätig verharrte, neu und setzte es abermals auf den saalgroßen Raum an. Systematisch tastete es das Innere der Wände ab sowie das, was dahinter lag.
Das Material der Wände erwies sich als Metallplastik, wie ich nicht anders erwartet hatte. Dahinter jedoch wurde es interessant. Mein Modul entdeckte ein engmaschiges Gitter aus einem fünfdimensional schwingenden Mineral, das seltsame Bilder in meinem MR-Sektor erzeugte. Das traf jedoch nur für drei der Wände zu.
Hinter der vierten Wand setzte sich das Gitter in die Tiefe fort. Mein Modul spürte es rund neun Meter weit auf, bevor die Reflexe so schwach wurden, dass sie nicht mehr registriert werden konnten.
Ich zog das Modul zurück, nahm es wieder in mich auf und wertete seine Aufzeichnungen umfassender aus als bisher. Mir wurde klar, dass es hinter der vierten Wand eine Passage für fünfdimensionale Impulse gab. Nur nützte mir das nicht viel. Schließlich war ich kein fünfdimensionaler Impuls.
Des Rätsels Lösung fand sich bei einer