Dantes Inferno III. Akron Frey

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Dantes Inferno III - Akron Frey


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darüber zu sprechen“, fügte sie augenzwinkernd hinzu und legte sich den Zeigefinger auf die Lippen. „Überleg es dir gut: Hast du mich in meiner wirklichen Gestalt gefunden, bist du erst einmal drin – dann gibt es kein Zurück!“

      „Aber ich möchte mit dir sprechen – nicht nur von dir träumen.“

      „Nun, dann musst du selbst zu einem Teil deiner Hölle werden, zu einem Loch in Raum und Zeit, das dich zu deinen eigenen Erinnerungen zurückführt.“ Ich sah einen riesigen Spiegel, der so platziert war, dass ich in ihm die Person erkannte, die hinter mir stand. Es war die schwarze Isis: „Du kannst mir auf der anderen Seite begegnen, wenn du einen Blick durch den Spiegel hindurchgeworfen hast!“ Mich durchfuhr ein elektrisierender Schlag, als ob ich von einem inneren Blitz der Erkenntnis getroffen wurde, ein Feuerbündel von explodierendem Licht, und ich fragte mich, ob ich wirklich sah – ob meine Augen offen oder geschlossen waren.

      „Es gibt tausend Formen, in denen dir deine Gespenster erscheinen können“, versuchte Akron mir die Sache zu erklären, „denn jeder wählt die Geschichte seiner inneren Hölle selbst. Nur soviel: Verlass dich nicht auf dein Augenlicht – denn was du erblicken wirst, könnte dein Herz zu Stein erstarren lassen.“

      „Ich versteh nicht ganz ...“ Seine Worte konnten meine Angst nur etwas mildern, aber nicht überwinden, und dann hatte ich das vertraute Gefühl, als ob mich etwas nach innen zog.

      „Hier, nimm den – den wirst du da unten brauchen!“ Zu meiner großen Überraschung reichte er mir seinen persönlichen Ring, den ich immer an ihm bewundert hatte. Als ich gebannt hinsah, hatte ich das merkwürdige Gefühl, als ob sich eine dreidimensionale Projektion auf der polierten Oberfläche abzeichnete mit einem irisierenden Leuchten an den Kanten der Ränder, in denen ich plötzlich so etwas wie einen in ein Dreieck eingedrehten Kreis zu erkennen glaubte. Mein erstaunter Blick wurde von ihm mit einem väterlichen Lächeln erwidert. Dann teilte er mir mit, dass mich dieser Ring fortan begleiten werde. Er schütze seinen Träger auf der Reise durch die infernalischen Abgründe und stamme aus dem Besitz meiner Vorfahren.“

      „Aus dem Besitz meiner Ahnen? Aber wieso kommt dieser Ring dann zu dir?“

      „Nicht aus dem Fundus deiner Blutsreihe, du Narr, sondern aus den Reihen deiner geistigen Vorgänger, die sich nicht in der Realität bewegen.“

      „Das musst du mir erklären!“

      „Es gibt nicht nur die Systeme der kollektiven Realität, die die Menschen miteinander teilen und in denen sie sich gegenseitig fortpflanzen – es gibt auch unendlich andere Wirklichkeiten, in denen Teile deines Geistes oder deines multipersonalen Wesens unterwegs sind, die sich mit anderen Wesen verbinden, was zu Wirklichkeiten unter der Bewusstseinsschwelle führt, von denen das verengte materielle Bewusstsein keine Ahnung hat.“

      „Ich versteh kein Wort.“

      „Der Wirkungsradius deines Geistes reicht viel tiefer, als du dir das einzugestehen wagst. Deine Seele schwingt sich in Welten aus, die dein bewusstes Ich mit einem Schlag zerstören würden, wüsste es, was für Energien in ihm verborgen sind. Es würde sterben, wenn es diesen Wesen bewusst begegnen müsste. Dagegen hilft der Ring!“

      „Du willst mir sagen, dass mich der Ring vor den Erfahrungen mit den Wesensteilen in mir schützt, von deren Vorhandensein ich keine Ahnung habe?“

      „Genau! Dieser Ring wird dich vor den Anfeindungen aller Geister und Dämonen schützen, vorausgesetzt natürlich, du bist dir deiner eigenen Abwehrkräfte bewusst.“ Er hätte ihm und allen seinen Vorgängern schon wertvolle Dienste geleistet, doch nun sei der Zeitpunkt gekommen, ihn an mich weiterzugeben. Dankbar streifte ich den Ring über meinen Finger, wobei ich einen starken inneren Kraftstrom spürte.

      Akron trat vor mich hin, umarmte mich und wünschte mir viel Glück. Dann sprang ich in den Korb. Mein Seelenführer trat an die alte Kurbel des Aufzugs und mit einem Ruck setzte sich mein brüchiges Gefährt knarrend und quietschend in Bewegung. Ein letztes Mal begegneten sich unsere Blicke, dann war seine Gestalt schon hinter dem Rand der schmalen Öffnung verschwunden, in deren dunkler Untiefe ich mit jeder weiteren Umdrehung der Winde verschwand. In mir überschlugen sich die Gedanken, und obwohl ich mich nicht mehr in der Hölle, sondern im Fegefeuer wusste, verspürte ich dennoch eine unangenehme Steigerung des Ganzen. Der Ablauf meiner Höllenfahrt war an keinen zeitlichen Ablauf gebunden, vielmehr hatte ich das Gefühl, gleichzeitig oben, unten und in der Bewegung des Fallens zu sein. Wie durch einen Schleier sah ich die feuchten Wände des engen Schachtes und die lehmige Erde am Boden der Gruft. Ich fühlte mich von zwei verschiedenen Welten umzingelt, wobei die eine sich mir näherte, wenn sich die andere von mir entfernte. Einem durch Erdrosseln zum Tod Verurteilten ähnlich zog sich die Fessel der Angst mit jedem weiteren Ruck in die Tiefe fester um meinen Hals zusammen und ließ mich erahnen, dass mich dort unten nur etwas erwarten konnte, zu dem seit Äonen weder ein Lichtstrahl noch ein klein wenig Liebe hinab gedrungen sein konnten. Irgendwie war es eine unterschwellige Sehnsucht nach dem Unbekannten. Das dumpfe Aufschlagen des Korbes beendete meine Fahrt zum Mittelpunkt meiner Seele. Dann wurde es Nacht.

      Ich starrte in den unnatürlichen Glanz, der in lähmender Regungslosigkeit die ganze Atmosphäre durchdrang, ein fluoreszierendes Gemisch, das der Dämmerung die gasartige Ausstrahlung eines wabernden Gespensterreigens verlieh, und erblickte, von einem noch heftigeren Schauder erfasst, das umgekehrte Spiegelbild einer visionären Erscheinung, die wie ein Ahnengeist mit erloschenen Augen hinter mir stand, aber in dem Moment wieder verschwunden war, als ich mich wie eine Tarantel abrupt umdrehte. Vorsichtig prüfte ich den Untergrund auf seine Festigkeit hin. Ich betrachtete den Ring an meiner Hand, dessen fluoreszierendes Schimmern in einem Radius von knapp zwei Metern die Finsternis durchschnitt und mir so zumindest den unmittelbar nächsten Schritt beleuchten würde. Was hatte Akron damit gemeint, als er mich davor warnte, nicht meinen Augen zu trauen, deren Einsatz mit Versteinerung bestraft werden würde? Sogleich kam mir die Medusa der Antike in den Sinn, ein Wesen, dessen Anblick jeden Mann zu Stein hatte erstarren lassen. Einzig Perseus, einem mutigen Helden, war es gelungen, die schreckliche Gestalt mit einer List zu überwinden. Durch das Verwenden eines Spiegels hatte er ihr mit seinem Schwert das schlangenhaarige Haupt abschlagen können, das ihm später dazu verhalf, die schöne Andromeda vor dem Rachen eines Meerestitanen zu bewahren. Doch was nützte mir hier unten dieses Wissen? Ich besaß weder Schwert noch Spiegel, zudem hatte mich meine Reise wohl kaum in diesen Schacht hinuntergeführt, damit ich nachahmte, was ohnehin wohl nur eine mythische Allegorie darstellte.

      Um die Auflösung all der schrecklichen Vorstellungen in meinem Hirn voranzutreiben, wagte ich einen verstohlenen Blick durch die dunklen Katakomben. Doch das entpuppte sich als Fehlanzeige, denn statt die Nachtgespenster im Herzen zu vertreiben, entdeckte ich zu meinen Füßen einen menschlichen Kopf. Als ich ihn vorsichtig mit dem Fuß anstieß, bemerkte ich, dass er aus Stein war. Nach zwei weiteren Schritten fand ich einen abgefallenen Arm und nicht unweit davon schließlich den Torso, der bereits in mehrere Teile zerbröckelt war. Ich war wie paralysiert. Ein stummer Schrei durchbebte meine Seele: Würde ich das Zischen hören, das ihre Gegenwart ebenso wie der frappante Druckabfall in der Atmosphäre ankündigte, wie es die alten Bücher verkündeten? Ich hielt meine Augen starr auf die Dunkelheit gerichtet und sah als erstes, wie der Ring einen schwachen scharlachroten Glanz auszustrahlen begann, der mich irgendwie an frisches Menschenblut erinnerte. Im selben Augenblick ließ mich das erschreckende Zischeln einer Schlange zusammenzucken, gleichzeitig schloss ich die Augen, um unter ihrem Anblick nicht zu versteinern wie mein bedauernswerter Vorgänger. Sämtliche Nackenhaare stellten sich mir auf, als ich die Geräusche eines schuppigen Körpers vernahm, der sich über den Boden schleifend in meine Richtung schob.

      Völlig blind und orientierungslos hielt ich die Faust mit Akrons Ring vor mich hin, wie um mir ein magisches Schutzfeld zu verschaffen, das sie nicht durchdringen konnte, worauf das Reptil in unmittelbarer Nähe tatsächlich verharrte. Es war plötzlich mucksmäuschenstill. Eine Weile geschah überhaupt nichts. Trotzdem glaubte


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